Tenor

  • 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  • 2.

    Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

  • 3.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 130 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Pflichtteilsansprüche.

Der am 14.07.1947 geborene Kläger und die Beklagten sind Halbgeschwister und leibliche Kinder des am 26.01.2006 in Ilfeld verstorbenen Herrn .... Der Kläger entstammt der ersten, geschiedenen Ehe des Erblassers, die Beklagten entstammen der zweiten Ehe des Erblassers, dessen Ehefrau im Mai 1994 vorverstorben ist.

Nach der Wiederheirat der Mutter des Klägers wurde der im Beitrittsgebiet lebende Kläger am 06.06.1956 von dem zweiten Ehemann der Mutter, Herrn ... adoptiert und führt seit dem den Familiennamen.

Der Erblasser errichtete am 01.07.1994 ein handschriftliches Testament, worin er die beiden Beklagten zu gleichen Teilen als seine Erben einsetzte.

Mit Schreiben des Amtsgerichts - Nachlassgericht- vom 09.05.2006 (Bl. 7 d.A.) teilte das Amtsgericht Nordhausen dem Kläger den Erbfall und die testamentarische Erbfolge mit und wies darauf hin, dass der Kläger trotz der Adoption vom 06.06.1956 wohl mit dem Erblasser verwandt geblieben sei.

Daraufhin machte der Kläger über seine Prozessbevollmächtigten zunächst außergerichtlich die jetzt rechtshängigen Pflichtteilsansprüche geltend.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die am 06.06.1956 erfolgte Adoption keine Volladoption darstelle und hieran auch die späteren gesetzlichen Regelungen nichts geändert hätten. Weder habe sich durch Einführung des FGB-DDR, noch durch den Einigungsvertrag eine Änderung ergeben. Deswegen sei der Kläger mit dem Erblasser verwandt und entsprechend neben den Beklagten pflichtteilsberechtigt.

Der Kläger stellt folgende Klaganträge:

  • 1.

    Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, dem Kläger Auskunft über den Bestand der Erbschaft nach dem am 26.01.2006 in Ilfeld verstorbenen Herrn ... sowie über ... pflichtteilsbeeinträchtigende Schenkungen zugunsten der Beklagten in den letzten 10 Jahren vor dem Ableben des Erblassers zu erteilen.

  • 2.

    Es wird festgestellt, dass der Kläger Pflichtteilsberechtigter nach dem am 26.01.2006 in Ilfeld verstorbenen Herrn geworden ist.

  • 3.

    Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, den sich nach Erfüllung der Ziffer 1) ergebenden Pflichtteil an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagten stellen den Antrag,

  • die Klage abzuweisen.

Sie vertreten die Auffassung, dass der Kläger unter Verlust seines Verwandtschaftsverhältnisses zum leiblichen Vater adoptiert worden sei. Es liege eine Volladoption vor, sowohl nach damaligem Recht, aber insbesondere auch durch die Einführung des FGB-DDR. Dies sei auch zu DDR-Zeiten gelebte Rechtswirklichkeit gewesen. Alle minderjährigen Adoptionen vor Inkrafttreten des FGB-DDR seien durch dieses unter Verlust jeglichen Verwandtschaftsverhältnisses zu den leiblichen Eltern zur Volladoption geworden. Daran habe auch der Einigungsvertrag nichts geändert. Der Kläger sei daher mit dem Erblasser nicht verwandt gewesen und somit auch nicht pflichtteilsberechtigt.

Wegen des weiteren Vertrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Das Feststellungsinteresse für den Klagantrag zu Ziffer 2) ergibt sich aus der Tatsache, dass auf beiden Seiten mit nachvollziehbaren rechtlichen Argumenten um die Frage gestritten wird, ob der Kläger und der Erblasser noch verwandt waren oder nicht. Die Klärung dieser schwierig zu beantwortenden Frage begründet das Feststellungsinteresse für den Klagantrag zu 2).

Die Klage ist aber unbegründet.

Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagten nicht zu, da kein Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser bestand. Die Adoption hat die Wirkung einer Volladoption.

Bei Inkrafttreten des BGB am 01. Januar 1900 bezweckten die Regelungen zur "Annahme an Kindes Statt" nicht die Vermittlung minderjähriger, heutzutage meist neugeborener Kinder in eine Familie unter Kindeswohlgesichtspunkten. Die Annahme bereits Volljähriger war die Regel. Die Adoption war die Beschaffung eines Erben zur Daseinssicherung im Alter. Deswegen führten die ursprünglichen Regelungen des BGB nicht zu einer sog. Volladoption. Vielmehr war im einzelnen geregelt, welche Rechte und Pflichten in dem vertraglich neubegründeten Verhältnis zwischen Annehmenden und Adoptierten bestand. Insbesondere blieben die Verwandtschaftsverhältnisse zur bisherigen Familie im Falle der Minderjährigenadoption bestehen (vgl. BGB §§ 1741 ff in der Fassung vor 1976).

Dies war auch noch 1956 der Stand des in der DDR fortgeltenden BGB. Zu diesem Zeitpunkt gab es im BGB-DDR lediglich leichte Veränderungen gegenüber dem in der Bundesrepublik geltenden BGB. Es galt zu diesem Zeitpunkt, Ost wie West, dass die Adoption eines Minderjährigen nicht die Wirkung einer Volladoption hatte, mithin das Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern bestehen blieb (vgl. bürger...

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