Entscheidungsstichwort (Thema)
Altmietvertrag: Weitergeltung der vertraglich vereinbarten Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung bei unterlassenen Schönheitsreparaturen nach der Schuldrechtsreform
Leitsatz (amtlich)
1. Um den Mieter mit der Erfüllung seiner Renovierungspflicht nach Auszug in Verzug zu setzen, ist der Hinweis auf nicht oder nicht fachgerecht ausgeführte Schönheitsreparaturen, verbunden mit der Aufforderung, "die festgestellten Mängel" zu beseitigen, nicht hinreichend deutlich. Der Mieter kann daraus nicht entnehmen, welche Arbeiten im einzelnen von ihm verlangt werden und was an von ihm bereits durchgeführten Arbeiten konkret beanstandet wird. So ist unklar, ob er auch im Protokoll erwähnten Mängel beseitigen soll, wenn diese nicht zu den Schönheitsreparaturen gehören. Das gleiche gilt für die Beseitigung des im Abnahmeprotokoll so bezeichneten "ungepflegten und verwohnten Zustandes" der Wohnung.
2. Wird in einem Formularmietvertrag hinsichtlich der auf den Mieter übergewälzten Schönheitsreparaturen Bezug auf die bei Vertragsschluss ohnehin schon geltende Rechtslage nach § 326 BGB a. F. genommen, so hat diese Klausel Regelungscharakter. Vertragliche Regelungen ohne Regelungscharakter sind dem Zivilrecht fremd. Auch vorformulierte Vertragsbestimmungen sind mietvertragliche Vereinbarungen, und zwar nicht nur, wenn sie vom dispositiven Gesetzesrecht abweichen, sondern auch, wenn sie die gesetzliche Regelung wiedergeben und dadurch in den Parteiwillen aufnehmen.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 29. Oktober 2004 verkündete Urteil des Amtsgerichts Kiel geändert und wie folgt neu gefasst: Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
- abgekürzt gemäß § 540 Abs. 1 ZPO -
I.
Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen nach Beendigung eines Mietverhältnisses geltend. Auf den Mietvertrag vom 21./22.08.1989 (Anlage K 9, Bl. 102-110 d. A.) wird Bezug genommen. Die Klägerin übersandte der Beklagten ein Abnahmeprotokoll und eine Aufforderung, die dort aufgeführten Mängel zu beseitigen. Auf das Abnahmeprotokoll vom 30.04.2004 (Anlage K 3, Bl. 19 d. A.) und das Aufforderungsschreiben vom 05.05.2005 (Ablage K 2, Bl. 18 d. A.) wird Bezug genommen. Die Beklagte, die den Zustand der Wohnung als vertragsgemäß ansah, führte keine weiteren Arbeiten aus.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat der Klägerin einen Teil der geltend gemachten Kosten für Schönheitsreparaturen, Mietausfallschaden für 2 Monate à 450 € sowie die Miete für April 2004 in Höhe von 398 € zugesprochen und die Kaution hiervon abgezogen. Die Klausel hinsichtlich der Schönheitsreparaturen sei wirksam. Die Kosten seien im zugesprochenen Umfang erstattungsfähig, weil die zugrunde liegenden Rechnungspositionen Schönheitsreparaturen umfassten. Die im Kostenvoranschlag enthaltene Mehrwertsteuer sei erstattungsfähig, weil die Klägerin die Arbeiten inzwischen durchgeführt habe. Der Mietausfallschaden ergebe sich daraus, dass die potenzielle Nachmieterin wegen des Zustands der Wohnung von einer Anmietung Abstand genommen habe.
Mit der Berufung macht die Beklagte geltend, die Klägerin habe nicht die nach dem Mietvertrag für einen Schadensersatzanspruch erforderliche Nachfrist mit Ablehnungsandrohung (§ 326 BGB a. F.) gesetzt; sie habe sich nur pauschal auf das Abnahmeprotokoll bezogen. Der Auszug der Beklagten sei keine Erfüllungsverweigerung. Das Abnahmeprotokoll lasse nicht eindeutig erkennen, welche Arbeiten noch geschuldet seien. Sie habe zudem mit nachgelassenem Schriftsatz vom 08.10.2004 bestritten, dass die Wohnung in einem Zustand gewesen sei, der das Leisten von Schönheitsreparaturen erforderlich machte. Sie wendet sich zudem gegen die Höhe des Schadensersatzanspruchs.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Sie trägt vor, sie habe sich bemüht, die Mängel im Protokoll detailliert darzustellen. Die Aufforderung vom 5. Mai 2004, die festgestellten Mängel zu beseitigen, sei hinreichend konkret. § 326 BGB a. F. sei nicht maßgebend. Der bloße Hinweis in § 15 Abs. 4 des Mietvertrages auf § 326 BGB habe keinen Regelungsgehalt. Das habe die Kammer auch im Verfahren 1 S 56/03 ... so entscheiden, in dem Schadensersatzansprüche wegen der Beschädigung des Teppichbodens geltend gemacht worden seien. Wegen dieser Frage sei auch die Revision zuzulassen, da die Klausel in Schleswig-Holstein vielfach verwendet werde. Im übrigen ergebe sich die ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung der Beklagten daraus, dass sie die von ihr durchgeführten Schönheitsreparaturen als ausreichend angesehen habe und sich dementsprechend auch geweigert habe, bei der Erstellung des Vorabnahmeprotokolls mitzuwirken und dieses zu unterzeichnen. Die ...