Entscheidungsstichwort (Thema)

Formularvertragliche Abwälzung von Renovierungspflichten auf den Mieter

 

Orientierungssatz

1. Sieht ein Formularmietvertrag vor, daß Schönheitsreparaturen vom Mieter nicht nur bei Ablauf bestimmter Fristen, sondern unabhängig davon "bei Bedarf durchzuführen sind", so benachteiligen diese Formularklauseln den Mieter unangemessen und sie sind daher gemäß AGBG § 9 Abs 1 unwirksam, wenn der Mieter die Wohnung in unrenoviertem Zustand übernommen hat, denn (unabhängig davon ob der Mieter zu einer Anfangsrenovierung verpflichtet ist oder nicht) wird in die Renovierungspflicht ein vorvertraglicher Abnutzungszeitraum einbezogen (Anschluß OLG Stuttgart, 1989-02-17, 8 REMiet 2/88, NJW-RR 1989, 520).

2. Der Vermieter kann dann gegen den ausgezogenen Mieter keine Ersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen geltend machen.

 

Tenor

Das Urteil des Amtsgerichts Bad Segeberg vom 4. August 1992 wird unter Zurückweisung der Berufung im übrigen teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger DM 1.130,55 nebst 4 % Zinsen seit dem 6.3.1992 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 8/9, der Beklagte 1/9.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wurde gemäß § 543 Abs. 1 BGB abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat zum weitaus überwiegenden Teil Erfolg.

Ein Anspruch der Kläger gegen den Beklagten wegen unterlassener Schönheitsreparaturen besteht nicht.

Das Amtsgericht hat zwar zutreffend festgestellt, daß das dem Beklagten vermietete Haus nach dessen Auszug in einem Zustand war, der dringend die Ausführung von Schönheitsreparaturen erforderte. Die Nichtdurchführung der Schönheitsreparaturen während der Mietvertragsdauer und nach deren Beendigung kann jedoch nicht dem Beklagten mit der Folge angelastet werden, daß er unter den Voraussetzungen des § 326 BGB zum Schadensersatz verpflichtet wäre.

Gemäß § 536 BGB ist es vielmehr die Pflicht des Vermieters, die vermietete Sache während der Mietzeit in einem zu dem vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Auch die sogenannten Schönheitsreparaturen obliegen nach dieser Vorschrift dem Vermieter.

Zwar können die Mietvertragsparteien vereinbaren, daß entgegen der gesetzlichen Regelung nicht der Vermieter, sondern der Mieter die Verpflichtung zur Vornahme der Schönheitsreparaturen übernimmt. Eine solche Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Beklagten ist zwischen den Parteien des Mietverhältnisses aber nicht wirksam vorgenommen worden.

Der ursprüngliche Vermieter, Herr O. L. hat sich bei Mietvertragsabschluß eines sogenannten Formularmietvertrages bedient, dessen Klauseln nach dem Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) einer verschärften Wirksamkeitskontrolle unterliegen. Der in dem von dem Vermieter verwendeten Formular enthaltene § 4 Ziff. 6 enthält (unter Berücksichtigung der nach der Kennzeichnung geltenden Alternative) folgende Regelung:

"Die Schönheitsreparaturen sind vom Mieter auf eigene Kosten, nach Maßgabe von § 15 Ziff. 2 durchzuführen, und zwar ... während des Mietverhältnis, spätestens zu dessen Ende."

§ 15 Ziff. 2 hat folgenden Wortlaut:

"Die Schönheitsreparaturen sind fachgerecht, dem Zweck und der Art der Mieträume entsprechend regelmäßig auszuführen, wenn das Aussehen der Wohnräume mehr als nur unerheblich durch den Wohngebrauch beeinträchtigt ist. Dies ist im allgemeinen nach folgenden Zeitabständen der Fall:

in Küchen, Bädern und Duschen

alle 3 Jahre,

in Wohn- und Schlafräumen, Fluren

und Dielen und Toiletten

alle 6 Jahre,

in allen anderen Nebenräumen

alle 7 Jahre.

Die Erneuerung der Anstriche von Fenstern, Türen, Heizkörpern, Versorgungsleitungen und an Einbaumöbeln ist regelmäßig nach 6 Jahren erforderlich."

Diese Formularklauseln halten einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG nicht stand und sind unwirksam, weil der Beklagte die Wohnung in nicht renoviertem Zustand übernommen hat. Nach der Generalklausel des § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

Hierzu hat das OLG Stuttgart in einem Rechtsentscheid vom 17.2.1989 (NJW RR 1989, 520) festgestellt, daß die formularvertragliche Abwälzung der Pflicht, Schönheitsreparaturen vorzunehmen oder deren Kosten zu tragen, den Mieter in einer nicht renovierten Wohnung entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, wenn sie einen über die Mietzeit hinausgehenden Abnutzungszeitraum abdecken soll. Die grundsätzliche Zulässigkeit einer Abwälzung von Renovierungskosten entgegen § 536 BGB gründet sich nämlich auf die Erwägung, daß es dabei rechtlich und wirtschaftlich um einen Teil der Gegenleistung für die Überlassung der Wohnung handele (so BGH NJW 1988, 2790). Diese Rechtfertigung gilt aber dann nicht, wenn die Renovierungspflicht Zeitr...

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