Entscheidungsstichwort (Thema)

Spielende Kinder auf Gemeinschaftsflächen einer Wohnungseigentumsanlage. zur Duldungsverpflichtung

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

1. Das Spielen der Kinder auf den gemeinschaftlichen Flächen der für Familien errichteten Wohnanlage ist bei kindgerechtem Spiel hinzunehmen, es sei denn, die Flächen unterliegen ausschließlich einer anderen besonderen Gebrauchsbestimmung.

(von der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofes)

2. Wohnungseigentümer haben grundsätzlich das Spielen der Kinder auf den Gemeinschaftsflächen einer für Familien errichteten Wohnanlage bei kindgerechtem Spiel zu dulden.

3. Etwas anderes kann dann gelten, wenn die Flächen ausschließlich zu einem anderen besonderen Gebrauch bestimmt sind.

 

Nachgehend

BayObLG (Beschluss vom 27.09.1989; Aktenzeichen BReg 2 Z 67/89)

 

Tatbestand

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Die Eigentumswohnanlage wurde von der Landeshauptstadt München auf städtischem Grund im Rahmen des "Sonderförderungsprogramms für Familien mit Kindern" errichtet. Auch auf der seinerzeit errichteten Bautafel stand u.a.:

Das Bauvorhaben wird insbesondere gefördert ... mit dem Ziel, auch jungen und kinderreichen Familien mit bescheidenem Einkommen zur Bildung von Wohneigentum zu verhelfen ..."

Bei der Auswahl wurden überwiegend Bewerber berücksichtigt, die mindestens zwei Kinder hatten. Dementsprechend leben in den 85 Reihenhäusern der Wohnanlage zahlreiche Kinder, nach Angaben der Antragsgegner etwa 240, nach Angaben der Antragsteller ca. 100-140 schulpflichtige.

Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens wurde von der Errichtung von Kinderspielplätzen dispensiert. Demgemäß gibt es in der Wohnanlage auch keinen als solchen ausgewiesenen ausgesprochenen Spielplatz. Die Siedlergemeinschaft hat jedoch in eigener Trägerschaft für Kleinkinder Sandkästen in den Gruppenhöfen anlegen lassen. Die Hausgruppenhöfe und die Garagenhöfe sind Gemeinschaftseigentum.

Die Antragsteller sind Inhaber eines Wohnungserbbaurechtes in der besagten Wohnanlage; dieses ist mit dem Sondereigentum an sämtlichen Räumen des Hauses Nr. 61 und mit einem Sondernutzungsrecht an dem dem Haus Nr. 61 vorgelagerten Kleingarten verbunden, der an den Garagenhof Nr. 4 anschließt.

Die Antragsgegner sind ebenfalls Inhaber von Wohnungserbbaurechten in dieser Wohnanlage.

Die Antragsteller begehren von den Antragsgegnern, daß deren Kinder die Nutzung des Garagenhofes 4 als Bolzplatz und Spielplatz unterlassen. Sie stützen sich auf den Aufteilungsplan, der die umstrittene Fläche als Garagenhof ausweist, und auf die Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung v. 1.4.1982. Dort heißt es u.a.:

§ 5 Ziffer 1:

"Jeder Wohnungserbbauberechtigte ist berechtigt ... neben den übrigen Mitberechtigten auch das gemeinschaftliche Eigentum in einer Weise zu nutzen, die nicht die Rechte der übrigen Wohnungserbbauberechtigten über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt oder den Bestimmungen dieser Teilungserklärung widerspricht."

§ 5 Ziffer 3 lautet wie folgt:

"Die Gebrauchsüberlassung an Dritte ist nur zulässig, soweit sich deren Nutzung im Rahmen dieser Teilungserklärung hält. Für Verletzungen der Gemeinschaftsordnung und der Hausordnung durch nutzungsberechtigte Dritte ... haftet der Wohnungserbbauberechtigte der Gemeinschaft und den anderen Wohnungserbbauberechtigten neben dem Dritten als Gesamtschuldnern."

Die Antragsteller verweisen auch darauf, daß gemäß Ziffer 3.7 der mitbeurkundeten Baubeschreibung die Hausgruppenhöfe und die Hausgärten als Kinderspielfläche ausgewiesen seien. Seit Jahren wehren sie sich erfolglos dagegen, daß der an ihre Sondernutzungsfläche angrenzende Garagenhof 4 - welcher auch noch durch eine zusätzliche Mauer gegen die Gartenfläche abgeschirmt ist - als Bolzplatz und Spielplatz genutzt wird.

Sie tragen vor, Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 14 und 22 Jahren spielten dort regelmäßig an Wochentagen vom Nachmittag bis zum Einbruch der Dunkelheit und an den Wochenenden zu allen erdenklichen Zeiten Fußball oder Tennis, würfen Diskus oder betrieben andere Sportarten. Beteiligt seien dabei in der Regel Kinder der Antragsgegner. Die Antragsteller fühlen sich durch den beim Spielen entwickelten Lärm, die ständig in ihren Garten fliegenden Bälle und schließlich durch das hierdurch bedingte ständige Übersteigen des Zaunes laufend in unerträglicher Weise belästigt.

Die Antragsteller beantragen, es den Antragsgegnern zu gebieten, es zu unterlassen, den Garagenhof 4 der Eigentumswohnanlage als Bolzplatz und Spielplatz zu nutzen sowie eine solche Nutzung durch ihre Kinder zuzulassen.

Die Antragsgegner wenden ein, es sei nicht richtig, daß der Garagenhof als Bolzplatz genutzt würde. Nach einem früheren Gerichtsverfahren seien die zum Ballspielen verwendeten Lederbälle durch Plastikbälle ersetzt worden, und zwar bereits im Februar 1985. Auf weitere Beschwerden hin hätten die Antragsgegner mit den Antragstellern vereinbart, daß die Kinder nur ...

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