Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachbarschutz: Unterlassungsanspruch eines Grundstückseigentümers gegen das Betreten seines Grundstücks und darauf abgestellter Fahrzeuge durch Katzen des Nachbarn
Orientierungssatz
1. Ein Grundstückseigentümer hat aufgrund des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis ein Betreten seines Grundstücks durch Katzen des Nachbarn grundsätzlich zu dulden.
2. Jedoch muß er darüberhinaus weitergehende Beeinträchtigungen durch Katzen des Nachbarn allenfalls in geringfügigem Umfang hinnehmen.
3. Um eine solche geringfügige Beeinträchtigung handelt es sich nicht mehr, wenn die Katzen des Nachbarn auf dem Grundstück abgestellte Fahrzeuge betreten (und Verschmutzungen und in einem Fall Lackkratzer verursachen). Der Katzenhalter muß dann geeignete Maßnahmen ergreifen, um seine Katzen von den Fahrzeugen des Grundstücksnachbarn fernzuhalten.
Tenor
Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das am 16.09.1999 verkündete Urteil des Amtsgerichts Lüneburg geändert.
Die einstweilige Verfügung vom 30.06.1999 wird bestätigt.
Die Verfügungsbeklagte trägt auch die weiteren Kosten des Verfügungsverfahrens.
Gründe
Die Berufung hat Erfolg.
Der Verfügungskläger hat gem. §§ 862 Abs.1 Satz 2, 858 und 1004 Abs.1 Satz 2 BGB gegen die Verfügungsbeklagte einen Unterlassungsanspruch dahin gehend, dass die beiden von ihr gehaltenen Katzen nicht seine beiden Kraftfahrzeuge betreten. Die Verfügungsbeklagte hat demnach geeignete Maßnahmen zu ergreifen, damit ihre Katzen nicht die Fahrzeuge des Verfügungsklägers betreten, wenn diese auf dem Hausgrundstück im Carport bzw. daneben abgestellt sind.
Der Verfügungskläger hat eine Störung seines Besitzes bzw. Eigentums glaubhaft gemacht. Eine Störung in diesem Sinne liegt bereits im Betreten der Fahrzeuge durch die Katzen, ohne dass es darauf ankäme, ob es hierbei zu Beschädigungen oder Verschmutzungen kommt (vgl. OLG Köln NJW 1985, 2339; Landgericht Oldenburg NJW-RR 1986, 883; Landgericht Darmstadt NJW-RR 1994, 147). Der Verfügungskläger hat eidesstattlich versichert, dass die Katzen der Verfügungsbeklagten seine Fahrzeuge jedenfalls seit März/April 1999 betreten. Nachdem es zu einem Lackschaden an seinem PKW Porsche gekommen sei, den die Versicherung der Verfügungsbeklagten nur aus Kulanzgründen zur Hälfte beglichen habe - was zwischen den Parteien unstreitig ist -, habe er am 16.06.1999 erneut eine Katze in seinem PKW VW-Golf Cabrio entdeckt. Der Verfügungskläger hat ferner glaubhaft gemacht, dass er in der Folgezeit die Katzen der Verfügungsbeklagten auf seinen Fahrzeugen am 24. und 29. September 1999, am 07., 12., 18. und 20. Oktober, am 09., 10., 11., 17., 20., 29. November und 07., 08., 09., 11. und 19. Dezember 1999 erkannt habe. Die eidesstattliche Versicherung des Verfügungsklägers wird in wesentlichen Teilen durch die eidesstattliche Versicherung seines Sohnes gestützt und ergänzt. Dem ist die Verfügungsbeklagte nicht mit Substanz entgegengetreten. Sie hat sowohl außergerichtlich mit Schreiben vom 20.04.1999 als auch schriftsätzlich, ebenso wie in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingeräumt, dass sich ihre Katzen hin und wieder auf den Fahrzeugen des Verfügungsklägers aufhielten. Ihre Katzen würden die Fahrzeugdächer als Aussichtsplattform nutzen, in der kalten Jahreszeit zögen die warmen Motorhauben der Fahrzeuge des Verfügungsklägers sie an.
Eine Wiederholungsgefahr ist ebenfalls gegeben. Die Verfügungsbeklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer dargetan, dass sie ihre Katzen, die sie sowohl zum Teil am Tage als auch nachts ins Freie lasse, nicht lückenlos beaufsichtigen und vom Betreten der Fahrzeuge des Verfügungsklägers abhalten könne. Dies gehöre zum natürlichen Verhalten der Tiere und könne nicht unterbunden werden. Die Haltung ihrer Katzen allein im Haus sei nicht möglich, weil die Tiere an freien Auslauf gewöhnt seien. Da die Verfügungsbeklagte nach ihrem eigenen Vortrag die Katzen nach wie vor auch im Freien hält, lässt sich nicht ausschließen, dass die Katzen künftig wieder die Fahrzeuge des Verfügungsklägers betreten werden.
Der Verfügungskläger ist nicht gem. §§ 1004 Abs.2, 906 Abs.1 BGB zur Duldung der von den Katzen der Verfügungsbeklagten ausgehenden Störungen verpflichtet. Nach § 906 Abs.1 BGB kann die Zuführung unwägbarer Stoffe auf das gestörte Grundstück insoweit nicht verboten werden, als die Einwirkungen die Benutzung des Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen. Das Betreten eines Grundstücks durch Katzen stellt jedoch keine Zuführung unwägbarer Stoffe dar; es kann auch nicht als ähnliche Einwirkung i.S.v. § 906 Abs.1 BGB angesehen werden. Unter "ähnliche Einwirkungen" in Sinne dieser Vorschrift sind nur Fälle zu verstehen, in denen es sich um das Eindringen von Körpern unerheblichen Umfangs handelt, deren völlige Fernhaltung tatsächlich nicht durchführbar ist (z.B. Fliegen, Bienen). Dieser Gedanke allein rechtfertigt in derartigen Fällen die Anwendung des § 906 BGB, wonach ortsübliche oder unwesentliche Einwirkungen...