Verfahrensgang

AG Überlingen (Urteil vom 10.10.2022; Aktenzeichen 4 C 24/21 WEG)

 

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Überlingen vom 10.10.2022, Az. 4 C 24/21 WEG, wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Überlingen ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 20.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

(Leicht abgekürzter Sachverhalt zum Zwecke der Veröffentlichung:)

Die Kläger, Wohnungseigentümer in der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft, begehren im Wege der Beschlussanfechtungsklage im Wesentlichen die Ungültigerklärung eines Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung vom 13.8.2021, wonach das bisherige generelle Tierhaltungsverbot in der Hausordnung aufgehoben und ersetzt wurde. Daneben haben sie zwei Geschäftsordnungsbeschlüsse mit angefochten.

Durch Beschluss vom 3.5.2004 hatte die Wohnungseigentümergemeinschaft eine Hausordnung beschlossen, welche unter 6. folgende Regelung enthielt: „Die Tierhaltung ist nicht gestattet.”

In der Wohnungseigentümerversammlung vom 13.8.2021 wurden mehrheitlich folgende Beschlüsse gefasst:

TOP 15:

„Die Wohnungseigentümergemeinschaft ermächtigt und beauftragt die Verwaltung mit der Änderung der Hausordnung (Fassung vom 28.4.2004) unter Ziffer 6 wie folgt: Die Haltung von Haustieren ist nicht generell verboten, allerdings ist jeder Wohnungseigentümer in demjenigen Fall, dass er Haustiere hält, verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass sie in den Außenanlagen, im Haus sowie in der Tiefgarage nicht frei herumlaufen sowie die im Sondernutzungsrecht stehenden Anteile, sämtliches Sondereigentum, Wohnungen und Gartenanteile anderer Wohnungseigentümer nicht betreten können. Die geänderte Hausordnung ist mit Beschlussverkündung anerkannt und gültig. Gemäß Geschäftsordnungsbeschluss wird mit einfacher Mehrheit abgestimmt.

Die Kläger haben in erster Instanz behauptet,

die Klägerin zu 1. sei hoch allergisch gegen Allergene von Felltieren, was für sie aufgrund von Vorerkrankungen lebensbedrohlich sei. Die Kläger hätten im Vertrauen auf den Fortbestand des absoluten Tierhalteverbots in der bisherigen Hausordnung ihre Eigentumswohnung erworben. Für die Klägerin komme es nicht einmal in Frage, dass Felltiere wie Hunde und Katzen ausschließlich in den Wohnungen gehalten würden, weil es für eine allergische Reaktion bei ihr ausreichend sei, dass Personen mit tierallergenkontaminierter Kleidung durch das Treppenhaus gingen.

Die Kläger haben in erster Instanz beantragt:

1. …

2. Der in der Wohnungseigentümerversammlung der Beklagten am Freitag, den 13.8.2021 zu TOP 15 der Tagesordnung gefasste Beschluss: „Die Wohnungseigentümergemeinschaft ermächtigt und beauftragt die Verwaltung mit der Änderung der Hausordnung (Fassung vom 28.04.2004) unter Ziffer 6 wie folgt: Die Haltung von Haustieren ist nicht generell verboten, allerdings ist jeder Wohnungseigentümer in demjenigen Fall, dass er Haustiere hält, verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass sie in den Außenanlagen, im Haus sowie in der Tiefgarage nicht frei herumlaufen sowie die im Sondernutzungsrecht stehenden Anteile, sämtliches Sondereigentum, Wohnungen und Gartenanteile anderer Wohnungseigentümer nicht betreten können. Die geänderte Hausordnung ist mit Beschlussverkündung anerkannt und gültig. Gemäß Geschäftsordnungsbeschluss wird mit einfacher Mehrheit abgestimmt” wird für ungültig erklärt.

3. …

Die Beklagte hat in erster Instanz beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat in erster Instanz die von den Klägern vorgetragenen gesundheitlichen Auswirkungen der Tierhaltung im Haus für die Klägerin zu 1 sowie die Tatsache bestritten, dass das generelle Tierhaltungsverbot für die Kläger kaufentscheidend gewesen sei. Mit der nunmehr geänderten Hausordnung habe man zwar die Tierhaltung gestattet, aber zugleich sichergestellt, dass die Klägerin zu 1. nicht mehr belastet wird, als dies ohnehin im öffentlichen Raum unvermeidbar wäre.

Die Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg. Zur Begründung des klagabweisenden Urteils führt das Amtsgericht aus, die Änderung der Hausordnung könne mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Die ebenfalls angefochtenen Geschäftsordnungsbeschlüsse hätten keinen eigenen Regelungsgehalt und widersprächen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung des absoluten Tierhaltungsverbots, auch nicht auf ein Verbot der Haltung von Hunden und Katzen oder anderen Felltieren. Der nunmehr gefasste Beschluss, die Tierhaltung mit der Einschränkung zu erlauben, dass die Tiere nicht frei herumlaufen dürften, entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung. Selbst ein Verbot, Felltiere im Haus zu halten, wäre kein geeignetes Mittel, um der Klägerin zu 1 mit ihrer nachvollziehbaren und sehr bedauernswerten Erkrankung nachhaltig zu helfen. Nach eigenem Vortrag der Kläger hel...

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