Entscheidungsstichwort (Thema)
Sicherungshaft nach § 62 Abs. 2 AufenthG
Verfahrensgang
AG Kempten (Beschluss vom 26.10.2005; Aktenzeichen 2 XIV 49/05 B) |
Nachgehend
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kempten vom 26.10.2005 (Az: 2 XIV 49/05 B) wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Der Betroffene ist weissrussischer Staatsangehöriger. Sein Asylverfahren wurde bereits im Jahre 2002 im Bundesgebiet abgelehnt. Sein Asylfolgeverfahren wurde mit Bescheid vom 16.12.2004 abgelehnt, wogegen der Betroffene Klage erhoben hat, ohne jedoch einen Antrag auf aufschiebende Wirkung zu stellen.
Seit dem 14.2.2005 befand sich der Betroffene in der JVA Nürnberg in Untersuchungshaft wegen gewerbsmäßigen Bandendiebstahls. Der Betroffene wurde vom Amtsgericht Nürnberg zu einer Einheitsjugendstrafe von 2 Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Seit dem 2.8.2005 befindet er sich in Abschiebungshaft.
Der Betroffene, dessen Identität nicht geklärt ist, ist nicht im Besitz eines Passes oder Passersatzes oder sonstiger Dokumente. Er wurde zweimal erfolglos beim Konsul der Republik Belarus zur Klärung seiner Identität vorgeführt. Die Regierung von Oberbayern plant eine Sonderrückführung des Betroffenen nach Belarus. Ein Termin hierfür steht noch nicht fest.
Auf Antrag der beteiligten Ausländerbehörde ordnete das Amtsgericht Nürnberg mit Beschluss vom 14.4.2005 zunächst die Abschiebungshaft zunächst für längstens 3 Monate an, die im Anschluss an die Untersuchungshaft bis zum 2.11.2005 vollstreckt wurde. Auf weiteren Antrag der Ausländerbehörde ordnete das Amtsgericht Kempten mit Beschluss vom 26.10.2005 die Verlängerung der Abschiebungshaft für höchstens 3 Monate an.
Gegen diesen Beschluss hat der Betroffene durch Schriftsatz seines Verteidigers vom 6.12.2005 sofortige Beschwerde eingelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist die Versäumung der Frist des § 22 Abs. 1 FGG von 2 Wochen für die sofortige Beschwerde unschädlich. Bedenken ergeben sich nämlich, ob die Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Beschluss den hieran zu stellenden Anforderungen genügt. Nach Auffassung des BGH hat nämlich die Rechtsmittelbelehrung sich auf die bei der Rechtsmitteleinlegung zu beachtenden Frist- und Formvorschriften zu beziehen und die Gerichte zu bezeichnen, bei denen das Rechtsmittel eingelegt werden kann (Keidel/Kuntze, FGG, 15. Aufl., § 16 Rn. 68).
Die sofortige Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Insbesondere liegt der Haftgrund des § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 AufenthG vor. Es besteht der begründete Verdacht, dass sich der Betroffene der Abschiebung entziehen will. Er ist wegen schweren Bandendiebstahls und wiederholten Verstößen gegen die räumliche Beschränkung nach dem Asylverfahrensgesetz vom Amtsgericht Nürnberg verurteilt worden. Seine Mitwirkungspflichten zur Erlangung von Reisedokumenten kam er nicht nach.
Die zugesicherte freiwillige Ausreise des Betroffenen ist im übrigen nicht möglich, da weder Pass noch Reisedokumente vorliegen. Damit ist er gar nicht in der Lage, seiner Ausreisepflicht nachzukommen.
Nachdem die Klärung der Identität des Betroffenen bisher nicht gelungen ist, war die Verlängerung der Abschiebungshaftanordnung, erforderlich, aber auch verhältnismäßig. Da die Klärung der Identität in der Regel von den Angaben des Betroffenen abhängig ist, hat es der Betroffene in der Hand, diese schnellstmöglich herbeizuführen.
Hinderungsgründe stehen der Anordnung der Abschiebungshaft nicht entgegen.
Ob die Abschiebung des Betroffenen zu Recht betrieben wird, haben die Ausländerbehörde und die Verwaltungsgerichte, nicht die Haftgerichte zu prüfen.
§ 62 Abs. 2 S. 4 AufenthG steht der Anordnung der Sicherungshaft nicht entgegen, da nicht feststeht, dass die Abschiebung nicht innerhalb des festgesetzten Zeitraums durchgeführt werden kann. Insbesondere ist eine Sonderrückführung vorgesehen, bei der die endgültige Identifizierung erst im Heimatland des Betroffenen vorgenommen wird.
Auch im übrigen begegnet der angefochtene Beschluss keinen Bedenken. Dies gilt sowohl für die Dauer der angeordneten Sicherungshaft als auch für die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit.
Auf eine mündliche Anhörung des Betroffenen durch die Mitglieder der Beschwerdekammer konnte ausnahmsweise verzichtet werden. Im Hinblick auf die vorliegenden Haftgründe hätte eine Anhörung im Beschwerdeverfahren zu keiner anderen Entscheidung der Kammer führen können.
Die beantragte Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten als Pflichtverteidiger war zurückzuweisen. Es handelt sich vorliegend nicht um ein Strafverfahren. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe (§ 114 ZPO) sind nicht dargelegt.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Fundstellen