Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Zahlung des Mietzinses gegen minderjährigen Mieter
Orientierungssatz
Der Vermieter hat gegen den minderjährigen Mieter unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung des Mietzinses, wenn der Minderjährige gegen den erklärten Willen der Eltern die elterliche Wohnung verläßt und eine anderweitige Wohnung anmietet, soweit ihm dabei eine Betrugsabsicht fehlte.
Tatbestand
Der am 17. August 1955 geborene Beklagte unterzeichnete am 30. März 1974 einen Mietvertrag mit dem Kläger über eine in L. gelegene Wohnung, in der er von Mai bis einschließlich August 1974 wohnte. In dieser Zeit richtete er Schäden in Höhe von 164,-- DM an. Seine Besucher verursachten auf dem Teppichboden Brandflecken, so daß dieser insgesamt erneuert werden mußte. Während der Beklagte für die Monate Mai, Juni und Juli den Mietzins entrichtete, blieb er ihn für den Monat August 1974 schuldig.
Der Kläger ist der Meinung gewesen, daß der Beklagte ihm zur Zahlung des August-Mietzinses verpflichtet sei, da er bei Abschluß des Mietvertrags wahrheitswidrig vorgespielt habe, daß seine Eltern ihre Zustimmung zu dem Vertrag erteilt hätten. Im übrigen hat er vorgetragen, daß zur Abdeckung der von dem Beklagten zu vertretenden Schäden die von ihm geleistete Kaution in Höhe von 400,-- DM nicht ausgereicht habe.
Der Kläger hat daher nach vorgängigem Mahnverfahren beantragt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 395,-- nebst 13% Zinsen daraus seit 4.8.1974 zu zahlen.
Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt und widerklagend den Antrag gestellt:
Der Kläger wird verurteilt, an den Beklagten 1.421,-- DM zu zahlen nebst 4% Zinsen seit dem Tag der Zustellung der Widerklageschrift.
Er hat die Meinung vertreten, daß ein Mietvertrag zwischen den Parteien wegen seiner Minderjährigkeit nicht zustande gekommen sei. Er sei daher nicht zur Zahlung des Mietzinses verpflichtet und könne überdies den von ihm bereits bezahlten Mietzins zurückverlangen. Von der Kaution könne er 236,-- DM beanspruchen, da er lediglich die Schäden in Höhe von 164,-- DM zu vertreten habe. Für die von seinen Besuchern angerichteten Schäden habe er nicht einzutreten. Für den Mietzins hafte er auch weder aus Bereicherungsrecht noch aus Deliktsrecht. Eine Bereicherungshaftung greife deswegen nicht ein, weil er durch das Wohnen in der Wohnung des Klägers Aufwendungen nicht erspart habe; nach dem Willen seiner Eltern habe er nämlich zu Hause unentgeltlich wohnen sollen. Eine deliktsrechtliche Haftung sei deswegen ausgeschlossen, weil er an die Wirksamkeit des Mietvertrages geglaubt habe.
Der Kläger hat die Abweisung der Widerklage beantragt.
Das Amtsgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme (I 55ff) der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Begründung (ABl I 115R, 116) wird verwiesen.
Gegen das am 19. Februar 1976 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 18. März 1976 Berufung eingelegt, die er zugleich begründet hat.
Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags weist er zusätzlich darauf hin, daß der Mietvertrag auch nicht gemäß § 110 BGB wirksam geworden sei. Seine Eltern hätten ihm seinen Arbeitslohn zwar zur freien Verfügung überlassen, da sie ihm jedoch das Anmieten einer Wohnung ausdrücklich untersagt hätten, habe die Zahlung des Mietzinses mit seinen eigenen Geldmitteln nicht die Wirkung des § 110 BGB.
Unter Beschränkung seiner Widerklageforderung beantragt er daher:
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1. |
Das Urteil des Amtsgerichts vom 27.1.1976 wird abgeändert. |
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2. |
Der Kläger wird mit der Klage abgewiesen. |
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3. |
Der Kläger wird verurteilt, 236,-- DM nebst 9,5% Zinsen hieraus seit dem Tag der Zustellung der Widerklageschrift an den Beklagten zu zahlen. |
Der Kläger beantragt
die Zurückweisung der Berufung.
Er ist der Meinung, daß der Mietvertrag dadurch wirksam geworden sei, daß der Beklagte den Mietzins mit den ihm zur freien Verfügung überlassenen Geldmitteln bezahlt habe. Mindestens aber habe er für das Verschulden seiner Eltern einzustehen, das darin liege, daß sie nicht energisch genug der Anmietung einer Wohnung durch den Beklagten widersprochen und dadurch ihre Aufsichtspflicht verletzt hätten.
Entscheidungsgründe
Die gemäß den §§ 511ff ZPO zulässige Berufung ist bis auf den Zinsanspruch begründet. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, die Augustmiete zu zahlen, und hat einen Anspruch auf Rückzahlung des von ihm begehrten Teils der geleisteten Mietzinszahlungen. Zwischen den Parteien ist nämlich weder ein wirksamer Mietvertrag zustande gekommen noch kann der Kläger bereicherungsrechtliche oder deliktsrechtliche Ansprüche gegen den Beklagten herleiten. Dieser hat jedoch gegen den Kläger einen Anspruch aus § 812 I BGB.
I. Zur Klage
1.
Die Eltern des Beklagten haben in der erstinstanzlichen Beweisaufnahme eindeutig ausgesagt, daß sie dem Abschluß eines Mietvertrags durch den Beklagten weder zugestimmt noch ihn nachträglich genehmigt haben. Da an der Glaubwürdigkeit der Zeugen keine Zweifel bestehen - auch der Kläger hat solche ni...