Entscheidungsstichwort (Thema)
Fälligkeit von Versicherungsleistungen aus Verkehrsunfällen
Leitsatz (amtlich)
Die nötigen Erhebungen als Fälligkeitsvoraussetzung im Sinne von § 11 VVG a.F. bestehen in der Beschaffung von Unterlagen, die ein durchschnittlich sorgfältiger Versicherer braucht, um den Versicherungsfall festzustellen und zu prüfen.
Nach der Beschaffung von Unterlagen ist dem Versicherer eine Überlegungsfrist von regelmäßig mindestens zwei Wochen zur abschließenden Überprüfung des Versicherungsfalles zuzubilligen.
Normenkette
VVG a.G. § 11
Verfahrensgang
AG Mönchengladbach-Rheydt (Entscheidung vom 22.10.2007; Aktenzeichen 11 C 444/07) |
Tenor
Gründe
Gegenstand des Verfahrens waren Schadensersatzansprüche des Klägers aus einem Verkehrsunfallereignis vom 15. Juni 2007 in Mönchengladbach-Wickrath in Höhe von insgesamt 1 691,11 € nebst Zinsen. Die Beklagte zu 2. als Haftpflichtversicherer hat nach Klageerhebung einen Betrag von 1 400,00 € auf die Klageforderung gezahlt. Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und nur noch streitig über die Kostenpflicht verhandelt. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht gemäß § 91a ZPO die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt, weil die Klageforderung noch nicht fällig gewesen sei. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers. Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Das nach § 91a Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Amtsgericht hat zu Recht die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91a Abs. 1 ZPO insgesamt dem Kläger auferlegt.
Bei übereinstimmender Erledigungserklärung hat das Gericht gemäß § 91a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Zutreffend hat das Amtsgericht hier sein Ermessen dahin ausgeübt, dass der Kläger die Kosten des Rechtsstreits insgesamt zu tragen hat. Denn die Beklagten haben zur Klageerhebung keine Veranlassung gegeben. Bei Einleitung des Klageverfahrens am 1. August 2007 war der Schadensersatzanspruch des Klägers aus dem Verkehrsunfallereignis vom 15. Juni 2007 in Mönchengladbach-Wickrath noch nicht fällig. Als Fälligkeit bezeichnet man den Zeitpunkt, von dem ab der Gläubiger die Leistung verlangen kann. Gemäß § 11 Abs. 1 VVG sind Geldleistungen des Versicherers erst mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfanges der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen fällig. Die nötigen Erhebungen im Sinne dieser Vorschrift bestehen in der Beschaffung der Unterlagen, die ein durchschnittlich sorgfältiger Versicherer braucht, um den Versicherungsfall festzustellen und abschließend zu prüfen (vgl. OLG Hamburg in VersR 1967, 392 und Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Aufl., § 11 VVG, Rdn. 3 m.w.N.). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat auf Veranlassung der Beklagten zu 2. mit Schriftsatz vom 24. Juli 2007 die angeforderten Lichtbilder von dem beschädigten Fahrzeug des Klägers, die ein Privatgutachter hergestellt hatte, übersandt und um Regulierung des Schadens innerhalb von 7 Tagen nach Zugang dieses Schreibens gebeten. Diese Frist war zu kurz bemessen. Nach überwiegender Meinung in der Rechtsprechung ist dem Versicherer nach Beschaffung von Unterlagen eine Überlegungsfrist von regelmäßig mindestens 2 Wochen zur abschließenden Überprüfung des Versicherungsfalles zuzubilligen (vgl. Prölss/Martin a.a.O.). Dieser Auffassung schließt sich die Kammer uneingeschränkt an. Das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 24. Juli 2007 ist der Beklagten zu 2. nach eigenen Angaben am 25. Juli 2007 zugegangen. Die Überlegungsfrist von 2 Wochen war damit erst am 8. August 2007 abgelaufen. Innerhalb dieser Frist hat die Beklagte zu 2. mit Schreiben vom 2. August 2007 die Regulierung des Versicherungsfalles angekündigt. Nach den eigenen Angaben des Klägers hat er am 4. oder 5. August 2007 also auch noch innerhalb der Frist den Verrechnungsscheck über die Entschädigungssumme erhalten. Bei Klageerhebung am 1. August 2007 waren daher die nötigen Erhebungen im Sinne des § 11 Abs. 1 VVG noch nicht beendet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein Anlass, weil die Voraussetzungen nicht vorliegen.
Fundstellen
Haufe-Index 3514758 |
ZfS 2009, 155 |
ZfS 2009, 155-156 |