Entscheidungsstichwort (Thema)
Studentenheimzimmer unter Kündigungsschutz
Orientierungssatz
Ein von einem Studenten für ein Jahr in einem vom Studentenwerk unterhaltenen Studentenwohnheim gemietetes möbliertes Zimmer ist nicht "zum vorübergehenden Gebrauch" vermietet. Das Mietverhältnis steht daher unter dem Kündigungsschutz des WKSchG 2.
Tatbestand
Die Klägerin, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, begehrt mit ihrer in erster Instanz erfolgreichen Klage Räumung des vom Beklagten in einem von ihr unterhaltenen Studentenwohnheim gemieteten vollmöblierten Zimmers.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug sowie wegen der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des Amtsgerichts wird auf dessen Urteil vom 21. Mai 1976 Bezug genommen.
Gegen dieses am 29.6.1976 zwischen den Parteien zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner am 24.6.1976 eingelegten und am 26.7.1976 begründeten Berufung. Er vertritt weiterhin die Auffassung, die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung sei als Änderungskündigung unwirksam, weil das gekündigte Zimmer entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht nur zu vorübergehendem Gebrauch vermietet sei und deshalb die Schutzbestimmungen des zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes zur Anwendung kommen müßten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils abzuweisen.
Die Klägerin, die das angefochtene Urteil für zutreffend hält, beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
den Beklagten zu verurteilen, zum Ende September 1976 das Einzelzimmer zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsbegründungsschrift des Beklagten vom 26.7.1976 und seines Schriftsatzes vom 23.8.1976 sowie des Schriftsatzes der Klägerin vom 19.8.1976 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Der Hauptantrag der Klägerin muß erfolglos bleiben, da die von ihr mit Schreiben vom 18.12.1975 erklärte Kündigung das Mietverhältnis mit dem Beklagten nicht beendet hat. Ihrem hilfsweisen Begehren fehlt es dagegen schon an dem für eine Klage auf zukünftige Leistung erforderlichen besonderen Rechtsschutzbedürfnis.
1.
Die mit Schreiben vom 18.12.1975 erklärte Kündigung ist wegen Verstoßes gegen Art 3 § 1 S 1 des 2. WKSchG (MHRG) gemäß § 134 BGB nichtig.
Daß die fragliche Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung erklärt worden ist, ergibt sich bereits aus dem Betreff des genannten Schreibens "Erhöhung des monatlichen Entgeltes und vorsorgliche Kündigung" sowie insbesondere auch aus dem ausdrücklichen Hinweis, daß es sich um eine Änderungskündigung handeln solle. Eine solche Kündigung ist nach der genannten Vorschrift ausgeschlossen. Dafür, daß der dem Beklagten überlassene Wohnraum nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet und daher das Mietverhältnis der Parteien gemäß Art 3 § 10 II Ziff 2 des 2. WKSchG nicht dem Anwendungsbereich der genannten Vorschrift unterfällt, hat die insoweit darlegungspflichtige und beweispflichtige Klägerin nichts ausreichendes vorgetragen.
Ob zu vorübergehendem Gebrauch vermietet worden ist, ergibt sich nach überwiegender Auffassung aus der Verknüpfung einer vereinbarungsgemäß kurzfristigen, übersehbaren Vertragsdauer mit einem Vertragszweck, der als Inhalt oder beiderseits gewollte Grundlage des Mietvertrages sachlich die Kurzfristigkeit der Gebrauchsüberlassung begründet und so das Mietverhältnis in Übereinstimmung mit seiner kurzen Dauer nur als Durchgangsstadium erscheinen läßt (vgl Schmidt-Futterer, WKSchGe, 2. Aufl, Teil C Rdn 453f; Barthelmess, 2. WKSchG, § 564b BGB, Rdn 31; Sternel, WMR, Teil II Rdn 41 jeweils mwNachw). Aus dem allgemeinen Schutz sollen damit solche Mietverhältnisse ausgenommen werden, die nur für kurze Zeit und einen bestimmten Zweck eingegangen werden, der den eigentlichen Wohnzweck zurücktreten läßt, weil eine engere Bindung an die Wohnung und die Umwelt und Aufnahme sozialer Beziehungen von keiner der Parteien beabsichtigt ist und wegen der Kürze der Zeit auch nicht erfolgen kann.
Für die Annahme eines nur vorübergehenden Gebrauchs in dem zu entscheidenden Fall ist deshalb nicht ausreichend, daß die Existenz des Mietverhältnisses der Parteien auf die Dauer von 1 Jahr befristet worden ist. Bereits aus der Regelung des Art 2 des 2. WKSchG, in der ausdrücklich die Existenz von auf bestimmte Zeit eingegangener Mietverhältnisse über Wohnraum, der dennoch nicht lediglich zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist, behandelt wird, ergibt sich, daß die Begründung eines Mietverhältnisses für einen bestimmten Zeitraum noch nichts darüber besagt, ob ein nur vorübergehender Gebrauch vorliegt. Auch aus der vereinbarten Dauer von nur 1 Jahr kann nichts zu Gunsten des von der Klägerin eingenommenen Rechtsstandpunktes hergeleitet werden, da sie alleine ohne Hinzutreten eines besonderen vorübergehenden Gebrauchszwecks nicht das Mietverhältnis als Durchgangsstadium ...