Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Tagessatzhöhe bei einem Hartz-4-Empfänger
Tenor
Die Berufung wird mit der Maßgabe verworfen, dass die Tagessatzhöhe auf 5,-- EUR ermäßigt und dem Angeklagten gestattet wird, die Geldstrafe in monatlichen Raten von 50,-- EUR zu zahlen, beginnend mit dem auf die Rechtskraft des Urteils folgenden Monat.
Die Kosten der Berufung trägt der Angeklagte, jedoch wird die Gebühr um die Hälfte ermäßigt; von den notwendigen Auslagen des Angeklagten in der Berufungsinstanz werden der Staatskasse die Hälfte auferlegt; im Übrigen trägt der Angeklagte sie selbst.
Gründe
Das Amtsgericht hat den Angeklagten mit dem angefochtenen Urteil wegen vorsätzlicher Körperverletzung gemäß §§ 223, 230 StGB zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 10,- EUR verurteilt.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt, die er auf die Anfechtung des Strafmaßes beschränkt hat.
Die Berufung des Angeklagten hat in der Sache einen Teilerfolg insoweit, als sie zu einer Ermäßigung der Tagessatzhöhe auf 5,- EUR führt.
Durch die wirksame Beschränkung der Berufung sind der Schuldspruch des angefochtenen Urteils und die ihn tragenden Feststellungen in Rechtskraft erwachsen. Damit steht für die Kammer bindend der Sachverhalt fest, den das Amtsgericht auf Seite 3, 3. bis 5. Absatz der Gründe des angefochtenen Urteils (BI. 38 d.A.) wie folgt dargestellt hat:
"Am 05.09.2009 kam es kurz vor 18:45 auf dem Sportplatz in der Färberstraße in Radevormwald zu einer Auseinandersetzung zwischen dem damals nicht ganz 10 Jahre alten Sohn des Angeklagten, der sich in Begleitung seines Cousins und eines Schulfreundes befand und dem am 31.3.1994 geborenen Zeugen C.L. In deren Verlauf der Zeuge L. den Sohn des Angeklagten zu Boden stieß. Der Sohn des Angeklagten erlitt im Verlauf dieser Auseinandersetzung eine Thoraxprellung und eine Prellung des oberen linken Sprunggelenkes.
Hiervon berichteten die Begleiter des Sohnes des Angeklagten dem Angeklagten. Dabei erzählten sie ihm auch, der Zeuge L. habe auf den am Boden liegenden Sohn des Angeklagten eingetreten.
Der Angeklagte, der sich durch das ihm berichtete Verhalten des Zeugen L. provoziert fühlte, begab sich daraufhin an die oben geschilderte Örtlichkeit. Dort kam es zunächst zu einer verbalen Auseinandersetzung, in deren Verlauf der Zeuge L. den Angeklagten als "alten Sack" bezeichnete. Daraufhin schlug der Angeklagte dem Zeugen 2 Mal mit der flachen Hand in das Gesicht, wodurch der Zeuge L. eine Gesichtsprellung erlitt."
Diesen Sachverhalt hat der Angeklagte im Übrigen auch in der Hauptverhandlung vor der Kammer vollumfänglich und glaubhaft eingeräumt.
Der erforderliche Strafantrag durch die gesetzlichen Vertreter des Geschädigten ist rechtzeitig am 5.9.2009 gestellt. Gemäß § 77 Abs. 3 StGB konnten angesichts der Minderjährigkeit des Geschädigten nur seine Eltern als gemeinsame gesetzliche Vertreter den Strafantrag stellen.
Das Erfordernis der gemeinsamen Vertretung schließt indes nicht aus, dass ein Elternteil allein die Antragserklärung gern. § 158 11 StPO abgibt. Der andere muss dann aber sein Einverständnis erklärt oder nachträglich innerhalb der Antragsfrist seine Zustimmung erteilt haben (vgl. BGH LM Nr. 2 zu § 61 aF); beides kann formlos geschehen (Schönke-Schröder, Kommentar zum StGB, 28. Auflage 2010, § 77 Rdnr. 16 m.w.N.).
Hier hat zwar neben dem minderjährigen Geschädigten lediglich seine Mutter die Strafanzeige und den Strafantrag unterschrieben. Angesichts des Umstands, dass als Anzeigenerstatter in der Strafanzeige auch der Vater des Geschädigten aufgeführt ist, zudem das ärztliche Attest im Namen beider Eltern des Geschädigten übersandt wurde und die Anzeige nach ihrem Text erstattet worden ist, nachdem der Geschädigten beiden Eltern von dem Vorfall erzählt hatte, steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Mutter des minderjährigen Geschädigten den Strafantrag auch im Namen ihres Gatten mit dessen Vollmacht gestellt hat.
Zur Person des Angeklagten hat die Hauptverhandlung vor der Kammer zu folgenden Feststellungen geführt:
Der heute 50 Jahre alte Angeklagte wuchs bis zu seinem 9. Lebensjahr im Haushalt seiner Eltern in Italien auf. Er hat 11 Geschwister, von denen 10 jünger und eins älter als er sind. Sein 2009 verstorbener Vater war von Beruf Arbeiter, seine Mutter Hausfrau. in Italien besuchte der Angeklagte 3 Jahre lang die Schule. Nach seiner Übersiedlung mit seiner Familie nach Deutschland besuchte der Angeklagte keine Schule, da er die deutsche Sprache nicht beherrschte. Er wurde von den Eltern nach Italien zu seinen Großeltern zurückgeschickt, wo er jedoch ebenfalls nicht in die Schule ging, sondern zu landwirtschaftlichen Tätigkeiten herangezogen wurde. Im Alter von 14 Jahren .kehrte er nach Deutschland zurück und arbeitete zunächst in einem Sägewerk im Schwarzwald und anschließend in einer Tiefbaufirma. 1977 verzog er nach Remscheid und hatte verschiedene Arbeitsstellen in einer Werkzeugfabrik, einer Schlosserei und nach kurzer Arb...