Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitwirkungspflicht des mitmietenden Lebenspartners bei Beendigung des Mietverhältnisses wegen Aufhebung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wenn Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gemeinsam als Mitmieter eine Wohnung gemietet haben, so sind sie im Falle der Beendigung der Lebensgemeinschaft wechselseitig verpflichtet, an der Beendigung des Mietverhältnisses durch Zustimmung zu dessen Kündigung mitzuwirken. Dies ergibt sich entweder gemäß BGB §§ 705, 723 Abs 1, 730 Abs 1 S 2 aus gesellschaftsrechtlichen Regeln oder aus den Vorschriften über die Gemeinschaft gemäß BGB §§ 741, 749, 242 (Anschluß KG Berlin, 1992-03-30, 2 W 1331/92, WuM 1992, 323).

2. Im Verhältnis der Mitmieter untereinander gilt die mietvertragliche Kündigungsfrist nicht.

3. Das dem gemeinsamen Mietvertrag zugrundeliegende Gesellschafts- bzw Gemeinschaftsverhältnis kann ebenso wie die Lebensgemeinschaft selbst aus wichtigem Grund gekündigt werden bzw es kann seine Aufhebung verlangt werden.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 535, 535 ff., §§ 565, 705, 723 Abs. 1, § 730 Abs. 1 S. 2, §§ 741, 749

 

Verfahrensgang

AG Karlsruhe (Urteil vom 22.12.1993; Aktenzeichen 13 C 211/93)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 22.12.1993 – 13 C 211/93 – wird zurückgewiesen; jedoch wird der Tenor Ziffer 1 abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Der Beklagte wird verurteilt, einer Kündigung des gemeinsam abgeschlossenen Mietvertrages übejr die im Anwesen … gelegene Wohnung gegenüber der Vermieterin zuzustimmen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

 

Gründe

– Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen. –

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.

Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht den Beklagten für verpflichtet gehalten, an einer Beendigung des Mietverhältnisses mitzuwirken.

1. Mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht die Zulässigkeit der Klage bejaht.

2. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob zwischen den Parteien als Mitmietern im Innenverhältnis das Recht der Gesellschaft (§§ 705 ff. BGB) oder der Gemeinschaft (§§ 741 ff. BGB) Anwendung findet (vgl.: Palandt, BGB, 52. Aufl. 1993, § 535 Rz. 6 m.w.N.).

a) Die Klägerin hat hier jedenfalls entweder gemäß §§ 705, 723 Abs. 1, 730 Abs. 1 Satz 2 BGB aufgrund gesellschaftsrechtlicher Regeln (Landgericht München, WM 1993, 611; KG, WM 1992, 323), für deren Anwendung im vorliegenden Fall spricht, daß mit der gemeinschaftlichen Anwendung und Nutzung des Wohnraums hier ein gemeinschaftlicher Zweck, das Zusammenleben in nichtehelicher Lebensgemeinschaft, verfolgt wurde, einen Anspruch gegen den Beklagten auf Mitwirkung an der Beendigung des Mietverhältnisses durch Zustimmung zu dessen Kündigung oder nach den Vorschriften über die Gemeinschaft gemäß §§ 741, 749, 242 BGB (vgl. auch: Schmidt-Futterer/Blanck, Wohnraumschutzgesetze, 6. Aufl. 1988, B 44).

b) Spätestens mit Schriftsatz vom 5.5.1993 (I, 69–73), in dem die Klägerin dem Beklagten zum Verlassen der Wohnung aufforderte, hat sie das zwischen den Parteien entweder bestehende Gesellschaftsverhältnis gemäß § 723 Abs. 1 Satz 1 BGB gekündigt oder gemäß § 749 Abs. 1 BGB die Aufhebung der Gemeinschaft verlangt. Eine Auslegung dieses Schreibens gemäß §§ 133, 157 BGB ergibt mit hinreichender Deutlichkeit, daß die Klägerin das zwischen den Parteien bestehende Gesellschafts-/Gemeinschaftsverhältnis beenden wollte. Auch der Anspruch auf Aufhebung einer Gemeinschaft kann im Wege der Leistungsklage mit dem Antrag auf Vornahme der hierfür erforderlichen Handlungen durchgesetzt werden (Palandt, a.a.O., § 749 Rz. 2).

c) Der Beklagte kann nicht mit Erfolg geltend machen, die Klägerin habe das zwischen den Parteien bestehende Gesellschafts-/Gemeinschaftsverhältnis nicht wirksam beenden können, da es an einem wichtigen Grund hierfür gefehlt habe. Weder war eine etwaige Gesellschaft zwischen den Parteien auf bestimmte Zeit abgeschlossen (§ 723 Abs. 1 Satz 2 BGB) noch war das Recht, eine Aufhebung einer etwa zwischen den Parteien bestehenden Gemeinschaft zu verlangen, durch Vereinbarung auf Zeit ausgeschlossen (§ 749 Abs. 2 Satz 1 BGB). Zutreffend hat das Amtsgericht ausgeführt, es läge im Wesen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft begründet, daß diese jederzeit gekündigt bzw. ihre Aufhebung verlangt werden könne.

Im übrigen wäre nach Auffassung der Kammer in der Zerrüttung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein wichtiger Grund zu sehen.

Der Beklagte kann sich deshalb auch nicht darauf berufen, die Klägerin habe ihre Kündigung zur Unzeit ausgesprochen bzw. zur Unzeit die Aufhebung des Gemeinschaftsverhältnisses verlangt.

d) Nach Auflösung der Gesellschaft/Aufhebung der Gemeinschaft hat die Klägerin entweder gemäß § 730 Abs. 1 BGB oder §§ 749, 242 BGB gegen den Beklagten einen Anspruch auf Mitwirkung an der Auseinandersetzung der Gesellschaft (so LG München, a.a.O., 612; KG, a.a.O.) oder Aufhebung der Gemeinschaft. Dieser ist auf Zusti...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge