Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermietung zu vorübergehendem Gebrauch

 

Orientierungssatz

1. Wird einem Miterben bei der Auseinandersetzung die entgeltliche Weiterbenutzung eines zur Erbmasse gehörigen Einfamilienhauses für die Dauer eines Jahres gestattet, während die anderen Erben spätestens in der folgenden Zeit das Grundstück anderweitig nutzen wollen, so liegt eine Vermietung zu vorübergehendem Gebrauch vor.

2. Der gesetzliche Kündigungs- und Bestands*-schutz für Mietverhältnisse über Wohnraum entfällt, wenn die Räume aus bestimmten Gründen nur zum kurzzeitigen Mietgebrauch überlassen werden, dieser Überlassungszweck zum Vertragsinhalt geworden ist und das baldige Ende der Überlassungszeit von vornherein feststeht.

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eigentümer des Anwesens M., P.-Platz, welches ursprünglich beiden Prozeßparteien in ungeteilter Erbengemeinschaft gehörte. Der Beklagte bewohnt das Anwesen seit 1968. Durch notariellen Teilauseinandersetzungsvertrag vom 10.1.75 (Bl I 16ff) vereinbarten die Parteien in Artikel 2 § 4 folgendes:

1)

Besitz, Nutzen und Lasten, sowie Gefahren aller Art gehen mit Wirkung vom 1. Januar 1975 an auf die Miteigentümer B. S., M. H. und C. S. über.

2)

Herr H. F. H. verpflichtet sich, bis spätestens 31. Dezember 1975 das Anwesen in M., P.-Platz zu räumen. Wir dieser Grundbesitz als ganzes an einen Dritten veräußert, hat Herr H. F. R. das Anwesen innerhalb von 3 Monaten nach Abschluß des Veräußerungsvertrages, nicht jedoch vor dem 30.6.1975 zu räumen. An den Kosten der Schönheitsreparaturen beteiligt sich Herr H. F. R. zu 25%. Herrn H. F. H. wird ferner ein Vormietrecht an diesem Anwesen ab dem 1.1.1976 für den ersten Fall der Vermietung eingeräumt.

Der monatliche Mietzins beträgt ab 1.1.1975 1.500,-- DM - eintausendfünfhundert Deutsche Mark -. Herr H. F. H. ist damit einverstanden, daß die von ihm zu erbringende rückständige Miete für dieses Anwesen ab 1. Januar 1972 in Höhe von 32.400,-- DM (= 75% aus der gesamten Miete von 43.200,-- DM) aus dem ihm zustehenden anteiligen Erlös aus dem Verkauf des Grundstücks in B. gezahlt wird.

Gestützt auf diese Bestimmung haben die Kläger vor dem Amtsgericht Mannheim von dem Beklagten die Räumung und Herausgabe des Anwesens begehrt. Der Beklagte, welcher der Ansicht ist, daß ein Wohnraummietvertrag auf bestimmte Zeit gemäß Artikel 2 2. WKSchG zustande gekommen sei, hat Widerklage auf Einwilligung der Kläger in die Fortsetzung des Mietverhältnisses erhoben.

Das Amtsgericht hat durch Urteil vom 30.7.1976 der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Wegen der Begründung sowie wegen des Vorbringens der Parteien vor dem Amtsgericht und der dort gestellten Anträge wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.

Gegen das am 9.8.1976 zugestellte Urteil legte der Beklagte am 6.9.1976 Berufung ein, die er am 5.10.1976 begründete.

Zur Begründung trägt er, wie im wesentlichen schon vor dem Amtsgericht, vor, daß zwischen den Parteien im Teilauseinandersetzungsvertrag ein Mietverhältnis auf bestimmte Zeit abgeschlossen worden sei, das der Vorschrift des Artikel 2 2. WKSchG unterliege. Da er rechtzeitig die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangt habe und da die Kläger kein berechtigtes Beendigungsinteresse hätten, sei das Mietverhältnis über den 31.12.75 hinaus fortzusetzen. Aus der Einräumung eines Vormietrechts folge im übrigen, daß eine Beendigung des Mietverhältnisses zum 31.12.75 von den Parteien bei Abschluß des Vertrages gar nicht vorgesehen gewesen sei; das Vormietrecht werde vereitelt, wenn er das Anwesen räumen müsse. Keine der Parteien habe gewollt, daß er zum 31.12.75 habe räumen sollen.

Der Beklagte beantragt:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 30.7.1976 (Az: 10 236/76) abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage werden die Kläger verurteilt, in die Fortsetzung des zwischen den Parteien bestehenden Mietverhältnisses bezüglich des Anwesens in M., P.-Platz über den 31.12.1975 hinaus zu den bisherigen Bedingungen einzuwilligen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führen ua aus, daß durch den Teilauseinandersetzungsvertrag kein Mietverhältnis über Wohnraum zustande gekommen sei. Dem Beklagten sei innerhalb eines allenfalls vorliegenden Mietaufhebungsvertrages zur Vermeidung unnötiger Härten gestattet worden, bis Ende 1975 auf dem Grundstück zu wohnen. Nach Ende dieser Frist sei er aufgrund der erbrechtlichen Auseinandersetzung verpflichtet gewesen, das Grundstück zu räumen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Beklagten ist zulässig gemäß den §§ 511ff ZPO. Sie ist aber unbegründet, weil durch den Teilauseinandersetzungsvertrag vom 10.1.1975 lediglich ein Mietverhältnis auf vorübergehende Zeit zustande gekommen ist, für welches der Kündigungsschutz des Art 2 2. WKSchG nicht gilt (Abs 3 der Vorschrift).

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