Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Anspruch des Mieters auf Abkürzung einer langen gesetzlichen Kündigungsfrist
Orientierungssatz
Nach ordentlicher Kündigung des Mietvertrages durch den Vermieter kann dem Mieter ein Anspruch auf Abkürzung einer langen, gesetzlich vorgesehenen Kündigungsfrist dann zustehen, wenn die Kündigungsfrist 12 Monate oder mehr beträgt, der Vermieter das Mietverhältnis gekündigt hat, berechtigte Interessen des Vermieters an der Ausschöpfung der langen Kündigungsfrist nicht ersichtlich sind, während der Mieter gewichtige Gründe für eine Verkürzung der Frist geltend machen kann und wenn dem Vermieter die sofortige Weitervermietung ohne weiteres möglich und zumutbar ist.
Gründe
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Das AG ist aber zu Recht davon ausgegangen, daß das Mietverhältnis nach § 242 BGB zum 31.3.1985 beendet worden sei.
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Mieter einen Anspruch auf eine vorzeitige Vertragsbeendigung hat, sind mehrere Rechtsentscheide ergangen, die auf den hier zu beurteilenden Fall allerdings nicht unmittelbar angewendet werden können: (OLG Oldenburg WM 1981, 125; WM 1982, 124; OLG Karlsruhe WM 1981, 173; wird dargelegt.).
In dem vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Mieter Anspruch auf die Abkürzung einer langen Kündigungsfrist hat. Die Kammer bejaht einen solchen Anspruch jedenfalls dann, wenn die Kündigungsfrist 12 Monate oder mehr beträgt, der Vermieter das Mietverhältnis gekündigt hat, berechtigte Interessen des Vermieters an der Ausschöpfung der langen Kündigungsfrist nicht ersichtlich sind, während der Mieter gewichtige Gründe für eine Verkürzung der Frist geltend machen kann, und wenn dem Vermieter die sofortige Weitervermietung ohne weiteres möglich und zumutbar ist.
In einem derartigen Fall gebietet der Grundsatz von Treu und Glauben, daß der Vermieter den vom Mieter angebotenen Vertrag über die Abkürzung der Kündigungsfrist abschließt. Dies ergibt sich zunächst aus der Erwägung, daß die lange Kündigungsfrist des § 565 Abs. 2 S. 2 BGB in erster Linie den Mieter schützen soll. Wird der Mieter gegen seinen Willen an der langen Frist festgehalten, so führt dies aber entgegen dem Gesetzeszweck zu nicht unerheblichen Nachteilen. Denn es liegt auf der Hand, daß ein Mieter nach Zugang der Kündigung mit der Ersatzraumsuche beginnt. Hierzu ist er im übrigen auch verpflichtet (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht von A-Z, Stichwort: "Ersatzraumbeschaffungspflicht"). Dabei entspricht es der Erfahrung, daß die langfristige Anmietung einer Wohnung nicht ohne weiteres möglich ist. Dies ist darauf zurückzuführen, daß viele Wohnungen erst dann zur Vermietung angeboten werden, wenn der bisherige Mieter ausgezogen ist und eine Wohnung freisteht. Dann wird aber jeder Vermieter auf eine alsbaldige Weitervermietung Wert legen, weil er andererseits Mietzinsverluste in Kauf nehmen müßte.
Für den wohnungssuchenden Mieter führt dies dazu, daß er mit der Ersatzraumsuche und der Anmietung der Ersatzwohnung bis kurz vor Ablauf der Kündigungsfrist zuwarten müßte, wenn er nicht eine unter Umständen monatelang doppelte Mietbelastung in Kauf nehmen will. Das Zuwarten ist indes außerordentlich risikobelastet: Gelingt es dem Mieter nicht, genau zum Vertragsende eine Ersatzwohnung anzumieten, so kann die zu spät begonnene Ersatzraumsuche zum Verlust des Anspruchs auf Gewährung einer Räumungsfrist führen (Schmidt-Futterer/ Blank a.a.O.). Die frühzeitige Anmietung der Ersatzwohnung führt wie dargestellt aber zu finanziellen Nachteilen. Dieser Konflikt kann nur über § 242 BGB gelöst werden. Dabei ist im Grundsatz davon auszugehen, daß die Regelung des § 565 Abs. 2 S. 2 BGB für beide Vertragsteile gilt, so daß sie auch vom Mieter beachtet werden muß. Der Mieter kann aber ein aus § 242 BGB folgendes Recht auf Abschluß eines Vertrages über die Abkürzung der Kündigungsfrist haben, wenn der Vermieter keinerlei berechtigte Interessen an der Einhaltung der langen Frist hat.
So liegen die Dinge hier:
Die fragliche Wohnung wurde vom Kläger mit einer Frist von 15 Monaten nach § 564b Abs. 4 BGB gekündigt. Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, daß er nicht geneigt sei, sich mit dem Beklagten "weiter herumärgern zu müssen". Die Beendigung als solche lag somit im Interesse des Klägers. Es ist auch kein vernünftiger Grund ersichtlich, der aus der Sicht des Klägers für die Einhaltung der Kündigungsfrist spricht. Der Kläger wollte die Wohnung weitervermieten: Da ihm der bisherige Mieter nicht genehm war, entsprach es dem Interesse des Klägers, daß die Weitervermietung so schnell als möglich erfolgte. Finanzielle Nachteile hatte der Kläger durch die alsbaldige Weitervermietung nicht zu befürchten. Das Schreiben des Klägers v. 4.2.85 zeigt im übrigen, daß dieser durchaus Bereitschaft zur vorzeitigen Vertragsbeendigung hatte, allerdings nur, wenn "die Kostenregelung wegen der Schönheitsreparaturen zufriedenstellend gelöst werden kann".
Dieses Interesse hat im ...