Entscheidungsstichwort (Thema)
Mieterhöhungsprozeß: Anwendung des Kieler Mietspiegels durch das Gericht
Leitsatz (amtlich)
(abgedruckt in Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
1. Bei Mieterhöhungsstreitigkeiten in Kiel ist der Kieler Mietspiegel grundsätzlich dem RDM-Mietpreisspiegel ("Methode Petersen") vorzuziehen.
2. Zur "Anwendung" des Kieler Mietspiegels durch das Gericht.
Orientierungssatz
Die "Anwendung" des Kieler Mietspiegels besagt allerdings nicht, daß das Gericht den Mietspiegel stets kritiklos zugrundezulegen hat. Schwachbelegte Felder oder gar Leerfelder sowie übergroße Spannen bleiben ebenso Schwachpunkte wie die Nichtausweisung von Wohnungen mit insgesamt einfachem Wohnwert. Auch beantwortet der Mietspiegel nicht die Frage, wie Positivmerkmale einer Wohnung (hier: Südausrichtung der Wohnräume, Loggia, Fernheizung, Gegensprechanlage, Aufzug) zu gewichten sind.
Gründe
(aus Wohnungswirtschaft und Mietrecht WuM)
Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das AG (Kiel) hat die Beklagten zu Recht verurteilt, der begehrten Mieterhöhung auf monatlich netto 728,88 DM(=9,56 DM/m2) per 1. 5. 1997 zuzustimmen. Dieser Wert ist auch bei Anwendung des Kieler Mietspiegels gerechtfertigt.
1. Allerdings folgt die Kammer dem Einwand der Beklagten, daß dem Kieler Mietspiegel grundsätzlich der Vorrang gebührt, wenn es um die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete in Kiel geht. Schon mit Urteil v. 26. 11. 1996 (1 S 106/96) hatte die Kammer betont, daß die Tatsache, daß für Kiel ein Mietspiegel erstellt sei, (auch) von den Sachverständigen zur Kenntnis zu nehmen sei, solange nicht feststehe oder sonst greifbar auf der Hand liege, daß der Mietspiegel das Vergleichsmietniveau für Kiel etwa nicht zuverlässig wiedergebe oder nicht zuverlässig handhabbar sei.
Inzwischen ist der vierte Mietspiegel erschienen, ohne daß der Kammer - auch nicht von seiten der Sachverständigen - bekannt geworden wäre, daß und inwiefern der Kieler Mietspiegel ein ungeeignetes Mittel zur Ermittlung der Vergleichsmiete sei, wie andererseits auch nicht dargelegt oder begründet worden wäre, daß der RDM-Preisspiegel das statistisch bessere Material aufweise.
Auch dem Umstand, daß die Zahl der Mieterhöhungsstreitigkeiten - jedenfalls in zweiter Instanz vor der ersten Zivilkammer - ganz erheblich abgenommen hat, entnimmt die Kammer, daß sich der Kieler Mietspiegel in der Praxis bewährt zu haben scheint. Die Kammer hat deshalb schon in vorangegangenen Fällen zunehmend ihre Bereitschaft zu erkennen gegeben, Miet-
erhöhungsstreitigkeiten auf der Grundlage des oder der Kieler Mietspiegel zu lösen (zuletzt - wie im Termin erörtert und den Parteivertretern bekannt - in der Sache 1 S 215/97, in der die Kammer ein Gutachten bei dem Mietspiegelersteller zu einem bestimmten Feld des Mietspiegels 1996 eingeholt hat). Die Kammer hat deshalb in der Vergangenheit auch nicht beanstandet, wenn das Amtsgericht den Rechtsstreit auf der Grundlage des Kieler Mietspiegels entschieden hat, wenn es - statt ein Sachverständigengutachten einzuholen - selbst einen Ortstermin durchgeführt hatte.
Die Bereitschaft der Kammer, zur Überzeugungsbildung den Mietspiegel "zu verwenden" und den RDM-Mietpreisspiegel nicht mehr als Korrektiv heranzuziehen, beruht letztlich auf der Erkenntnis, daß selbst dessen verfeinerte Anwendung ("Methode Petersen", Neuvermietungsabschlag, "Tabelle Streich") - in der "mietspiegellosen" Zeit die einzige Möglichkeit, kostensparend zu praktisch verwertbaren Ergebnissen zu gelangen - auf ungesichertem statistischem Fundament ruhte, weil in den RDM-Spiegel nur Neuvermietungspreise eingehen und er auch nicht flächendeckend alle Wohnungen erfaßt.
2. Die "Anwendung" des Kieler Mietspiegels besagt allerdings nicht, daß die Kammer den Mietspiegel stets kritiklos zugrunde legt. Schwachbelegte Felder oder gar Leerfelder sowie übergroße Spannen bleiben ebenso Schwachpunkte (und damit eine Aufforderung an den Mietspiegelhersteller) wie die Nichtausweisung von Wohnungen mit insgesamt einfachem Wohnwert, um nur einige Beispiele zu nennen.
Was allerdings kein Mietspiegel leisten könnte, ist die genaue "Punktlandung", wenn es wie hier darum geht, die Vor- und Nachteile einer Wohnung abzuwägen, um den richtigen Mietzins innerhalb (oder ggf. außerhalb) der Spanne zu finden:
Unstrittig ist insoweit, daß die Wohnung in Feld "1g" des Mietspiegels 1996 einzugruppieren ist (Spanne: 6,70-9,85;Mittelwert: 8,27).
Unstrittig ist auch, daß die Wohnung über eine Reihe von Positivmerkmalen verfügt, nämlich zur Lage der Wohnung im Gebäude (Südausrichtung der Wohnräume), zum Grundriß (Loggia) sowie zur Ausstattung (Fernheizung, Gegensprechanlage, Aufzug).
Die Frage, wie diese Positivmerkmale zu gewichten sind, beantwortet der Mietspiegel nicht. Er gibt lediglich die Tendenz dahingehend an, daß der Mietwert oberhalb des Mittelwertes zu suchen sei, wobei in Sonderfällen sogar über die Spanne hinausgegangen werden könne. Ein solcher Sonderfall liegt hier ersichtlich nicht vor.
Es ist a...