Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschäftsraummiete: Auslegung einer Wertsicherungsklausel, die eine Anpassung des Mietzinses beim Anstieg des Lebenshaltungskostenindexes vorsieht
Orientierungssatz
Steigt die Bezugsgröße (Lebenshaltungskostenindex) einer Wertsicherungsklausel eines Geschäftsmietvertrages an und wird daraufhin eine Anpassung der Miete durch einen Sachverständigen gemäß BGB § 317 verlangt, so kann dies regelmäßig - dem üblichen Sinn und Zweck solcher Klauseln entsprechend - nur zu einer Anpassung der Miete in der Bewegungsrichtung der Bezugsgröße (Anstieg) oder zu einem Bestehenbleiben der Miete, nicht aber zu einer Änderung der Miete entgegen der Bewegungsrichtung (Herabsetzung) führen. Soll auch letzteres möglich sein, muß der dahingehende Wille der Vertragsparteien in der Klausel besonders zum Ausdruck kommen. Es entspricht dem üblichen Zweck solcher Klauseln, eine Renditesicherung vor Geldwerteinbußen infolge sinkender Kaufkraft und eine Renditesteigerung zu gewährleisten, dh die Geldentwertung auszugleichen.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen eine Sicherheitsleistung von 2.100,00 DM vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten über das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Mietanpassung, und zwar für eine Anpassung der Miete an die ortsübliche Miete (Herabsetzung der Miete).
Die Kläger -als Mieter- schlossen mit den Beklagten -als Vermieter- unter dem 24.06.1991 einen Mietvertrag über in der S.straße 5 in W. belegene Gewerberäume im Erdgeschoß (185 qm zu 20,00 DM/qm ) und Abstellräume im Keller (45 qm zu 2,00 DM/qm).
In § 4 Ziffer 4 des Mietvertrags vereinbarten die Parteien:
Sollte der Preisindex für die Lebenshaltung eines Vier-Personen- Arbeitnehmerhaushaltes mit mittlerem Einkommen (1991=100) gegenüber dem Zeitpunkt des Vertragsbeginns bzw. der letzten Mietfestsetzung um mehr als 10 % steigen, so soll die Angemessenheit der Miete überprüft und die Miethöhe neu vereinbart werden. Maßgeblich ist die ortsübliche Höhe des Mietzinses. Kommt es zu keiner gütlichen Einigung der Parteien, so soll ein von der örtlich zuständigen Handelskammer zu benennender Sachverständiger verbindlich für beide Parteien darüber entscheiden, ob und ggf. in welchem Umfang sich der Mietzins ändert. Die für die Einschaltung des Sachverständigen entstehenden Kosten tragen die Mietparteien je zur Hälfte.
Der Preisindex ist seit Abschluß des Mietvertrags im Juni 1991 um mehr als 10% gestiegen.
Der Prozeßbevollmächtigte der Kläger teilte den Beklagten unter dem 12.10.1995 mit, daß wegen der Veränderungen auf dem Gewerberaummietenmarkt eine Anpassung der Miete auf die ortsübliche Miete von 10,00 DM/qm verlangt werde und kündigte bei Ablehnung der Mietanpassung die Einholung eines Mietwertgutachtens der IHK Magdeburg an. Die Beklagten lehnten das Anpassungsverlangen der Kläger, die Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme sowie eine Beteiligung an den Kosten unter dem 24.11.1995 ab.
Durch die IHK Magdeburg wurden den Klägern auf Anfrage als Sachverständige für die Bestimmung eines Gewerbemietpreises die Sachverständigen Fritz B. und Hartmut B. benannt.
Die Kläger vertreten die Ansicht, daß die Voraussetzungen für eine Überprüfung des Mietzinses nach § 4 Ziffer 4 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrags und für die Anpassung des Mietzinses an die niedrigere ortsübliche Miete von 10,00 DM/qm vorliegen würden, weshalb die Beklagten auch verpflichtet seien, sich an den hälftigen Kosten für die Einschaltung des Sachverständigen zu beteiligen. Im übrigen vertreten die Kläger unter Hinweis auf ein Urteil des OLG Frankfurt/Main (5 U 210/84) die Meinung, daß eine einseitige Anpassung dahingehend, daß bei einer Änderung des Preisindexes immer eine Erhöhung erfolgen müsse, unzulässig sei und den guten Sitten als auch den rechtlichen Vorgaben widerspreche, weshalb die vereinbarte Anpassungsklausel die Rechtsgrundlage für eine beiderseitige Anpassung durch die Kläger (nach unten) und durch die Beklagten (nach oben) ermögliche.
Die Kläger beantragen,
1. die Feststellung, daß die Voraussetzungen für eine Anpassung des Mietzinses bezogen auf den Mietvertrag zwischen den Parteien über die Gewerbefläche im Erdgeschoß und den Abstellräumen im Keller, belegen im Hause der Beklagten, S.straße 5, W., vorliegen,
2. die Beklagten zu verurteilen, sich hälftig an den Kosten des von der Industrie- und Handelskammer Magdeburg benannten Gutachters, Herrn Hartmut B., Am W. 49, W., für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens über die Ortsüblichkeit des Mietzinses für die Geschäftsräume der Kläger, belegen im Hause der Beklagten, Erdgeschoß und Keller, S.straße 5, W., zu beteiligen,
3. hilfsweise die Beklagten zu verurteilen, sich hälftig an den Kosten eines noch zu benennenden Sachverständigen der zuständigen Handelskammer für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens über die Ortsüblichkeit des Mietzin...