Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung von Wohnraum und Zahlung
Verfahrensgang
AG Ettlingen (Urteil vom 16.04.2003; Aktenzeichen 1 C 778/02) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Ettlingen vom 16.04.2003 – 1 C 778/02 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung tragen die Beklagten.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
(abgekürzt gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a ZPO)
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat die Beklagten zu Recht zur Räumung und zur Zahlung der geltend gemachten rückständigen Miete verurteilt. Das Berufungsgericht macht sich nach eigener Überprüfung die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils zu eigen und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen sowohl auf die Begründung als auch auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil Bezug (§§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Ergänzend ist folgendes auszuführen:
1. Die Beklagten machen geltend, dass sie wegen des von einer in der Nähe des gemieteten Anwesens errichteten Mobilfunk-Basisstation ausgehenden Elektrosmogs und ihrer dadurch bedingten erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen zur Mietmiderung berechtigt seien. Eine Überschreitung der Grenzwerte der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung (BlmSchV) wird von den Beklagten nicht behauptet. Die Beklagten sind – wie das Amtsgericht bereits zutreffend dargelegt hat – nicht zur Mietminderung berechtigt, weshalb der Kläger wegen Zahlungsverugs der Beklagten zur fristlosen Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB berechtigt war. Dies beruht auf den folgenden Erwägungen.
a) Ein sogenannter „Umweltfehler”, das heißt die Störung des Mieters im vertragsgemäßen Gebrauch durch Dritte (vgl. Staudinger/Emmerich, Neubearbeitung 2003, § 536 Rn. 26), stellt nur dann einen Mangel im Sinne des § 536 BGB dar, wenn durch ihn die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Verbrauch unmittelbar beeinträchtigt wird (vgl. Staudinger/Emmerich, a.a.O.). Es geht hierbei um die Grenzziehung zwischen dem Risiko derartiger Umweltfehler, das grundsätzlich der Vermieter tragen muss (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB), und dem den Mieter treffenden allgemeinen Lebensrisiko, das auch nicht über § 536 BGB auf den Vermieter abgewälzt werden darf (vgl. Staudinger/Emmerich, a.a.O.).
b) Nach weit überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur bildet der sogenannte Elektrosmog keinen Mangel im Sinne des § 536 BGB, solange sich die elektromagnetischen Felder im Rahmen der 26. BlmSchV halten (vgl. Staudinger/Emmerich, a.a.O., § 536 Rn. 30; Palandt/Weidenkaff, 62. Auflage § 536 Rn. 20 und § 569 Rn. 10; Eisenschmid, in: Schmidt/Futterer, 8. Aufl., § 536 Rn. 73 ff. und Rn 127; Amtsgericht Frankfurt a.M. NZM 2001, 1031; Amtsgericht Tiergarten NZM 2002, 949; Amtsgericht Gießen ZMR 2001, 806; Amtsgericht Traunstein ZMR 2000, 389; Landgericht Berlin NZM 2003, 60; Landgericht Frankfurt a.M. NZM 1998, 371). Dem schließt sich die erkennende Berufungskammer an. Der entgegenstehenden Auffassung des Amtsgerichts München (WuM 1999, 111), wonach bereits allein die Furcht vor Gesundheitsschäden eine Beeinträchtigung i.S.d. § 537 Abs. 1 BGB a.F. darstelle, kann nicht gefolgt werden. Zwar gilt eine Mietsache mit Beziehung zu einer Gefahrenquelle nicht erst dann als mangelhaft, wenn der Mieter wirklich Schaden erleidet, sondern schon dann und deshalb, wenn und weil er sie nur in der Befürchtung der Gefahrverwirklichung nutzen kann (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1987, 968; Staudinger/Emmerich, a.a.O., § 536 Rn. 8, jeweils mit weiteren Nachweisen). Allerdings muss es sich hierbei um eine begründete Gefahrbesorgnis handeln. Haltlose Befürchtungen sind auszuscheiden (vgl. OLG Hamm, a.a.O.; Staudinger/Emmerich, a.a.O.). Eine begründete Gefahrbesorgnis kann kann jedoch nicht angenommen werden, solange die Grenzwerte der 26. BlmSchV eingehalten sind, da jedenfalls nach derzeitigem Erkenntnisstand keine verlässlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber vorliegen, dass bereits geringere Strahlenwerte zu Gesundheitsbeeinträchtigungen führen (vgl. BVerfG NJW 2002, 1638, 1639).
c) Das OLG Hamm (NJW 2002, 1730) und das BayObLG (NZM 2002, 441) haben im Rahmen des § 14 Nr. 1 WEG entschieden, dass – auch bei Einhaltung der Grenzwerte der 26. BlmSchV – bereits die Ungewissheit darüber, ob die von einer Funkanlage ausgehenden elektromagnetischen Strahlungen zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen für die in unmittelbarer Nähe zu der Anlage wohnenden Menschen führen, sich als tatsächliche Beeinträchtigung im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG darstellt. Es sei einem Wohnungseigentümer nicht zuzumuten, bis zu einem Abschluss der Forschungen über die Gefährlichkeit solcher Antennenanlagen, diese in unmittelbarer Nähe ihrer Räume zu dulden und damit praktisch zum Versuchsobjekt solcher Untersuchungen zu werten (vgl. OLG Hamm, a.a.O.). Es ist jedoch umstritten, ob diese Überlegungen gleichermaßen für den Mieter gelten, der in der Ungewissheit einer gesundheitlichen B...