Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung bei Kfz-Unfall: Vorrang des Gegenverkehrs gegenüber einem Linksabbiegers an ampelgeregelter Kreuzung trotz Einfahrt bei frühem Rotlicht und Geschwindigkeitsüberschreitung
Leitsatz (amtlich)
Der Linksabbieger muss den Vorrang des Gegenverkehrs grundsätzlich auch dann beachten, wenn dieser Gelb - oder sogar bei frühem Rot einfährt. Selbst eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung des Geradeausfahrenden hebt dessen Vorrecht nicht auf. Als bevorrechtigter Verkehr gegenüber dem Wartepflichtigen ist auch noch der bei spätem Gelb oder der ersten Rotsekunde anfahrende Gegenverkehr anzusehen. Er muss mit Nachzüglern rechnen und diesen den Vorrang einräumen.
Tenor
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Auf die Widerklage werden der Kläger und der Drittwiderbeklagte wie folgt verurteilt:
2.1
Der Kläger und der Drittwiderbeklagte werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Beklagten Ziff. 1 2.977,42 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.10.2005 zu bezahlen.
2.2
Der Kläger und der Drittwiderbeklagte werden als Gesamtschuldner ferner verurteilt, an den Beklagten Ziff. 1 637,90 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.10.2005 zu bezahlen.
2.3
Es wird festgestellt, dass der Kläger und der Drittwiderbeklagte als Gesamt-schuldner verpflichtet sind, dem Beklagten Ziff. 1 den unfallbedingten Rabattver-lust bei der Vollkaskoversicherung (A. Versicherung AG) aus dem Verkehrsunfall vom 04.07.2005 in P. im Bereich der Kreuzung der W. Str. mit der K. Str. zu ersetzen.
3.
Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
4.
Der Kläger und der Drittwiderbeklagte tragen von den Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Beklagten 31% als Gesamtschuldner, der Kläger darüber hin-aus weitere 69% allein. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
5.
Das Urteil ist für den Beklagten Ziff. 1 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils für ihn zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger und der Drittwiderbeklagte dürfen die Vollstreckung durch die Beklagte Ziff. 2 durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aus dem Urteil für die Be-klagte Ziff. 2 vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte Ziff. 2 vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Be-trages leistet.
Tatbestand
Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall gegen die Beklagten geltend, der Beklagte Ziff. 1 begehrt widerklagend vom Kläger und dem Drittwiderbeklagten Schadensersatz aus demselben Unfallereignis.
Der Kläger ist Halter und Eigentümer eines PKW Audi A 4, amtliches Kennzeichen ..., Erstzulassung 06.06.1995, das beim Drittwiderbeklagten haftpflichtversichert ist. Am 04.07.2005 gegen 21:30 Uhr befuhr er mit seinem PKW die K. Straße in P. und wollte an der Kreuzung mit der unteren W. Straße in die gegenüberliegende K. W. Straße einfahren. Zur selben Zeit befuhr der Beklagte Ziff. 1 mit dem bei der Beklagten Ziff. 2 haftpflichtversicherten PKW VW Sharan, amtliches Kennzeichen ..., dessen Halter aus steuerlichen Gründen sein minderjähriges behindertes Kind ... ist, die untere W. Straße in stadtauswärtiger Richtung. Sein o.g. Sohn befand sich auf der Rückbank. Er befuhr zunächst den rechten Fahrstreifen. Nach der von rechts einmündenden E. S. - Straße überholte der Beklagte Ziff. 1 das vor ihm befindliche mäßig schnell fahrende Fahrzeug der Zeugin H. und scherte nach dem Überholvorgang wieder auf den rechten Fahrstreifen der unteren W. Straße ein von wo aus er nach halbrechts in die W. Straße einbog. Dabei kollidierte er im Kreuzungsbereich mit dem PKW des Klägers, der bei für seine Fahrtrichtung Grünlicht anzeigenden Lichtzeichenanlage in den Kreuzungsbereich eingefahren war. Grundsätzlich haben Linksabbieger wie der Kläger dem bevorrechtigten Gegenverkehr wie dem Beklagten Ziff. 1 die Vorfahrt einzuräumen, worauf auch ein Hinweisschild an der Haltelinie des vom Kläger befahrenen Linksabbiegerstreifens hinweist. Ein gesonderter Linksabbiegerpfeil befindet sich in Fahrtrichtung des Klägers nicht. Aus seiner Fahrtrichtung gesehen ist die vom Beklagten Ziff. 1 benutzte Fahrspur vollständig bis zum Einmündungsbereich der E. - S. - Straße einsehbar.
Das vom Kläger mit der Schadensbegutachtung beauftragte Ingenieurbüro S. ermittelte gemäß Gutachten vom 11.07.2005 (AHK 15-23) einen steuerneutralen Wiederbeschaffungswert in Höhe von 4.250,00 EUR und einen Restwert inkl. Mehrwertsteuer in Höhe von 500,00 EUR, so dass dem Kläger unstreitig ein Schaden in Höhe von 3.750,00 EUR entstand. Für die Erstattung des Gutachtens zahlte er gemäß Rechnung vom 11.07.2005 (AHK 13) 316,68 EUR inkl. Mehrwertsteuer. Ferner musste er Anmeldekosten in Höhe von 70,00 EUR, Zuzahlungen für ärztliche Behandlungen in Höhe von 20,00 EUR und unfallbedingte Taxikosten in Höhe von 6,30 EUR aufwenden. Der Kläger nahm sich in der Zeit vom 06.07.2005 bis...