Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Mietvertragsklausel über die turnusmäßige Abrechnung von Nebenkosten
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft &,Mietrecht WuM)
Die im Mietvertrag enthaltene Klausel, die bestimmt, daß die Abrechnung des Vermieters über die Betriebskosten jährlich bis zum 30. Juni zu erfolgen hat, ist grundsätzlich keine vereinbarte Ausschlußklausel.
Tatbestand
(Aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die Beklagte mietete von der Klägerin gemäß Mietvertrag v. 27. 1. 1989 eine Wohnung zu einem Mietzins von damals 726,15 DM und Nebenkosten in Höhe von 150, DM.
In § 3 Ziffer 2 des Vertrages heißt es: "Bei den Nebenkosten handelt es sich um eine Abschlagszahlung (s. Punkt 4)."
§ 3 Ziffer 4 des Vertrages lautet: "Soweit die Nebenkosten gemäß Ziffer 2 u. 3 nicht als fester Betrag vereinbart sind, sondern abhängig von den dem Vermieter tatsächlich entstandenen Kosten, muß die Abrechnung jährlich bis zum 30. Juni erfolgen. Etwaige anteilige Umlagen erfolgen gemäß Punkt 3. Nachzahlungen bzw. Guthaben sind beim nächsten Mietzahlungstermin zu leisten bzw. zu verrechnen."
Die Klägerin erstellte unter dem Datum des 10. 5. 1995 die Nebenkostenabrechnung für die Jahre 1991 bis 1994, die mit einem Saldo zu Lasten der Beklagten in Höhe von 4262,34 DM schließt. Gleichzeitig wurde die monatliche Vorauszahlung von 150, DM auf 250, DM erhöht. Die Beklagte zahlte hierauf für 1994 1/4 des Betrages, insgesamt 1065,59 DM. Den Restbetrag begehrt die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit.
Die Klägerin behauptet, sie habe jedes Jahr gemeinsam mit der Beklagten die Zählerstände abgelesen. Im Rahmen des Ablesens habe sie jedesmal darauf aufmerksam gemacht, daß die Nebenkostenabrechnungen noch erfolgen würden. Diese seien auch zumindest am Rande mehrfach Thema von Gesprächen mit der Beklagten gewesen. Zu keinem Zeitpunkt habe die Beklagte erklärt, sie werde die Nebenkostenabrechnungen nicht akzeptieren. Eines dieser Gespräche habe im Sommer 1993 oder 1994 stattgefunden. Die Beklagte habe sie sogar auf die Nebenkostenabrechnungen angesprochen. Sie habe seinerzeit geantwortet, daß sie die Nebenkostenabrechnungen in jedem Falle noch erstellen werde.
Die Beklagte behauptet, sie habe sich als alleinerziehende Mutter budgetmäßig darauf eingerichtet, daß die Nebenkosten für 1991 bis 1993 nicht mehr geltend gemacht würden. Wenn ihr bekannt gewesen wäre, daß die Klägerin noch Abrechnungen erstellen würde, so hätte sie Rücklagen geschaffen. Nachforderungen seien daher verwirkt. Im übrigen enthalte § 3 des Mietvertrages auch eine Ausschlußfrist für die Erstellung von Nebenkostenabrechnungen.
Das AG Limburg hat der Klage bis auf einen Teil der begehrten Zinsen stattgegeben. § 3 Ziffer 4 des Mietvertrages enthalte keine Ausschlußfrist. § 3 Ziffer 4 des Vertrages könne auch nicht über § 5 AGB-Gesetz als Ausschlußklausel verstanden werden. Die Nachforderungen für die Jahre 1991 bis 1994 seien auch nicht verwirkt.
Entscheidungsgründe
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung der Nebenkostennachzahlung für die Jahre 1991 bis 1994 zu.
Dieser Anspruch ist nicht durch die Überschreitung der im Mietvertrag unter § 3 Ziffer 4 vereinbarten Abrechnungsfrist ausgeschlossen. Das AG ist zu dem betreffenden Ergebnis gelangt, daß es sich bei dieser Klausel nicht um eine Ausschlußfrist handelt.
Die Vereinbarung enthält eine ausdrückliche Bestimmung nur hinsichtlich des Termins zur Abrechnung über die Nebenkosten. Die bei einer nicht fristgerechten Abrechnung eintretenden Rechtsfolgen sind nicht geregelt. Der Sinn und Zweck der Vereinbarung läßt sich angesichts der Bedeutung des Zeitpunktes der Abrechnung für weitere Rechtsfragen jedoch ohne weiteres ermitteln. So ist die Abrechnung Voraussetzung für die Fälligkeit der Nachforderung. Diese tritt erst ein, wenn dem Mieter eine ordnungsgemäße Abrechnung zugegangen und eine angemessene Prüfungsfrist verstrichen ist (Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., III 374;BGHNJW 1984, 1684ff. (=WM 1984, 127)).
Das AG hat zudem zutreffend auf die Bedeutung der Abrechnung für den Beginn der Verjährungsfrist und die Entstehung etwaiger Schadensersatzansprüche des Mieters hingewiesen. Schließlich ist der Mieter, wenn wie hier die Klägerin der Vermieter nicht innerhalb der vereinbarten Frist abrechnet, berechtigt, die Vorauszahlungen für die laufende Verbrauchsperiode zurückzuhalten (Sternel, a. a. O., Rn. 369;BGH a. a. O.). Er hat zudem die Möglichkeit, seinen Anspruch auf Abrechnung einzuklagen.
Die streitige Klausel ist im Hinblick auf diese Rechtswirkungen, für die die Bestimmung des Termins, bis zu dem der Vermieter spätestens abgerechnet haben muß, Voraussetzung ist, ohne weiteres verständlich. Diese Vereinbarung erspart es den beiden Parteien, sich über die gesetzlich nicht geregelte und von der Rechtsprechung uneinheitlich beurteilte Frage zu streiten, bis zu welchem Zeitpunkt der Vermieter spätestens über die Nebenkosten abgerechnet haben muß.
Daß die Parteien mit der Klausel weitere...