rechtskräftig
Leitsatz (amtlich)
1.
Auch für die Frage, ob das von den Parteien des Räumungsrechtsstreits bewohnte Gebäude ein eigenständiges Wohngebäude mit zwei Wohnungen oder unter Einbeziehung eines weiteren Komplexes – ein Gebäude mit mehr als zwei Wohnungen darstellt, kommt es auf die Verkehrsauffassung an.
2.
Maßgebend sind danach vor allem die zwangsläufigen Kontakte der Parteien zu den Bewohnern des weiteren Komplexes, insbesondere die Situation des Eingangsbereichs.
3.
Die Bedeutung eines sich über beide Komplexe erstreckenden Dachgeschosses, das von dem Beklagten des Räumungsprozesses bewohnt wird, ist demgegenüber nicht entscheidend. Das gleiche gilt für die Frage, ob beide Komplexe über eine teilweise gemeinsame Wasser- und Stromversorgung verfügen.
Verfahrensgang
AG Wipperfürth (Urteil vom 13.06.2002; Aktenzeichen 9 C 117/02) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Wipperfürth vom 13.6.2002 – 9 C 117/02 – wird zurückgewiesen.
Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 28. Februar 2003 gewährt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Beklagten auferlegt.
Tatbestand
Von der Darstellung das Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Begründung (§ 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO):
Die Berufung war zurückzuweisen, weil das Amtsgericht die Beklagten zu Recht zur Räumung verurteilt hat. Die Kündigung des Klägers vom 19.4.2001 ist gemäß § 564b Abs. 4 BGB a.F. wirksam, so dass das Mietverhältnis der Parteien zum 31.10.2001 beendet worden ist.
Das von den Parteien bewohnte Haus (Nr. 35) stellt ein Wohngebäude mit zwei Wohnungen im Sinne des gemäß § 564b Abs. 4 BGB a.F. dar. Die allein zwischen den Parteien streitige Frage, ob das Nachbarhaus (Nr. 36) als Bestandteil desselben Wohngebäudes – mit dann vier Wohnungen – anzusehen ist, hat das Amtsgericht zu Recht verneint. Allerdings konnte zur Entscheidung dieser Frage der Rechtsentscheid des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 2.7.1992 (5 RE-Miet 1/92; NJW-RR 1993, 20-24) nicht herangezogen werden, weil sich dieser Rechtsentscheid ausdrücklich nicht zu der hier entscheidenden Frage, unter welchen Voraussetzungen das von den Parteien des Räumungsrechtsstreits bewohnte Gebäude im Verhältnis zu benachbarten Gebäuden als selbständiges Wohngebäude anzusehen ist, nicht verhält.
In der Literatur ist diese Frage nicht eindeutig herausgearbeitet, weil sie teils mit anderen Fragen vermengt wird. So versteht etwa Voelskow (Münchener Kommentar zum BGB, 3. Auflage 1995, § 564b Rn. 32) unter einem Wohngebäude „ein Haus, dessen Wohnungen getrennte Eingänge haben. Auch zwei auf dem Grundstück aneinandergebaute Bungalows fallen darunter; es kann nach dem Normzweck keinen Unterschied machen, ob die Wohnungen über- oder nebeneinander liegen, ob sie einen gemeinsamen Eingang oder getrennte Eingänge haben; in einem Zweifamilienhaus bilden nicht nur die baulichen Gegebenheiten das Konfliktpotential.” Heintzmann (Soergel, BGB, 12. Auflage 1997, § 564b Rn. 20) hält für entscheidend, „wie eng der unumgängliche Kontakt der Wohnungen und ihrer Benutzer ist oder ob es sich um einen Ausbau oder unselbständigen Anbau handelt. In Zweifelsfällen richtet sich die Einordnung nach der Verkehrsanschauung. So enthält ein Doppelhaus, dessen Hälften verschiedenen Eigentümern gehören, zwei Wohngebäude mit je zwei Wohnungen, wenn zu jeder Hälfte zwei Wohnungen gehören. Daran ändert sich nichts, wenn beide Hälften einem Eigentümer gehören. Entscheidend ist nicht die grundbuchrechtliche Trennung, sondern die Trennung der Gebäudeteile nach Eingängen. Auch Wohnblocks (Reihenhäuser) können daher aus mehreren Wohngebäuden … bestehen, wenn zu jedem Eingangsbereich nicht mehr als zwei Wohnungen gehören; entscheidend ist dann, ob die vermietete Wohnung in dem Eingangsbereich liegt, in dem auch der Vermieter wohnt. Das Merkmal des getrennten Eingangs ist für sich allein nicht entscheidend, bildet aber ein Indiz.” Sternel (Mietrecht, 3. Auflage 1988, IV Rn. 23) fordert: „Die Baulichkeit muß nach ihrer Art es mit sich bringen, daß Vermieter und Mieter innerhalb eines Hauses häufiger zusammentreffen können, auch wenn es nicht unbedingt erforderlich ist, daß beide Wohnungen einen gemeinsamen Eingang oder Hausflur haben. Das kann – je nach Anlage – bei nebeneinander liegenden Reihen- oder Terrassenhäusern oder Bungalowsverneint werden.” Nach Blank (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 7. Auflage 1999, Rn. 315) kann von einem Wohngebäude nicht ausgegangen werden, „wenn eine Hälfte eines Doppelhauses vom Vermieter genutzt wird, während die andere vermietet ist. Dieselbe Situation besteht bei Wohnungen, die voneinander völlig unabhängig sind, wie etwa übereinander liegende Terrassenwohnungen ohne gemeinsamen Eingang und ohne sonstige Berührungspunkte. Maßgeblich ist, ob die beiden Wohnungen so verbunden sind, dass nach der Verkehrsauffassung von einem einzigen Gebäude gesprochen wird.” Schließlich ist die Vorschrift nach Emmerich/Sonnenschein/Wietemeyer (Miete ...