Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung des ortsüblichen Mietzinses anhand eines vom städtischen Mietspiegel abweichenden Sachverständigengutachtens

 

Orientierungssatz

1. Zwar kommt einem ordnungsgemäß zustande gekommenen Mietspiegel grundsätzlich eine so starke Indizwirkung bei der Überzeugungsbildung für die Höhe des ortsüblichen Mietzinses zu, daß ein ohne näher nachvollziehbare Begründung davon abweichendes Sachverständigengutachten nicht ausreicht, um die Ortsüblichkeit der sachverständig bestimmten Miete zu beweisen (vergleiche BVerfG, 1990-04-03, 1 BvR 268/90, WuM 1992, 48).

2. Der ortsübliche Mietzins für eine Wohnung ist aber dann auf Grundlage eines - nachvollziehbar begründeten - Sachverständigengutachtens - in das hier Werte des RDM-Spiegels (Mietspiegel des Rings Deutscher Makler für Neuvermietungen) einbezogen worden sind - zu ermitteln, wenn der städtische Mietspiegel, soweit er Tabellenwerte angibt, nicht den gesetzlichen Anforderungen an die ortsübliche Vergleichsmiete entspricht und, soweit er Werte ausweist, die im Wege der Regressionsanalyse gewonnen worden sind, zusätzlich an Mängeln in der Anwendung der Methode leidet.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Vermieterin, die Beklagten sind Mieter einer 66,84 qm großen Wohnung in einem der Klägerin gehörenden Wohnblock in K., W.-Straße 16. Der Wohnblock ist 1964/65 in dreigeschossiger Bauweise errichtet worden, jede Hauseingangstür des Wohnblocks eröffnet den Zugang zu je sechs Wohnungen.

Die Beklagten zahlten für ihre Wohnung im Jahre 1992 einen Mietzins von 519,29 DM entsprechend 7,77 DM/qm netto. Mit Schreiben vom 26.10.1992 verlangte die Klägerin von den Beklagten die Zustimmung zu einer Mieterhöhung um 78,52 DM auf 597,81 DM monatlich, was einem neuen Nettomietzins von 8,94 DM pro qm entspricht. Die Beklagten verweigerten die Zustimmung. Die Klägerin verfolgte den Zustimmungsanspruch im Klagwege weiter.

Auf die von den Beklagten bestrittene Behauptung der Klägerin, der verlangte Mietzins von 9,94 DM pro qm sei der ortsübliche Mietzins, hat das Amtsgericht ein Gutachten des Sachverständigen S. eingeholt. Der Sachverständige hat die Behauptung der Klägerin bestätigt, er hält sogar eine Netto-Miete von 642,33 DM für gerechtfertigt. Wegen der Einzelheiten des Gutachtens wird auf Blatt 24 bis 38 der Akten verwiesen.

Das Amtsgericht ist dem Sachverständigen gefolgt und hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt.

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten mit dem wesentlichen Argument, die vom Sachverständigen geschätzte und vom Amtsgericht ausgeurteilte Miete sei nicht ortsüblich. Das ergebe sich schon aus dem Mietspiegel der Stadt K., der in dem entsprechenden Rasterfeld (normale bis gute Lage, 60 bis 75 qm, Küche normal, Bad normal, Baualter vor 1976) einen mittleren Mietwert von 7,64 DM pro qm bei einer Gesamtspanne von 6,11 bis 9,17 DM pro qm ausweise. Da es sich bei der vorliegenden Wohnung um eine jeder Hinsicht durchschnittliche handele, sei keineswegs ein höherer Mietzins als der mittlere Mietwert nach dem Mietspiegel gerechtfertigt. Die Beklagten zahlten zur Zeit einen diesen Wert übersteigenden Betrag an Miete. Der Gutachter habe keine befriedigende Erklärung dafür geliefert, weshalb er mit seiner Mietzinsschätzung deutlich die Spanne des Mietspiegels übersteige.

Die Beklagten beantragen,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und hält die Mietspiegelwerte mit dem Sachverständigen für nicht nachvollziehbar. Der Mietspiegel habe erhebliche Mängel und sei deshalb nicht geeignet, das überzeugende Sachverständigengutachten zu erschüttern.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie auf den Vortrag der Parteien im Berufungsrechtszug verwiesen.

Die Kammer hat Prof. Dr. B., der für die Erstellung des Mietspiegels der Stadt K. verantwortlich zeichnet, sowie den Dipl.-Volkswirt H. P., der die Daten für den jährlich erscheinenden RDM-Spiegel (Neuvermietungspreise) auswertet und zusammenstellt als sachverständige Zeugen gehört.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme vor der Kammer wird auf das Protokoll vom 18.4.1994 (B1. 117 - 126 d.A.) verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Die Beklagten sind auf das zulässige Mieterhöhungsverlangen der Klägerin hin verpflichtet, einer Mieterhöhung um 78,52 DM auf insgesamt 597,81 DM netto kalt zuzustimmen, denn dieser Mietzins übersteigt nicht den für vergleichbare Wohnungen in K. gezahlten Betrag (§ 2 MHG).

Das ist aufgrund des unstreitigen Sachverhalts, der zusätzlichen tatsächlichen Feststellungen des Sachverständigen S., der in erster Instanz ein Gutachten erstattet hat, sowie aufgrund seiner Bewertung, soweit ihr die Kammer aus eigener Sachkunde gefolgt ist, erwiesen.

Es handelt sich bei der Wohnung der Beklagten um eine Wohnung in normaler...

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