Leitsatz (amtlich)
Zur Frage des Zurückbehaltungsrechts nach § 50 BRAO bei nicht ordnungsgemäßter Abrechnung nach § 7 RVG und zur Frage, ob die Vertretung bei Erbscheinserteilung und späterer Erbscheinseinziehung zwei Angelegenheiten sind.
Tenor
1.
Der Beklagte zu 1 wird verurteilt, der Klägerin die Handakte i.S.d. § 50 Abs. 4 BRAO betreffend das Mandat "K. u. G. ./. G."- dortiges Aktenzeichen [...] - insbesondere die ihm von den Klägern übergebenen Originalunterlagen [...] herauszugeben. Im Übrigen wird die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten tragen die Kläger und der Beklagte zu 1 jeweils zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger trägt der Beklagte zu 1 zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 und der vormaligen Beklagten tragen die Kläger. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Kläger gegen den Beklagten zu 1 jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 Euro. Der Kläger kann die Vollstreckung seitens des Beklagten zu 2 und der vormaligen Beklagten jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 1.500 Euro abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte zu 2 bzw. die vormalige Beklagte jeweils Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die .
Die Kläger sind Kinder der am 27.08.2007 verstorbenen Erblasserin. Sie mandatierten die "Rechtanwälte S. & S." mit der Vertretung im Erbscheinsverfahren, wobei eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dieser Firma nicht existiert. Am 25.10.2007 wurde durch das Notariat [...] ein gemeinschaftlicher Erbschein erteilt, nach dessen Inhalt die Kläger jeweils zu 1/4 und der Ehemann der Erblasserin zu 1/2 Erben des Nachlasses sind. Am 29.10.2008 wurde von dritter Seite ein Einziehungsantrag bezüglich dieses Erbscheins gestellt. Mit Beschluss vom 19.10.2010 wurde der Erbschein eingezogen. Hierauf wurde durch "S. & S. Rechtsanwälte" für die Kläger mit Schriftsatz vom 15.11.2010 Beschwerde eingelegt. Am 20.12.2010 kündigten die Kläger das Mandatsverhältnis. Es wurde unter dem 23.12.2010 die als Anlage K 3 vorgelegte Kostenrechnung erteilt, nach der insgesamt 5694,03 Euro zu bezahlen seien. Auf den Wortlaut der Rechnung wird Bezug genommen. Die Kläger zahlten unter Vorbehalt hierauf 4.606,50 Euro. Mit Datum vom 15.06.2011 wurde eine korrigierte Kostenrechnung gestellt, nach der unter Berücksichtigung dieser Zahlung von 5.694,03 Euro noch 1.087,53 Euro gefordert werden. Auf den Wortlaut der Rechnung [...] wird Bezug genommen.
Die Kläger sind der Auffassung, dass ihnen nach Beendigung des mit den Klägern begründeten Mandatsverhältnisses ein Anspruch auf Herausgabe der anwaltlichen Handakte zustehe. Die Kläger behaupten, dass weitere 250 Euro als Vorschuss übergeben worden seien. Die Kostenrechnungen stellten keine ordnungsgemäße Abrechnung dar, da dem jeweiligen Auftraggeber nur der nach § 7 Abs. 2 RVG geschuldete Anteil in Rechnung gestellt werden dürfe. Jeder Auftraggeber hafte nur insoweit, als er haften würde, wenn er den Auftrag alleine erteilt hätte. Eine Gesamtabrechnung sei unzulässig. Der Beklagtenseite stehe nur eine Vergütung in Höhe von insgesamt 4.606,50 Euro zu, welche sich aus einer Vergütung von 3.822,88 Euro für das Erbscheinsverfahren ( 1,3 Verfahrensgebühren und 1,2 Terminsgebühren aus einem Wert von 82.650 Euro, mithin 1660,10 Euro + 1532,40 Euro sowie weitere 20 Euro Post- und Telekommunikationspauschale und 612,38 Euro Umsatzsteuer) und 4.606,50 für das Beschwerdeverfahren (0,5 Verfahrensgebühr aus 82.650 Euro, also 638,50 Euro, zuzüglich weiteren 20 Euro Post- und Telekommunikationspauschale und 125,12 Euro Umsatzsteuer) zusammensetze.
Die Kläger richteten ihre Klage vom 28.03.2011 zunächst gegen die "Rechtsanwälte S. & S., Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus den Rechtsanwälten W. S. und H. S.". Der Beklagte zu 1 machte gegen die zunächst gegen die GbR erhobene Klage deren Nichtexistenz geltend. Mit Schriftsatz von 20.05.2011 führten die Kläger aus, sie begehrten eine Rubrumsberichtigung dahingehend, dass sich die Klage gegen "Rechtsanwalt W.S., handelnd unter der Bezeichnung S. & S. Rechtsanwälte" richte. Mit Schriftsatz vom 01.06.2011 ergänzten sie mit Bezug auf die begehrte Rubrumsberichtigung, dass eine nicht existente GbR nicht verklagt werden könne. Sie erklärten, dass die Klage nunmehr gegen Rechtsanwalt W.S., handelnd unter der Bezeichnung "S. & S. Rechtsanwälte" und gegen Rechtsanwalt H.S. richten soll.
Sie beantragten zuletzt,
die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin die Handakte i.S.d. § 50 Abs. 4 BRAO betreffend das Mandat "K. und G. ./. G."- dortiges Aktenzeichen [...] insbesondere die ihnen von den Klägern übergebenen Originalunterlagen [...] herauszugeben.
Die Beklagten beantragen
Klageabweisung.
Sie machen geltend, dass ein Mandatsverhältnis nur zum Beklagten zu 1 bestehe. Der Beklagte zu 2 sei lediglich der Angestellte des Beklagten zu 1. Dies sei den Klägern in der Mandatsverei...