Verfahrensgang

AG Erding (Beschluss vom 20.01.2013; Aktenzeichen 3 C 908/11)

 

Tenor

Beschluss

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts vom Erding vom 20.01.2013 aufgehoben und die Sache zur erneuten Sachbehandlung an das Amtsgericht Erding zurückverwiesen.

 

Gründe

Die Kammer verweist die Sache an das Ausgangsgericht zurück, weil anstatt des funktionell zuständigen Richters der Rechtspfleger entschieden hat. Dies ist ein zwingender Zurückverweisungsgrund (Thomas/Putzo, § 572 Rd.-Nr. 20, BGH NJW-RR 2005, 1299).

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist eine gegen die übrigen Eigentümer gerichtete Klage, gerichtet auf Ermächtigung des Klägers, eine außerordentliche Eigentümerversammlung mit bestimmten Tagesordnungspunkten einzuberufen. Es handelt sich um ein Verfahren nach § 43 Nr. 1 WEG, für das der Richter funktionell zuständig ist (Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, 10. Auflage, § 24 Rd.-Nr. 4; Palandt, 72. Auflage, § 24 WEG Rd.-Nr. 4, Spielbauer/Then, WEG, § 24 Rd.-Nr. 22). Nachdem das Verfahren in WEG-Sachen der ZPO unterstellt wurde, besteht seither keine Zuständigkeit des Rechtspflegers mehr. Vielmehr handelt es sich um ein Klageverfahren. Soweit in Bärmann, 11. Auflage § 24 Rd.-Nr. 24 unter Berufung auf Rechtsprechung und herrschende Lehre eine Rechtsanalogie zu den §§ 37 Abs. 2 BGB, 122 Abs. 3 Aktiengesetz, 45 Abs. 3 GenG befürwortet wird, erscheint dies nicht überzeugend (in der aktuellen 12. Auflage wurde diese Auffassung ausdrücklich aufgegeben). Soweit ersichtlich wird die Rechtsanalogie nur noch von Jennißen, WEG, § 24 Rd.-Nr. 33 vertreten. Die in Bezug genommene Rechtsprechung hierfür (etwa BayObLG WuM 1990, 320; OLG-R Frankfurt 2005, 95; OLG Köln NZM 2003, 810) stammt ausnahmslos aus der Zeit vor Inkrafttreten (1.7.2007) des Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes vom 26.3.2007 (BGBl, 2007, 370) und somit aus einer Zeit, in der das gesamte WEG-Verfahren ohnehin ein solches der freiwilligen Gerichtsbarkeit war. Nachdem seit dem 1.7.2007 eingeleitete WEG-Verfahren nunmehr Zivilprozessverfahren sind, ist es – abgesehen vom Fehlen einer Gesetzeslücke – auch aus Gründen der Einheitlichkeit der Verfahrensordnung geboten, Anträge der vorliegenden Art als WEG-Verfahren im Zivilprozess zu behandeln. Ein sachlicher Grund, diese Anträge dem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu unterstellen, ist nicht ersichtlich. Insbesondere existiert auch keine Regelungslücke. Denn die Wohnungseigentümer streiten letztlich darüber, ob sich aus einer ordnungsgemäßen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung (§ 21 WEG) die Notwendigkeit der Bestellung eines Verwalters (§ 26 WEG) und deshalb die Notwendigkeit der Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung (§ 23 WEG) ergibt. Ist dies der Fall, kann der Kläger mit Erfolg die Zustimmung zur Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung von den Beklagten verlangen, denn die Gesamtheit der Wohnungseigentümer ist zur Einberufung einer Eigentümerversammlung stets befugt (Spielbauer/Then, WEG, § 24 Rd.-Nr. 22; OLG Celle MDR 2000, 1428, vgl. zum ganzen auch OLG Zweibrücken, ZMR 2011, 155).

Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass vorliegend der funktionell unzuständige Rechtspfleger entschieden hat.

Der Rechtsstreit wird deshalb vom funktionell zuständigen Richter weiter zu führen sein.

 

Fundstellen

Haufe-Index 6198024

ZWE 2013, 417

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