Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnraummiete: Auslegung einer teilunwirksamen Formularklausel über die Fälligkeit der Kaution

 

Orientierungssatz

Die Klausel in einem Wohnungsmietvertrag, die den Mieter verpflichtet, bei Vertragsschluß die Kaution in voller Höhe zu zahlen, ist nicht (insgesamt) nichtig, sondern dahingehend auszulegen, daß der Mieter die Kaution in drei gleichen Monatsraten zu zahlen hat.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 11.05.1999 verkündete Urteil des Amtsgerichts Winsen/Luhe teilweise abgeändert und insgesamt, wie folgt, neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten, die in erster Instanz der Beklagten ... entstanden sind, tragen die Kläger.

 

Tatbestand

Mit schriftlichem Mietvertrag vom 29.05.1996 mieteten die Kläger eine 2-Zimmer-Wohnung von der Beklagten. In § 10 Nr.1 des Mietvertrages trafen die Parteien folgende Formularvereinbarung:

"Der Mieter leistet bei Abschluss des Mietvertrages vor Übergabe der Wohnung eine Mietsicherheit i.H.v. 2.880,00 DM, höchstens jedoch i.H.d. dreifachen Monatsmiete. Nebenkosten, über die gesondert abzurechnen ist, bleiben unberücksichtigt."

In § 27 des Mietvertrages vereinbarten die Parteien unter Nr.2, dass der Mieter dem Vermieter die durch die Vertragsausfertigung und Wohnungsübergabe entstandenen Kosten i.H.v. 287,50 DM einschließlich Mehrwertsteuer erstattet. Die Nettokaltmiete einschließlich Stellplatz beträgt 960,00 DM. Die Kläger entrichteten die Kaution i.H.v. 2.880,00 DM am 29.05.1996 der Beklagten bar. Mit der Klage begehren sie bei fortbestehendem Mietverhältnis die Rückzahlung der geleisteten Kaution nebst Zinsen sowie der Vertragsausfertigungs- und Wohnungsübergabegebühren.

Das Amtsgericht hat der Klage - bis auf einen Teil der Zinsforderung - stattgegeben.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat Erfolg.

Die Kläger haben gegenwärtig keinen Anspruch auf Rückzahlung der von ihnen geleisteten Mietkaution gem. § 812 Abs.1 Satz 1, 1.Alternative BGB. Die Mietkaution ist nicht ohne Rechtsgrund entrichtet worden.

Zwar ist die in § 10 Nr.1 des Mietvertrages vereinbarte Formularklausel nichtig, soweit sie die Kläger entgegen § 550 b Abs.1 Satz 3 BGB bei Abschluss des Mietvertrages vor Übergabe der Wohnung zur Zahlung der Mietkaution verpflichtet. Nach § 550 b Abs.1 Satz 3 BGB ist der Mieter berechtigt, die Kautionssumme in drei gleichen monatlichen Teilleistungen zu erbringen. Diese Regelung ist gem. § 550 b Abs.3 BGB zwingend, von ihr können die Parteien nicht zum Nachteil der Mieter abweichen. § 10 Nr.1 des Mietvertrages schließt jedoch das Recht des Mieters zur Ratenzahlung aus. Der Wortlaut der Klausel ist insofern eindeutig und lässt eine andere Interpretation dahin gehend, dass auch Ratenzahlungen möglich seien, nicht zu (vgl. OLG Hamburg, WM 1991, 385, 387; Landgericht Hamburg WM 1990, 416, 417; Landgericht München, WM 1994, 370).

Dieser Verstoß führt jedoch nicht dazu, dass die Kautionsvereinbarung der Parteien über die Mietkaution insgesamt nichtig ist, sondern lediglich dazu, dass wegen des Schutzzweckes der Norm ... nur dieser Teil der Kautionsvereinbarung unwirksam ist.

Zwar ist aus Gründen der Rechtssicherheit und auch zum Schutz des Vertragspartners des Verwenders eine Klausel, die der Inhaltskontrolle nicht Stand hält, in der Regel insgesamt unwirksam. Ein Aufrechterhalten der Rechtswirkungen mit dem gerade noch zulässigen Inhalt (sogenannte geltungserhaltende Reduktion) ist ausgeschlossen. Bei selbstständigem, auch zusammenhängendem Regelungscharakter verschiedener trennbarer Teile einer Klausel erfasst die Unwirksamkeit des einen Teils allerdings nicht zwingend auch den anderen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass sich die vorformulierte Regelung nach ihrem Wortlaut aus sich heraus sinnvoll und verständlich in einen (weiterhin wirksamen) inhaltlich zulässigen und einen (unwirksamen) inhaltlich unzulässigen Teil trennen lässt (Hannemann, Handbuch des Mietrechts, Kapitel 17, Fach 10, S.1 m.w.N. zur Rechtsprechung).

So liegt es hier. § 10 Nr.1 des Mietvertrages enthält im Hinblick auf die Höhe und die Fälligkeit Vereinbarungen mit selbstständigem Regelungscharakter. Es kann ohne weiteres sinnvoll zwischen der zulässigen Vereinbarung einer Barkaution zum einen und der unzulässigen Vereinbarung einer vorzeitigen Fälligkeit der Gesamtkaution zum anderen unterschieden werden. Hieraus folgt, dass lediglich die vorzeitige Fälligkeit der Gesamtkaution unwirksam ist.

Diese Auslegung entspricht der ganz überwiegenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur, die in diesem Fall sowie bei der vergleichbaren Problematik bei Vereinbarung überhöhter Mietkautionen unter Verstoß gegen § 550 b Abs.1 Satz 1 BGB lediglich eine Teilunwirksamkeit der Formularklausel annimmt (vgl. BGH NJW 1989, 1853; Landgericht Bremen, NJW-RR 1993, 19; Landgericht Berlin, WM 1992, 472, 473; Palandt-Putzo, BGB, 58.Aufl., § 550 b Rdnr.4 a.E.; Münchner Kommentar-Voelskow, BGB, 3.Aufl., § 550 b Rdnr.16; Staudinger-Emmerich, BGB...

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