Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigenbedarf für Sohn, unbefristete Verlängerung des Mietverhältnisses als Verletzung des Eigentumsgrundrechts
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
1. Weit überhöhter Wohnbedarf wird nicht geltend gemacht, wenn der Vermieter die Wohnungsgröße danach bestimmt, daß der Sohn eventuell eine Familie gründen wird bzw weitere Personen im Rahmen einer Lebensgemeinschaft bzw Wohngemeinschaft in die Wohnung aufnimmt.
2. Die Verlängerung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit bis zum Lebensende des Mieters kann das Eigentumsgrundrecht des Vermieters verletzen.
Gründe
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die beabsichtigte Prozeßführung der Kläger bietet nach dem bisherigen Vorbringen der Parteien keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S. von § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Mit dem AG geht die Kammer davon aus, daß das Mietverhältnis bezüglich der von den Klägern innegehaltenen Wohnung durch die Kündigung des Beklagten v. 25.4.1988 zum 31.10.1988 beendet worden war, so daß die Klage auf Feststellung, daß das Mietverhältnis nicht beendet ist, unbegründet ist.
Ausgehend von dem RE des BGH v. 20.1.1988 (in WM 1988, 47ff.) reicht für die Annahme von Eigenbedarf die Absicht des Vermieters, eine der in § 564b Abs. 2 S. 2 BGB genannten Personen wohnen zu lassen, aus, wenn er hierfür vernünftige Gründe hat. Eine unzureichende Unterbringung des Vermieters bzw. der Person, für die Eigenbedarf geltend gemacht wird, ist nicht erforderlich. Dieser Auffassung ist nunmehr auch das BVerfG mit Urteil v. 14.2.1989 (in WM 1989, 114ff.) beigetreten. Danach ist § 564b Abs. 2 S. 2 BGB im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG dahin auszulegen, daß die Entscheidung des Eigentümers über seinen Wohnbedarf grundsätzlich zu beachten ist.
Die Kammer hat daher den Entschluß des Beklagten, die vermietete Wohnung nunmehr durch seinen Sohn nutzen zu lassen, grundsätzlich zu akzeptieren und seiner Rechtsfindung zugrundezulegen (vgl. BVerfG a.a.O. Seite 117). Nach dieser Entscheidung benötigt ein Vermieter nur dann nicht die Wohnung, wenn die Wohnung die Nutzungswünsche des Vermieters überhaupt nicht erfüllen kann, wenn die Kündigung nur vorgeschoben worden ist und die Ernsthaftigkeit des Selbstnutzungswunsches fehlt bzw. wenn der Erlangungswunsch mißbräuchlich ist (vgl. BVerfG a.a.O. Seite 117). Mit dem AG geht die Kammer davon aus, daß Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Selbstnutzungswunsches nicht ersichtlich sind. Die 80 qm große Wohnung erfüllt den Nutzungswunsch des zur Zeit 23jährigen ledigen Sohnes des Beklagten, unter Mißbrauchsgesichtspunkten kann auch nicht gesagt werden, daß mit dem Erlangungswunsch ein weit überhöhter Wohnbedarf geltend gemacht wird, denn es ist durchaus vernünftig und nachvollziehbar, die Wohnungsgröße danach zu bestimmen, daß man eventuell eine Familie gründet bzw. weitere Personen im Rahmen einer Lebensgemeinschaft bzw. Wohngemeinschaft in die Wohnung aufnimmt. Der Sohn des Beklagten kann auch nicht darauf verwiesen werden, daß er zur Zeit beanstandungsfrei in einem ausgebauten Dachgeschoßraum des Hauses seiner Eltern untergebracht ist, denn dies würde bedeuten, die Kündigung des Vermieters von einem konkreten Wohnraumbedarf abhängig zu machen, was nach dem RE des BGH v. 20.1.1988 (WM 1988, 47ff.) unzulässig ist.
Dem Beklagten kann auch nicht entgegengehalten werden, der Wunsch seines Sohnes, sich selbständig zu machen und eine eigene Wohnung zu beziehen, sei voraussehbar gewesen, denn das vorliegende Mietverhältnis ist nicht vom Beklagten begründet worden, sondern von seinen Eltern, und zwischen der Begründung dieses Mietverhältnisses und dem Ausspruch der Kündigung liegen mehr als 5 Jahre und nach der Rechtsprechung des BVerfG fehlt es dann an einem Grund, dem Vermieter die Beratung auf die Kündigungsfolgen zu versagen, wenn zwischen dem Zeitraum, zu dem der für den Eigentümer nunmehr maßgebliche Sachverhalt eingetreten ist, und der Kündigungserklärung ein Zeitraum von mehr als 5 Jahren liegt (vgl. BVerfG a.a.O. Seite 118).
Das Kündigungsschreiben selbst erfüllt auch die formellen Voraussetzungen, die für die Begründung einer auf Eigenbedarf gestützten Kündigung aufgestellt sind. Der Beklagte hat zwar in seinem Kündigungsschreiben auch ausgeführt, die Freundin seines Sohnes wolle mit in die Wohnung einziehen. Auch steht fest, daß diese Absicht jetzt nicht mehr besteht, weil die Verbindung beendet worden ist. Das ändert aber nichts an der formellen Wirksamkeit der Kündigung, denn im vorliegenden Fall hätte es ausgereicht, wenn der Beklagte die Kündigung allein darauf gestützt hätte, sein Sohn wolle sich selbständig machen und die Wohnung allein beziehen. Infolge dessen brauchte der Beklagte, nachdem feststand, die Freundin werde nicht mit einziehen, nicht nochmals eine Kündigung nach § 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB auszusprechen. Der Umstand, daß die Freundin die Absicht, die Wohnung zu beziehen, aufgegeben hat, war allein im Rahmen der Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Selbstnutzun...