Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Zwangsvollstreckung
Leitsatz (amtlich)
Bei der Vollstreckung von Unterhalts- und Auskunftsansprüchen ist angesichts der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich.
Normenkette
ZPO §§ 114, 121 Abs. 2 S. 1 Alt. 1
Verfahrensgang
AG Celle (Beschluss vom 21.10.1999; Aktenzeichen 26 M 12352/99) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Celle vom 21. Oktober 1999 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Zwangsvollstreckung für die Dauer von sechs Monaten ab Erlass dieses Beschlusses aus dem Versäumnisurteil des Amtsgerichts Elmshorn vom 07. September 1999 – Aktenzeichen: 44 F 84/99 – ohne Raten bewilligt. Ihr wird Rechtsanwalt … beigeordnet.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde der Gläubigerin hat Erfolg.
Ihr Antrag vom 05. Oktober 1999, ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt … zum Zwecke der Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil des Amtsgerichts Elmshorn vom 07. September 1999 zu gewähren, hat das Amtsgericht Celle mit Beschluss vom 21. Oktober 1999 nur eingeschränkt insoweit bewilligt, als es die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt hat. Insoweit hat die Gläubigerin gegen diesen Beschluss mit Erfolg Beschwerde eingelegt.
Im Zwangsvollstreckungsverfahren wird einer Partei im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe ein Rechtsanwalt nur dann beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt „erforderlich erscheint” (§ 121 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Diese Erforderlichkeit bestimmt sich nach objektiven und subjektiven Merkmalen.
Maßgebend sind Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache sowie die Fähigkeit der Hilfsbedürftigen, sich mündlich und schriftlich auszudrücken. In der Rechtsprechung ist allgemein anerkannt, dass in der Mobiliarzwangsvollstreckung eine Partei regelmäßig nicht anwaltlichen Beistandes bedarf, um den Gerichtsvollzieher zu beauftragen, solange nicht rechtliche Schwierigkeiten auftreten. Dagegen wird in der Rechtsprechung überwiegend die Auffassung vertreten, dass für die Unterhaltsvollstreckung angesichts der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten ein Anwalt in der Regel beizuordnen ist (Zöller/Phillippi, ZPO, 21. Auflage, § 121 Rn. 8; Hartmann in Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 58. Auflage, § 121 Rn. 50; LG Aachen, Jur.Büro 1993, 688; LG Heilbronn MDR 1991, 450; LG Siegen Rechtspfleger 1988, 41). Nach Auffassung der Kammer ist diese Rechtsprechung im vorliegenden Fall anzuwenden.
Es geht hier um die Erlangung von Auskunft und die Vollstreckung von Unterhaltsforderungen. Dabei bedarf es im besonderen Maße des schnellen Zugriffs auf das Schuldnervermögen. Insoweit ist es einem beigeordneten Rechtsanwalt viel leichter möglich, präzise sachgerechte Anträge zu stellen, gegebenenfalls Rechtsbehelfe einzulegen und so den gewünschten Erfolg herbeizuführen. Die Gläubigerin kann im vorliegenden Fall auch nicht sachgerecht an die Rechtsantragstelle des örtlichen Amtsgerichts verwiesen werden, um hier Hilfe in Anspruch zu nehmen. Diese Möglichkeit führt nämlich – was auch in dem vorliegenden Fall belegt werden kann – zu einer unerwünschten Ungleichbehandlung des „Armen”. Während nämlich diejenige Mutter, die sich einen Rechtsanwalt leisten kann, diesem durch einen bloßen Telefonanruf den Auftrag zur Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen erteilen und sich im Übrigen wieder ihren Kindern widmen kann, muss diejenige Mutter, der wie vorliegend die finanziellen Mittel fehlen, unter erheblichem Zeitaufwand selbst Erkundigungen über die durchzuführenden rechtlichen Schritte einholen und die Versorgung der Kinder zumindest vorübergehend einer anderen Person überlassen.
Dies gilt insbesondere für den Auskunftsanspruch der Gläubigerin, der gemäß § 888 Abs. 1 ZPO zu vollstrecken ist. So stellte im Hinblick hierauf auf telefonische Nachfrage eines Kammermitglieds bei der Rechtsantragstelle des Amtsgerichts Pinneberg einer der zuständigen Rechtspfleger die Nachfrage, ob denn wegen der Verurteilung zur Auskunft in dem Urteil nicht stehe, was bei Nichterteilung geschehe. Als dies verneint wurde, meinte der zuständige Rechtspfleger, da müsse die Partei an das Prozessgericht schreiben, damit dieses sage, was geschehen solle, wenn keine Auskunft erteilt werde.
Diese Auskunft der Rechtsantragstelle belegt, mit welchem erheblichen Zeitaufwand die Gläubigerin selbst Erkundigungen über die durchzuführenden rechtlichen Schritte einholen muss; angesichts dieser tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten ist daher hier die Beiordnung eines Rechtsanwalts insgesamt erforderlich.
Es macht vor diesem Hintergrund für die Kammer keinen Sinn, einzig die einleitende Maßnahme einer Mobiliarzwangsvollstreckung, also der Beauftragung des Gerichtsvollziehers, aus dem Bereich der Anwaltsbeiordnung auszune...