Verfahrensgang
AG Neuwied (Entscheidung vom 07.12.2011; Aktenzeichen 41 C 1037/11) |
Tenor
1.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Neuwied vom 07.12.2011, Az. 41 C 1037/11, abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 598,26 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.02.2011 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Kosten in Höhe von 83,54 Euro zu zahlen.
2.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
4.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die beklagte Haftpflichtversicherung nach einem Verkehrsunfall vom 29.01.2011, für den die volle Haftung der Beklagten außer Streit steht, auf Zahlung der in einem vorprozessual eingeholten Gutachten angegebenen Umsatzsteuer für eine Reparatur in Anspruch.
In dem Gutachten hat der Sachverständige Reparaturkosten von 3.148,73 Euro netto zuzüglich Mehrwertsteuer in Höhe von 598,26 Euro angegeben. Die Wertminderung des Unfallfahrzeugs hat er auf 300,00 Euro beziffert, den Zeitwert des Fahrzeugs auf 14.100,00 Euro incl. Mehrwertsteuer und den Restwert auf 8.000,00 Euro geschätzt. Die Klägerin hat das beschädigte Fahrzeug nicht reparieren lassen, sondern ein Ersatzfahrzeug zu einem Preis von 23.109,24 Euro zuzüglich 4.390,76 Euro Mehrwertsteuer erworben.
Die Beklagte hat vorgerichtlich die fiktiven Reparaturkosten in Höhe von 3.148,73 Euro sowie die Wertminderung in Höhe von 300,00 Euro erstattet, den Ersatz der von der Klägerin geltend gemachten Mehrwertsteuer begrenzt auf die Mehrwertsteuer, die bei einer Reparatur angefallen wäre, jedoch abgelehnt.
Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stünde bei der vorliegenden Ersatzbeschaffung ein Anspruch auf Ersatz der tatsächlich angefallenen Mehrwertsteuer zu, begrenzt auf die Mehrwertsteuer, die bei einer Reparatur angefallen wäre. Bei der Kombination der fiktiven Reparaturkostenabrechnung und der bei der Ersatzbeschaffung konkret angefallenen Mehrwertsteuer begrenzt auf diejenige, die bei einer Reparatur angefallen wäre, erleide der Haftpflichtversicherer gerade keinen Nachteil und der Geschädigte keinen Vorteil im Vergleich zur Abrechnung im Falle der Reparatur des Fahrzeugs. Die Klägerin wäre hierdurch nicht ungerechtfertigt bereichert. Der Anspruch sei nicht nach § 249 Abs. 2 S. 2 BGB ausgeschlossen. Der Umstand, dass die Klägerin nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot in ihrer Dispositionsfreiheit auf die Reparatur des Fahrzeugs beschränkt gewesen sei, habe nach den Grundsätzen des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB keine Auswirkung auf die Frage der Erstattungsfähigkeit der tatsächlich angefallenen Mehrwertsteuer, sondern allein auf die Höhe des bestehenden Anspruchs. Im übrigen handele es sich um eine konkrete Schadensberechnung, da die Klägerin den Schaden tatsächlich behoben habe. Es verhalte sich so, als ob die Klägerin bei der Reparatur ihres Unfallfahrzeugs einen aufwendigeren Reparaturweg gewählt und die dafür angefallenen Reparaturkosten sodann auf den erforderlichen Betrag begrenzt habe.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 598,26 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.02.2011 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,54 Euro zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, die Klägerin verstoße gegen ihre Schadensminderungspflicht und vermische unzulässigerweise fiktive und konkrete Abrechnung. Der Anspruch auf Ersatz der Mehrwertsteuer sei vorliegend nach § 249 Abs. 2 S. 2 BGB ausgeschlossen, da Mehrwertsteuer bezogen auf den Fahrzeugschaden nicht gezahlt worden sei. Der Kauf eines Ersatzfahrzeugs sei ein ganz anderer steuerlicher Vorgang und daher nicht zu berücksichtigen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass nach § 249 Abs. 2 S. 2 BGB Mehrwertsteuer auf Reparaturkosten nur dann ersetzt verlangt werden könne, sofern eine entsprechende Mehrwertsteuer (auf Reparaturkosten) tatsächlich entrichtet worden sei. Der Klageforderung liege eine unzulässige Kombination fiktiver und konkreter Schadensabrechnung zugrunde.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die das Urteil des Amtsgerichts unter Vertiefung ihrer erstinstanzlichen rechtlichen Ausführungen vollumfänglich angreift.
Sie beantragt,
das Urteil des Amtsgerichts Neuwied vom 07.12.2011 - Az.: 41 C 1037/11 - abzuändern und nach den Schlussanträgen der ersten Instanz zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf ihre Ausführungen in erster Instanz. Ergänzend trägt sie vor, dass im Falle eines Schadensersatzanspruches auf Ersatzbeschaffung keine Mehrwertsteuer angefallen wäre, da es das geschädigte Fahrzeug der Klägerin auf dem Markt nur regelbesteuert und nicht differenzbesteuert gebe.
II.
Die ...