Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschäftsraummietvertrag: Auslegung einer an einen Preisindex gekoppelten Mietanpassungsklausel
Orientierungssatz
Wird in einem Mietvertrag über Geschäftsräume vereinbart, daß der Mietzins bei einer Veränderung eines Preisindexes (hier: Lebenshaltungskostenindex) um mehr als 10% gegenüber dem Zeitpunkt der letzten Festsetzung durch Verhandlungen bzw im Streitfall durch ein Schiedsgutachten neu festzusetzen ist, ist eine Verminderung der Miete nur bei einer Senkung des Preisindexes möglich.
Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 50.678,85 DM nebst 7,01 % Zinsen aus DM 10.137,77 für den Zeitraum vom 4.3.1999 bis zum 6.4.1999, aus DM 20.271,54 für den Zeitraum vom 7.4.1999 bis zum 5.5.1999, aus DM 30.407,31 für den Zeitraum vom 6.5.1999 bis zum 3.6.1999, aus DM 40.543,08 für den Zeitraum vom 4.6.1999 bis zum 3.7.1999 und aus DM 50.678,85 seit dem 4.7.1999 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 65.000 DM vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen Sicherheit durch Beibringung einer unbedingten, unbefristeten, unwiderruflichen, selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank, einer sonstigen dem Einlagensicherungsfonds angeschlossenen Bank oder einer Sparkasse leisten.
Tatbestand
Die Kläger begehren die Zahlung von rückständigem Mietzins für angemietete Geschäftsräume; im Wesentlichen streiten die Parteien um die Höhe des von der Beklagten geschuldeten Mietzinses. Zwischen den Parteien besteht ein Mietvertrag vom 25. 11./12. 12. 1991; diesem Vertrag zufolge vermieten die Kläger Räume im Anwesen S Str. ... in S, dessen Eigentümer sie sind, an die Beklagte zum Betrieb einer Bankgeschäftsstelle. Gemäß § 4 des Vertrags waren für die Mieträume im Erdgeschoss bis zum 31. 12. 1992 als Mietzins 40 DM/qm pro Monat, für die Zeit vom 1. 1. 1993 bis zum 31. 12. 1993 45 DM/qm pro Monat und ab dem 1. 1. 1994 50 DM/qm pro Monat vereinbart. Im Erdgeschoss bemisst sich die vermietete Fläche gemäß 1. Nachtrag zum Mietvertrag vom 30. 4. / 27. 5. 1992 auf 223,31 qm. Für die Mieträume im 1. Obergeschoss sind 22 DM/qm vereinbart. Im Obergeschoss beträgt die Mietfläche gemäß 1. Nachtrag zum Mietvertrag 188,96 qm. Der sich rechnerisch ergebende monatliche Gesamtmietzins beträgt 15322,62 DM. Dieser ist gemäß § 4 Abs. 3 des Vertrags spätestens am dritten Werktag eines jeden Monats zu zahlen.
Hauptstreitpunkt zwischen den Parteien ist § 6 des Vertrags. Dieser lautet wie folgt:
"§ 6 Mietzinsänderungsklausel"
1. Für den Fall, dass sich der Preisindex für die Lebenshaltung von 4-Personen-Haushalten von Arbeitern und Angestellten mit mittlerem Einkommen des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden (1985 = 100 oder ein entsprechender Index auf neuester Basis) um mehr als 10 % gegenüber dem Zeitpunkt des Mietbeginns und jeder späteren Mietzinsfestsetzung verändert, ist auf Antrag einer der beiden Vertragsparteien unverzüglich eine Neufestsetzung des Mietzinses zu vereinbaren.
2. Die Änderung des Index von mehr als 10 % soll hierbei Bedingung für die Aufnahme von Verhandlungen über die Neufestsetzung des Mietzinses sein; die Vertragschließenden sind jedoch bei diesen Verhandlungen in ihrer Entscheidung frei, ob und in welchem Umfang der Mietzins geändert werden soll. Die vereinbarte Mietpreisveränderung soll nicht über die Indexveränderung seit der letzten Mietpreisvereinbarung hinausgehen. Nach erzielter Einigung tritt der neue Mietzins an die Stelle des bisherigen, und zwar vom Ersten des auf den Antrag folgenden Monats.
3. Sofern die Verhandlungen zwischen den Vertragsparteien innerhalb von 2 Monaten nicht zu einer Einigung über die Neufestsetzung des Mietzinses geführt haben, ist die Entscheidung durch einen von der für den Ort zuständigen Industrie- und Handelskammer zu benennenden Schiedsgutachter (Sachverständigen) zu treffen. Der Schiedsgutachter hat die Voraussetzung und Bestimmungen der Ziff. 1 und 2 zu überprüfen und einzuhalten; er hat bei der Neufestsetzung des Mietzinses die ortsüblichen Mietsätze für nach Lage und Eignung vergleichbare Räume zu berücksichtigen.
4.
..."
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vertrags wird auf diesen Bezug genommen.
Unstreitig stieg der Preisindex für die Lebenshaltung von 4-Personen-Haushalten von Arbeitern und Angestellten mit mittlerem Einkommen des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden seit Vertragsschluss bis zum März 1996 um mehr als 10 %. Mit Schreiben vom 8. 3. 1996 an den die Kläger vertretenden Rechtsanwalt Dr. H beantragte die Beklagte eine Änderung des Mietzinses auf das damals ortsübliche Niveau für nach Lage, Eignung und Ausstattung vergleichbare Räume in S, S Str., nämlich für die Flächen im Erdgeschoss auf DM 30/qm und für die Flächen im Obergeschoss auf DM 15/qm. Sie kündigte in dem Schreiben an, die Entscheidung einem Schiedsgutachter zu üb...