Verfahrensgang

AG Kiel (Urteil vom 03.07.1997; Aktenzeichen 106 C 228/96)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers und die Anschlußberufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 88 % und der Beklagten zu 12 % auferlegt.

 

Gründe

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

I. Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.

1. Das Amtsgericht hat den geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus unterlassener Endrenovierung mit Recht verneint.

a) Einen Anspruch aus § 326 BGB scheitert bereits daran, daß die in § 27 Mietvertrag niedergelegte Endrenovierungsklausel unwirksam ist (§ 9 AGB-Gesetz). Schon das Oberlandesgericht Hamm hat mit Rechtsentscheid vom 27.2.1981 (NJW 1981, 1049) eine AGB-Regelung für unwirksam erklärt, die den Mieter verpflichtet, bei Mietende eine insgesamt frisch renovierte Wohnung ohne Rücksicht darauf zurückzugeben, wielange die letzten Renovierungsarbeiten zurückliegen. Der Einwand des Klägers, das AGB-Gesetz sei hier nicht anwendbar, weil die Endrenovierungsklausel eine Individualvereinbarung darstelle, ist unbegründet.

Die als AGB-Klausel inkriminierte Endrenovierungsvereinbarung wird nicht dadurch zur Individualvereinbarung, daß der Vermieter diesen Passus handschriftlich in das Formular einfügt. Ein „Aushandeln” liegt darin nicht, geschweige denn, daß behauptet behauptet worden wäre, die Beklagte wäre bei Mietbeginn darüber aufgeklärt worden, daß die Endrenovierungsverpflichtung eine unangemessene Benachteiligung darstelle, wie auch nicht vorgetragen wird, diese Verpflichtung sei zur „Disposition” gestellt worden, oder daß eine bzw. welche Gegenleistung vermieterseits angeboten worden wäre, wenn sich die Beklagte mit der unbedingten und vollständigen Endrenovierung einverstanden erklären würde.

b) Selbst wenn aber von einer Individualvereinbarung ausgegangen würde, wäre der Anspruch unbegründet, käme ihr insbesondere nicht der „Vorrang” mit der Folge zu, daß die anderen – die Schönheitsreparaturen betreffenden und den Mieter belastenden – Regelungen und Umstände unberücksichtigt bleiben dürften.

Selbst jeweils für sich unbenkliche Klauseln haben eine Summierungseffekt und können in ihrer Gesamtwirkung zu einer unangemessenen Benachteiligung führen; dabei ist es unerheblich, ob sich die Regelungen an unterschiedlichen Stellen des Vertragswerks finden, weil sie ihrer Bestimmung wegen als zusammengehörig bewertet werden müssen (so ausdrücklich der BGB in seiner Entscheidung vom 2.12.1992, WM 1993, 175).

In die Bewertung fließt mithin nicht nur ein, daß die Beklagte neben den laufenden Schönheitsreparaturen in jedem Fall eine Endrenovierung durchzuführen hat; zu berücksichtigen ist auch, daß sie angesichts der kurzen Mietzeit von nur 7 Monaten auch den vorvertraglichen Renovierungsaufwand hätte leisten sollen, denn die Wohnung ist bei Mietbeginn unstreitig in nicht frisch renoviertem Dekorationszustand übergeben worden. Die Gesamtregelung aus Individual- und Formularteil stellt sich hier mithin als „verkappte” Bedarfsregelung dar: Der Vermieter erwartet, daß der Mieter – ohne daß Renovierungsfristen abgelaufen sind – die Wohnung insgesamt frisch zu renovieren hat, insbesondere also auch den Renovierungsaufwand aus der vorangegangenen Nutzung erbringen soll. Eine solche Regelung stellt in ihrer Summierung eine unangemessene Benachteiligung dar, mit der Folge, daß die Überwälzung der Schönheitsreparaturen insgesamt unwirksam ist.

2. Soweit der Kläger seine Berufung nunmehr teilweise auf den Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung stützt, ist auch dieser Anspruch unbegründet. Schäden aufgrund vertragswidriger Nutzung werden schon nicht behauptet. Die Tatsache daß die Beklagte im Hinterzimmer einen nicht deckenden Anstrich vorgenommen hat, hat schon deshalb nicht zu einer Verschlechterung des vorherigen Zustandes führen können, weil es der Beklagten lediglich nicht gelungen war, den ersichtlich aus der vorvertraglichen Mietzeit noch vorhandenen „Renovierungsstau” (Schreiben der Hausverwaltung vom 30.4.1996) zu beseitigen mit der Folge, „daß der alte vergilbte Anstrich durchschimmerte”, wie es in der Klage ausdrücklich heißt.

II. Die Anschlußberufung der Beklagten ist ohne weitere Sachprüfung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat ihre Anschlußberufung zwar zurückgenommen; jedoch hat der Kläger der Rücknahme prozessual wirksam widersprochen, weil hierüber verhandelt worden ist.

Allerdings führt dieser Widerspruch des Klägers nicht dazu, der von ihm gewünschten Beweiserhebung nachzugehen und zu klären, ob die Beklagte das Waschbecken, wie er behauptet, beschädigt hat, oder ob es sich um einen Anfangsmangel gehandelt hat, wie die Beklagte behauptet. Ein dahingehendes besonderes Feststellungsinteresse hat der Kläger mit seinem Widerspruch jedenfalls nicht verbunden. An der begehrten Sachaufklärung besteht ersichtlich auch kein Bedürfnis, weil die Frage, ob dem Kläger die Schadensersatzforderung wegen des beschädigten Waschbeckens zus...

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