Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 21.10.1999; Aktenzeichen 2/18 O 46/99) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt/Main – 18. Zivilkammer – vom 21.10.99 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.299,76 DM nebst 4 % Zinsen aus je 3.074,94 DM seit dem 04.11.98, 03.12.98, 05.01.99 und 03.02.99 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer der Beklagten beträgt 12.299,76 DM.
Von einer Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Gründe
Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung der restlichen Mieten für die Monate November 1998 bis Februar 1999 in Höhe von 12.299,76 DM. Die Beklagte ist nicht berechtigt, eine Herabsetzung der Miete auf der Grundlage des von ihr eingeholten Schiedsgutachtens des Sachverständigen … vom 10.11.1998 zu verlangen. Ihr Vorgehen widerspricht der von den Parteien im Mietvertrag vom 27.08.1987 in § 4 getroffenen Vereinbarung über die Neufestsetzung des Mietzinses.
Nach § 4 des Mietvertrages sind die Parteien berechtigt, die Aufnahme von Verhandlungen über eine Neufestsetzung des Mietzinses zu verlangen, wenn sich der vom Statistischen Bundesamt monatlich festgestellte Lebenshaltungskostenindex für Vier-Personen-Arbeitnehmer-Haushalte mit mittlerem Einkommen gegenüber dem Stande des Vertragsabschlusses oder einer Neuregelung um mehr als 10 Punkte nach oben oder nach unten verändert. Der Lebenshaltungskostenindex hat sich unstreitig nach der letzten Neufestsetzung der Miete um über 21 Prozentpunkte erhöht. Entgegen der Meinung des Landgerichts kann § 4 des Mietvertrages nicht dahin ausgelegt werden, dass diese Steigerung des Lebenshaltungskostenindexes zur Neufestsetzung einer niedrigeren Miete Anlass sein kann. Nach ganz herrschender Meinung kann bei einer Wertsicherungsklausel, wie sie hier vorliegt, die Anpassung oder Neufestsetzung der Miete nur in der gleichen Bewegungsrichtung der Bezugsgröße erfolgen, da sonst der Zweck der Klausel – Renditesicherung vor Geldwerteinbußen aufgrund Kaufkraftverlust – unterlaufen würde (vgl. Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. 1999, III.A Rn. 221; Staudinger/Emmerich, Rn. 315 vor § 535 BGB; OLG Frankfurt OLGZ 81, 96 ff.; OLG Schleswig ZMR 1992, 534 ff. mit kritischer Anmerkung von Cassing). Der Bundesgerichtshof hat zu der hier maßgebenden Auslegungsfrage noch nicht Stellung genommen, sondern sich in den auch vom Landgericht zitierten Entscheidungen (BGHZ 62, 314 ff.; NJW 1975, 1557 ff.) nur zu den Unterschieden zwischen einer vereinbarten Anpassung und Neufestsetzung Stellung genommen.
Der Senat folgt dem 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt in der oben zitierten Entscheidung darin, dass bei der Anknüpfung der Anpassungsmöglichkeit an die Veränderung einer Größe eine entgegengesetzte Veränderung der Miethöhe dem Willen der Vertragsparteien so fernliegt, dass dies im Vertrag deutlich zum Ausdruck gebracht werden müsste. Entgegen der Meinung des Landgerichts ist deswegen auch die Klausel nicht unklar, so dass für die Anwendung der Unklarheitenregel in § 5 AGB-Gesetz kein Raum ist. Um das von der Beklagten erstrebte Ziel, die Bindung des Mietzinses an die Bewegungen des ortsüblichen Geschäftsraummietzinses zu erreichen, hätte sie mit dem Kläger vereinbaren müssen, dass in bestimmten zeitlichen Abständen die Miete entsprechend der ortsüblichen Miete neu festzulegen sei. Nach der getroffenen Vereinbarung im § 4 des Mietvertrages ist aber das Recht der Parteien. Verhandlungen über die Neufestsetzung des Mietzinses zu verlangen, von einer Veränderung des Lebenshaltungskostenindex um mehr als 10 Punkte nach oben oder nach unten abhängig. Nach der Auslegung des Landgerichts würde eine solche Veränderung des Index lediglich den Zeitpunkt markieren, in dem Verhandlungen über eine Neufestsetzung des Mietzinses entsprechend der ortsüblichen Miete zu verhandeln ist, ganz gleich, ob der Index sich nach oben oder nach unten verändert hat. Eine solche Auslegung ist aber nicht möglich. Die vereinbarte Klausel geht eindeutig davon aus, dass bei einer Erhöhung des Index die Neufestsetzung einer höheren Miete verlangt werden kann und umgekehrt. Stellt sich heraus, dass sich zwar der Lebenshaltungskostenindex erhöht, die ortsübliche Miete aber verringert hat, so muss es bei dem bisher vereinbarten Mietzins verbleiben. Die Meinung des Landgerichts würde zu der Ungereimtheit führen, dass nach der vereinbarten Klausel das Absinken des Lebenshaltungskostenindex um weniger als 10 Prozentpunkte eine Herabsetzung der Miete nicht ermöglichen würde, bei einem Ansteigen des Index von 21 Prozentpunkten – wie im vorliegenden Fall – aber die Neufestsetzung einer wesentlich niedrigeren Miete in Betracht käme.
Die Auffassung des Landgerichts lässt sich auch nicht damit begründen, dass ...