Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung. Kautionsabrechnung. Bestätigendes Schuldanerkenntnis. Unwirksamkeit einer Renovierungsklausel mit starrem Fristenplan. Abgeltungsklauseln mit starrer Berechnungsgrundlage. Transparenzgebot
Leitsatz (redaktionell)
1. Zahlt der Mieter einen Saldo aus einer Kautionsabrechnung, liegt ein Schuldanerkenntnis der beglichenen Forderung allenfalls dann vor, wenn sich die Parteien über den Bestand und die Rechtmäßigkeit der Forderung einig sind.
2. Konnte der Mieter bei Zahlung noch nicht wissen, dass eine Renovierungsklausel aus dem Mietvertrag wegen neuer BGH-Rechtsprechung (Urteil vom 23.06.2004, VIII ZR 361/03) unwirksam ist, kann er das Schuldanerkenntnis kondizieren.
3. Richtet sich der Umfang der Renovierungspflicht nach dem Grad der tatsächlichen Abnutzung, muss dasselbe für die nach der Abgeltungsklausel maßgebliche Zahlungspflicht gelten. Aus diesem Grund muss dem Mieter auch bei einer Inanspruchnahme aus der Abgeltungsklausel der Einwand offen stehen, dass infolge einer besonders schonenden Behandlung der Mietsache längere als die vereinbarten Fristen maßgeblich sind. Die Möglichkeit dieses Einwands muss sich aus dem Wortlaut der Klausel ergeben (Transparenzgebot § 307 Abs. 1 S. 2 BGB).
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1 S. 2, § 551
Verfahrensgang
AG Mannheim (Urteil vom 30.03.2005; Aktenzeichen 8 C 8/05) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 30.3.2005 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte nach Beendigung eines Wohnraummietverhältnisses auf Rückzahlung einer Mietkaution in Anspruch. Das Mietverhältnis begann am 15.11.2001; es endete im November 2003. Der Kläger hatte bei Mietbeginn eine Kaution in Höhe von 900,– DM gezahlt. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 31.1.2004 folgende Abrechnung über die Kaution erteilt:
Kaution: |
475,05 EUR |
- Abzüglich: Anteilige Kosten für Anstrich- arbeiten im Wohnzimmer und Flur |
270,02 EUR |
- Abzüglich: Anteilige Kosten für Anstrich arbeiten in Küche und Badezimmer |
205,81 EUR |
- Abzüglich Kosten für die Beschaffung von Namensschildern |
15,34 EUR |
Rest zugunsten der Beklagten: |
13,17 EUR |
Der Kläger hat den Betrag von 13,17 EUR an die Beklagte bezahlt.
Am 18.11.2004 hat der Kläger Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids über 498,17 EUR gestellt. Es handelt sich um die in der Kautionsabrechnung enthaltenen Beträge für Anstricharbeiten im Wohnzimmer und Flur, Küche und Badezimmer sowie um die Kosten für die Beschaffung von Namensschildern. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, dass er keine Renovierungskosten schulde.
Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 472,88 EUR stattgegeben (475,05 EUR + 13,17 EUR – 15,34 EUR). Weiterhin hat das Amtsgericht die Berufung zugelassen. Die Beklagte hat Berufung eingelegt mit der sie Klagabweisung beantragt. Der Kläger hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des übrigen Sach- und Streitstands wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Soweit die Kammer weitergehende oder abweichende Feststellungen getroffen hat, ist dies aus den Ausführungen zu II ersichtlich.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig, aber unbegründet.
1. Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte ergibt sich aus der zwischen den Parteien bestehenden Kautionsabrede. Danach ist der Vermieter verpflichtet, bei Mietende über die Kaution abzurechnen und einen eventuell verbleibenden Betrag an den Mieter auszuzahlen. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Kläger habe mit der Zahlung der 13,17 EUR „unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass er die Abrechung der Kaution … akzeptiert.”
Das Amtsgericht hat hierzu ausgeführt: es könne offen bleiben, ob in der Zahlung eines Saldos aus einer Kautionsabrechnung ein Schuldanerkenntnis liege. Auch in einem solchen Fall werde der Schuldner nur mit solchen Einwendungen ausgeschlossen, die er im Zeitpunkt der Abgabe des Anerkenntnisses gekannt habe. Vorliegend stütze der Kläger seinen Anspruch auf die Unwirksamkeit der mietvertraglichen Renovierungsklauseln. Insoweit sei erst auf Grund des Urteils des BGH vom 23.6.2004 (Az.: VIII ZR 361/03) allgemein bekannt, dass eine Renovierungsklausel unwirksam ist, wenn sie in Verbindung mit einem sog. „starrer Fristenplan” vereinbart wird.
Dies beanstandet die Berufung zu Unrecht: Zwar kann in der Bezahlung einer Rechnung ohne Einwendungen gelegentlich ein (bestätigendes) Schuldanerkenntnis der beglichenen Forderung zu sehen sein (BGH NJW 1995, 3311). Erforderlich ist allerdings, dass weitere Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt,...