Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablesung und Schätzung bei der Heizkostenabrechnung
Orientierungssatz
1. Der Vermieter hat einen vertraglichen Anspruch gegen den Mieter auf Gewährung des Zutritts zur Mietwohnung, um die Geräte zur Erfassung des Wärmeverbrauchs ablesen zu lassen.
2. Zur Durchsetzung dieses Anspruches muß sich der Vermieter notfalls gerichtlicher Hilfe (einstweilige Verfügung) bedienen.
3. Werden in einem Wohnkomplex (hier: 97 Wohnungen) über das allenfalls tolerable Maß von 5-10% hinausgehend 25% der Verbrauchswerte schätzweise erfaßt, so ist mangels ordnungsgemäßer Rechnungslegung kein fälliger Anspruch auf Zahlung der Heizkosten gegeben.
Gründe
Mit Recht hat das AG die auf Zahlung der Abrechnungsbeträge aus den Nebenkostenabrechnungen 1981/82 und 1982/83 gerichtete Klage abgewiesen. Denn der Anspruch der Klägerin ist jedenfalls derzeit noch nicht fällig. Die vorgelegten Abrechnungen genügen nämlich nicht den Anforderungen, die an eine der Vorschrift des § 259 BGB genügende Rechnungslegung zu stellen sind.
Gemäß § 666 BGB hat der Vermieter, der im Mietvertrag die Versorgung des Mieters mit Wärme übernommen hat, nach Ablauf der jeweils vereinbarten Abrechnungsperioden über die nach dem Vertrag umlagefähigen Heizkosten und den Anteil des Mieters hieran Rechenschaft zu legen. Diese Rechnungslegung besteht darin, daß er dem Mieter eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und gegebenenfalls Belege vorzulegen hat. Die Rechnungslegung ist indessen nicht ordnungsgemäß und vermag einen fälligen Zahlungsanspruch nicht zu begründen, wenn sie zu einem erheblichen Teil nicht auf tatsächlich vorhandenen Werten, sondern auf Schätzungen beruht. Dies ist vorliegend aber bei beiden Abrechnungen, die Gegenstand dieses Rechtsstreits sind, der Fall. Denn unstreitig sind in der Abrechnungsperiode 1981/82 ca. 30% und in der Abrechnungsperiode 1982/83 ca. 25% der an den Heizkörpern angebrachten Wärmemeßgeräte des gesamten Wohnkomplexes nicht abgelesen worden. Insoweit hat die Klägerin die Verbrauchswerte lediglich im Wege der Schätzung ermittelt, wobei sie dieser Schätzung die abgelesenen Werte zugrunde gelegt hat. Es kann dahinstehen, ob dieses Verfahren hingenommen werden kann, wenn nur ein relativ geringfügiger Teil der Heizkörper der Heizungsanlage nicht abgelesen, sondern deren Verbrauch im Wege der Schätzung ermittelt wird. Es kann jedoch nicht mehr als zulässig angesehen werden, der Heizkostenabrechnung Verbrauchswerte zugrunde zu legen, die zu ca. 25 bzw. 30% nicht auf einer tatsächlichen Ablesung der Wärmemeßgeräte, sondern auf einer Schätzung beruhen. Diese Schätzwerte übersteigen ein allenfalls tolerierbares Maß von etwa 5 bis 10% bei weitem.
Dem Einwand der Klägerin, daß durch die hier vertretene Auffassung die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Heizkostenabrechnung zu hoch geschraubt würden, vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Grundsätzlich ist es Aufgabe des Vermieters, dafür Sorge zu tragen, daß er eine Heizkostenabrechnung entsprechend dem tatsächlich angefallenen Verbrauch erstellen kann. Auf Grund des Mietvertrages hat er auch einen Anspruch gegenüber dem Mieter auf Gewährung des Zutritts zu den Mieträumen, um die Wärmemeßgeräte an den Heizkörpern ablesen zu lassen. Zur Durchsetzung dieses Anspruches genügt es nicht, wenn der Vermieter durch sein Wärmedienstunternehmen einen oder zwei Ablesetermine festsetzen läßt und wenn diese Termine durch einen Aushang im Hausflur, Treppenhaus oder Aufzug bekannt gemacht werden. Macht ein Mieter an den bekanntgegebenen Terminen seine Wohnung dem Vermieter oder dem von ihm beauftragten Wärmedienstunternehmen nicht zugänglich, so ist es Aufgabe des Vermieters, diesen Mieter durch andere geeignete Maßnahmen zur Duldung der Ablesung der Wärmemesser anzuhalten. Notfalls muß er sich gerichtlicher Hilfe, etwa durch einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung, bedienen. Dies gilt auch dann, wenn es sich um einen aus zahlreichen Einheiten bestehenden größeren Wohnkomplex handelt. Auch in diesem Falle ist ein vertragstreuer Mieter nicht verpflichtet, eine Heizkostenabrechnung hinzunehmen, die in wesentlichen Teilen auf einer Schätzung der verbrauchten Wärmeeinheiten beruht.
Der Klägerin kann schließlich entgegen ihrer Auffassung auch kein um 15% verringerter Abrechnungssaldo zuerkannt werden. Denn die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Nr. 4 HeizkostenVO, auf den sich die Klägerin insoweit beruft, sind nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift hat der Mieter das Recht, bei einer nicht verbrauchsabhängigen Abrechnung der Heizkosten den auf ihn entfallenden Anteil um 15% zu kürzen, wenn der Vermieter entgegen den Vorschriften der HeizkostenVO keine Ausstattungen zur Verbrauchserfassung angebracht hat. Im vorliegenden Falle waren jedoch sämtliche Heizkörper des Wohnkomplexes mit Wärmemeßgeräten versehen. Eine entsprechende Anwendung der genannten Bestimmung scheidet aus, da es sich hierbei um eine Ausnahme...