Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlungsklage wegen Mietrückstand. Wirksamkeit der Mietzinsvereinbarung. Prüfung von Amts wegen
Orientierungssatz
1. Klagt der Vermieter auf Zahlung rückständiger Miete, so hat das Gericht die Wirksamkeit der zugrunde liegenden Mietzinsvereinbarung von Amts wegen darauf zu überprüfen, ob sie teilweise objektiv gegen die Verbotsnorm des WiStrG § 5 verstößt und deshalb nichtig ist, wenn eine derartige Mietpreisüberhöhung offenkundig oder naheliegend ist.
2. Die Überzeugungsbildung des Gerichts über die ortsübliche Vergleichsmiete auf der Grundlage einer empirisch-statistisch ermittelten Mietwerttabelle (Mietspiegel) wird nicht dadurch berührt, daß ein anderer als der darin gewählte methodische Ansatz von einer Vertragspartei als zutreffender empfunden wird, solange auch der gewählte Ansatz wissenschaftlich abgesichert und ohne Denkfehler oder sonstige Widersprüche konsequent durchgeführt wird.
Tatbestand
Der Beklagte und seine Ehefrau - die in I. Instanz ebenfalls verklagt war - bewohnten bis Ende Februar 1976 auf Grund des Mietvertrags vom 12.3.1973 (II/16ff) eine im 3. Obergeschoß des um die Jahrhundertwende erbauten Hauses des Klägers in M. gelegene, 54,78 qm große (vgl Berechnung II/5) 3-Zimmerwohnung mit Toilette und Bad. Den Mietvertrag hat auf Seiten des Vermieters nur der Kläger, nicht auch dessen im Kopf des Vertragsformulars genannte Ehefrau unterschrieben.
Nachdem der Beklagte die Mieten für Juli, August und September 1975 nicht bezahlt hatte, kündigte der Kläger mit Schreiben vom 3.9.1975 (I/5) den Mietvertrag fristlos, wobei er sich ua auf den 3-monatigen Mietrückstand und Rückstände von abgerechneten Nebenkosten in Höhe von 176,80 DM berief.
Da der Beklagte nicht auszog, erhob der Kläger Räumungsklage und Zahlungsklage, mit der er beantragt hat:
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1. |
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Wohnung im 3. Obergeschoß des Anwesens in M., bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Korridor, Bad und Keller zu räumen und nebst Zubehör an den Kläger herauszugeben. |
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2. |
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 926,80 DM nebst 10% Zinsen hieraus seit dem 3.9.1975 zu bezahlen. |
Der Beklagte hat
Klagabweisung
beantragt.
Er hat die Mietrückstände eingeräumt, sich aber auf ein Mietminderungsrecht berufen, weil es im Hause von Ratten und in der Wohnung von Kakerlaken wimmele. Beweis hierfür hat er nicht angeboten.
Mit Rücksicht hierauf hat das Amtsgericht durch Urteil vom 19.12.1975 (I/27ff) ohne Beweisaufnahme der Räumungsklage gegen den Beklagten stattgegeben und ihn zur Zahlung der geltend gemachten Beträge verurteilt.
Gegen das am 12.1.1976 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 5.2.1976 Berufung eingelegt, die er zugleich begründet hat.
Er macht geltend, daß die fristlose Kündigung bereits aus formellen Gründen unwirksam gewesen sei, weil sie nur vom Kläger und nicht auch von dessen Ehefrau, die ebenfalls Vertragspartnerin sei, unterschrieben sei.
Die Kündigung sei aber auch sachlich nicht gerechtfertigt. Wegen der seit Sommer 1974 bestehenden Rattenplage und der seit dem Frühjahr 1975 im Treppenhaus und in der Wohnung auftretenden Kakerlaken sei die Wohnung mit Rücksicht auf sein Kleinkind unbewohnbar gewesen, so daß die Miete in voller Höhe habe gemindert werden dürfen, nachdem der Kläger trotz mehrfacher Aufforderungen nicht für Abhilfe gesorgt habe. Das Minderungsrecht sei auch nicht durch § 15 Ziff 5 des Mietvertrages (II/19) ausgeschlossen, da sich diese Klausel nicht auf von außerhalb der Wohnung kommendes Ungeziefer beziehe.
Hilfsweise rechnet der Beklagte mit einem Anspruch auf Rückzahlung zuviel bezahlter Miete auf. Nach den Mannheimer "Gutachten zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmieten 1973 und 1975" habe die ortsübliche Vergleichsmiete für die mit Bad und WC ausgestattete Wohnung für die Zeit von März 1973 bis Dezember 1974 monatlich 176,-- DM, für die Zeit bis Juni 1975 167,-- DM betragen. Er habe daher insgesamt 2.126,-- DM zuviel Miete bezahlt, die er zurückverlangen könne.
Der Beklagte erklärt hinsichtlich des Räumungsausspruchs die Hauptsache für erledigt und beantragt hinsichtlich des Zahlungsausspruchs,
das Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 19.12.1975 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger schließt sich der Erledigungserklärung des Beklagten an und beantragt im übrigen,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bestreitet nicht die Aufforderungen des Beklagten zur Ungezieferbekämpfung, stellt aber in Abrede, daß es im Haus Ratten und in der Wohnung des Beklagten Kakerlaken gegeben habe. Wenn dies der Fall gewesen sei, sei jedenfalls davon auszugehen, daß der Beklagte die Kakerlaken eingeschleppt hat. Lediglich im Hof hätten sich Ratten aufgehalten, die aber von Nachbargrundstücken auf sein Anwesen eingedrungen seien. Im übrigen sei der Beklagte gemäß § 15 Ziff 5 des Mietvertrags zur Ungezieferbekämpfung verpflichtet, auch wenn dieses von außerhalb der Wohnung komme. Gerade weil die Wohngegend schlecht sei, sei die Klausel i...