Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahlrecht des Insolvenzverwalters: Auslegung einer Erfüllungswahlerklärung für einen Eigentumswohnungskaufvertrag unter Ausschluss von Gewährleistungsrechten der Erwerber
Orientierungssatz
Wenn der Insolvenzverwalter (für eine Bauträgergesellschaft) den Erwerbern einer (von der Gemeinschuldnerin) zwischenzeitlich fertig gestellten Eigentumswohnung mitteilt, er wähle gemäß § 103 Abs. 2 S. 2 InsO die Erfüllung des (Kauf-)Vertrages mit der Maßgabe, dass er in die Gewährleistungsrechte (der Erwerber) ausdrücklich nicht eintrete, bedeutet dies eine (endgültige) Ablehnung des bisherigen Vertrages.
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der B. Bau C. + C. GmbH, HRB 4... (Amtsgericht ...), die Erfüllung des zwischen der Gemeinschuldnerin und den Klägern am 9.6.2000 geschlossenen Kaufvertrages, Urkundenrollennummer .../2000 des Notars Dr. S. R., endgültig abgelehnt hat.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 206.000,-- Euro vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Kläger nehmen den Beklagten auf Feststellung in Anspruch, dass der Beklagte als Verwalter im Konkurs über das Vermögen der Gesamtschuldnerin B. Bau C. + C. GmbH die Erfüllung des zwischen den Klägern und der Gemeinschuldnerin geschlossenen Vertrages abgelehnt hat.
Die Kläger haben am 9.6.2000 von der späteren Gemeinschuldnerin eine beim Amtsgericht A. im Wohnungsgrundbuch von W. Blatt 6 näher bezeichnete Eigentumswohnung zu einem Kaufpreis von 392.000,-- DM erworben. Zu ihren Gunsten ist im Wohnungsgrundbuch eine Auflassungsvormerkung eingetragen. Auf die notarielle Urkunde vom 9.6.2000 (Blatt 4 bis 45 d.A.) wird zum Zwecke der näheren Darstellung Bezug genommen.
Die Eigentumswohnung ist zwischenzeitlich fertig gestellt. Die Kläger haben den Kaufpreis nicht bezahlt. Die Gemeinschuldnerin hat die Wohnung weder übergeben noch übereignet.
Am 30.11.2000 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. Bau C. + C. GmbH eröffnet. Der Beklagte wurde als Insolvenzverwalter bestellt.
Mit Schreiben vom 15.12.2000 und 29.12.2000 forderten sie den Beklagten auf zu erklären, ob er den Vertrag erfüllen werde oder nicht. Mit Schreiben vom 5.1.2001 teilte der Beklagte unter Bezugnahme auf das Schreiben der Kläger vom 15.12.2000 mit:
"... wähle ich hiermit gemäß § 103 Abs. 2 Satz 2 Insolvenzordnung die Erfüllung des Vertrages mit der Maßgabe, dass ich in die Gewährleistungsrechte Ihrer Mandantschaft ausdrücklich nicht eintrete."
Mit weiterem Schreiben vom 8.1.2001 erklärte der Beklagte, dass seine abschließende Äußerung in dem Schreiben vom 5.1.2001 enthalten ist, so dass weitere Erklärungen nicht abzugeben sind und führte weiter aus:
"Soweit ... in der Zukunft tatsächlich Gewährleistungsfälle auftreten sollten, könnte über eine Abtretung der Ansprüche gegen die Handwerker verhandelt werden."
Auf die Schreiben vom 15.12.2000, 29.12.2000, 5.1.2001 und 8.1.2001 (Blatt 46 bis 50 d.A.) wird zum Zwecke der näheren Darstellung Bezug genommen.
Die Kläger widersprachen der Rechtsauffassung des Beklagten mit Schreiben vom 8.1.2001 und 22.1.2001.
Der Beklagte besteht auf Erfüllung des Kaufvertrages und forderte die Kläger zur Zahlung des Kaufpreises auf.
Die Kläger vertreten die Auffassung, dass die erhobene Feststellungsklage zulässig sei, da eine Leistungsklage unzulässig wäre. Im Übrigen wäre ihnen nicht zumutbar, den vollen Kaufpreis zur Masse zu leisten, ohne Klarheit darüber zu haben, wer ihr Gewährleistungsschuldner sei oder wie die Ansprüche gesichert seien. Die Erklärungen des Beklagten seien nicht eindeutig. Die Erklärung, den Vertrag nur ohne die Verpflichtung, Gewähr zu leisten, erfüllen zu wollen, stelle ein Angebot zum Neuabschluss eines Vertrages mit geändertem Inhalt dar, welches sie abgelehnt hätten.
Die Kläger beantragen,
festzustellen, dass der Beklagte in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der B. Bau C. + C. GmbH, HRB 4... (Amtsgericht ...), die Erfüllung des zwischen der Gemeinschuldnerin und ihnen am 9.6.2000 geschlossenen Kaufvertrages, Urkundenrolle Nummer .../2000 des Notars Dr. S. R., endgültig abgelehnt hat.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass für den Feststellungsantrag das Rechtsschutzinteresse fehle, da die Kläger bereits Leistungsklage erheben könnten. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Zu keiner Zeit habe er die Erfüllung des Kaufvertrages abgelehnt. Vielmehr habe er die Erfüllung mit Modifizierung hinsichtlich der Gewährleistungsrechte gewählt. Dies ergäbe sich ausdrücklich aus seinem Schreiben vom 5.1.2001. Eine Bedingung sei in diesem Schreiben nicht enthalten. Soweit er in dem Schreiben vom 5.1.2001 gesondert erklärt habe, dass er nicht in die Gewährleistungsrechte der Kläger eintrete, habe er lediglich auf seine Rechtsauffassung hingewiesen, die im Einklang mit der Änderung der Rechtsprechung ...