Verfahrensgang

AG Bad Schwartau (Urteil vom 20.02.1997; Aktenzeichen 3 C 807/95)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20. Februar 1997 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bad Schwartau unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen geändert und wie folgt neu gefaßt:

Auf die Klage werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.540,00 DM nebst 4 % jährliche Zinsen seit dem 5. Juni 1995 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagten als Gesamtgläubiger 4.500,00 DM nebst 4 % jährliche Zinsen seit dem 6. September 1995 zu zahlen.

Im übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 71 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 29 % zu tragen.

 

Tatbestand

Von einer Darstellung des Tatbestandes wird nach § 543 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist sachlich nur teilweise begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagten gemäß § 557 Abs. 1 BGB i.V.m. § 3 Ziff. 1 und § 5 des Mietvertrages vom 15. August 1994 ein Anspruch auf Zahlung von Mietzins für die Wohnung und den Stellplatz für Juni 1995 in Höhe von 1.540,00 DM zu. Zwar hat – wie unten näher ausgeführt werden wird – die fristlose Kündigung der Beklagten vom 16. Mai 1995 das Mietverhältnis zwischen den Parteien mit dem Zugang dieses Schreibens bei dem Kläger noch im Mai 1995 beendet, die Beklagten haben die Wohnung aber erst zum Ende Juni 1995 geräumt. Bis dahin ist der Mietzins als Entschädigung an den Kläger zu zahlen. Eine über Ende Juni 1995 hinaus dauernde Zahlungspflicht besteht nicht, auch wenn unbestritten die Schlüsselrückgabe tatsächlich erst am 22. Juli 1995 erfolgte, denn der Kläger hat eine Schlüsselannahme Anfang Juli 1997 unstreitig verweigert. Er war zur Rücknahme der Schlüssel aber in jedem Fall verpflichtet, und zwar auch dann, wenn er von einem Fortbestehen des Mietverhältnisses ausging (vgl. hierzu z.B. Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze, 6. Aufl., B 501, 502).

480,00 DM Nebenkostenvorauszahlung für Juni 1995 kann der Kläger hingegen nicht mehr geltend machen, weil er die nach § 7 Abs. 1 des Mietvertrages von ihm geschuldete jährliche Abrechnung für das Jahr 1995 inzwischen hätte vornehmen müssen. Mietzinsansprüche für den Zeitraum nach Juni 1995 stehen dem Kläger nicht zu, weil das Mietverhältnis durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 16. Mai 1995, gestützt auf § 544 BGB, beendet worden ist.

Mietern wird das Recht einer fristlosen Kündigung wegen Gesundheitsgefährdung nach der herrschenden Rechtsprechung und Lehre nicht erst dann eingeräumt, wenn eine Gesundheitsschädigung schon eingetreten ist, sondern bereits dann, wenn eine erhebliche Gefährdung konkret droht (vgl. hierzu z.B. LG Saarbrücken in WUM 91, 91 ff. S. 92; Palandt, BGB, 56. Aufl., Anm. 32 zu § 544; Emmerich/Sonnenschein, Miete, 6. Aufl., Anm. 3 zu § 544 m.w.Hinweisen). Dabei gehen Rechtsprechung und Lehre davon aus, daß eine konkrete Gefährdung dann zu bejahen ist, wenn der Mieter vernünftigerweise von dem Bestehen einer erheblichen Gefahr ausgehen kann, unabhängig davon, ob diese letztlich tatsächlich gegeben ist oder nicht (vgl. z.B. Sternel, Mietrecht aktuell, 3. Aufl., 448 m.w.Hinweisen). Bei der Beurteilung der drohenden Gefährdung ist ein objektiver Maßstab anzulegen, d.h., daß nicht besondere Empfindlichkeiten des jeweiligen Mieters als Maßstab gesetzt werden dürfen, sondern der des durchschnittlichen Menschen, wobei aber eine erhebliche Gefährdung besonderer Personenkreise, wie z.B. von Säuglingen, Kleinkindern oder alten Menschen genügt (vgl. z.B. MüKo, BGB, Schuldrecht, besonderer Teil 1, 3. Aufl., 1995, Anm. 7 zu § 544). Bei der hiernach anzustellenden Wertung ist der Stand der gegenwärtigen Gesundheitslehre maßgebend (vgl. MüKo a.a.O. Anm. 7 zu § 544). Nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft sind z.B. Formaldehyd, Lindan und PCP (Pentachlorphenol) als gesundheitsschädliche Stoffe anerkannt (vgl. z.B. MüKo a.a.O. Anm. 5 a zu § 537). Herstellung und Vertrieb von PCP sind durch die Verordnung vom 12. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2235) in der Bundesrepublik verboten.

Nach dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Dr. … vom 14. August 1996 war die hier streitige Wohnung im Mai 1995 mit PCP und Lindan belastet. Diese Stoffe befanden sich in Holzteilen der Wohnung, wie z.B. Balken, Treppengeländern und Fensterteilen. Ob und in welcher Konzentration diese Schadstoffe auch in der Raumluft vorhanden waren, ist nicht bewiesen. Diesen Beweis brauchten die Beklagten nach Meinung der Kammer aber auch nicht zu erbringen, denn in Wissenschaft, Rechtsprechung und Lehre ist bisher streitig, ab welchem Grenzwert in der Raumluft eine Gesundheitsschädlichkeit anzunehmen ist (vgl. z.B. MüKo Anm. 5 a zu § 537 BGB) und angesichts dieser Lage reicht es nach der Auffassung des Gerichts aus, wenn allein die Tatsache der Schadstoffbelastung in der Wohnung bewiesen ist. Es konnte den Beklagten als Eltern v...

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