Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristlose Kündigung bei Zahlungsverzug und anwaltlichem Rat zur Durchführung einer Mietminderung
Orientierungssatz
Die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs ist nicht begründet, wenn der Mieter auf Rat seines Rechtsanwalts von der Berechtigung zur Mietminderung ausgehen durfte.
Normenkette
BGB §§ 278, 537, 534 Abs. 1 Nr. 2, § 285
Gründe
Richtig ist, daß die Beklagte zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung mit ihrer Mietzahlung in Höhe von insgesamt DM 1 600,00 bzw. nach Zahlung weiterer DM 630,00 noch mit DM 970,00 im Rückstand war. Damit waren die objektiven Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs gemäß § 554 Abs. 1 Nr. 2 BGB erfüllt. Es fehlt aber an der weiteren Voraussetzung, nämlich daß die Beklagte auch schuldhaft ihrer Verpflichtung zur Mietzinszahlung nicht nachgekommen ist (§ 285 BGB). Denn sie hat ihre Zahlungen in der Annahme gekürzt, hierzu wegen eines Mangels der Mietsache gemäß § 537 Abs. 1 BGB berechtigt zu sein. Daß dies objektiv nicht der Fall gewesen ist, kann ihr im Ergebnis deshalb nicht angelastet werden, weil sie verschiedene Dinge in ihrer Wohnung beanstandet und von dem von ihr zu Rate gezogenen Rechtsanwalt dahingehend beraten worden ist, die Miete jeweils um den von ihr einbehaltenen Betrag zu kürzen. Wie sich aus der vorgelegten Korrespondenz ergibt, hat der von ihr beauftragte Rechtsanwalt dem Kläger gegenüber mit Schreiben v. 18. 12. 1987 moniert, daß sich die Wohnung nicht ausreichend beheizen lasse und den Kläger zur Beseitigung dieses Mangels unter Fristsetzung aufgefordert. Aus einem weiteren Schreiben dieses Rechtsanwalts ergibt sich, daß er in der Folgezeit der Beklagten geraten hat, bis zur Behebung des Mangels die Miete zu kürzen. Sie hat dann regelmäßig die verringerte Miete an den Kläger bezahlt und darüber hinaus, wiederum auf Anraten ihres Anwalts, am 8. 8. 1989 zusätzlich DM 630,00 an den Kläger bezahlt, der diesen Betrag am 11. 8. 1989 erhalten hat. Zwar geht die Kammer davon aus, daß die Mietminderung unberechtigt gewesen ist. Wenn der damalige Bevollmächtigte der Beklagten gleichwohl den Rat erteilte, die Miete zu kürzen, so war dies zwar sachlich nicht gerechtfertigt, für die Beklagte aber nicht erkennbar falsch. Wer wegen entsprechender Beanstandungen einen Rechtsanwalt aufsucht, darf sich im allgemeinen darauf verlassen, daß der ihm dort erteilte Rat nicht außerhalb rechtlich zutreffender Beurteilung liegt. Dies gilt vorliegend um so mehr, als es sich bei der Beklagten offenkundig um eine ältere, alleinstehende Dame handelt, die aus eigenem Beurteilungsvermögen nicht in der Lage war, die Dürftigkeit der anwaltlichen Argumentation zu durchschauen. Sie ist deshalb in entschuldbarer Weise von der Berechtigung zur Mietminderung ausgegangen mit der Folge, daß ein Verschulden i. S. des § 554 BGB nicht angenommen werden kann (vgl. Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., IV 406). Das Verschulden ihres damaligen Rechtsanwalts ist der Beklagten auch nicht nach § 278 BGB anzurechnen. Denn dieser wurde lediglich als ihr Berater, nicht aber als Erfüllungsgehilfe in bezug auf die ihr gegenüber dem Kläger bestehenden Verpflichtungen tätig. Weder hat er für sie die monatlichen Zahlungen geleistet, noch ist er diesbezüglich überhaupt direkt mit dem Kläger in Verbindung getreten. Als Berater ist er aber als Erfüllungsgehilfe nicht anzusehen. Damit erweist sich die Kündigung des Klägers als unbegründet. Räumung kann er von der Beklagten danach nicht verlangen.
Fundstellen