Verfahrensgang

AG München (Urteil vom 24.01.1997; Aktenzeichen 451 C 1798/96)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Amtsgerichts München vom 24.01.1997 aufgehoben.

II. Die Klage wird abgewiesen.

III. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

Tatbestand

Gemäß § 543 Abs. 1 ZPO sieht das Berufungsgericht von der Darstellung des Tatbestands ab.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die Klägerin hat im Rechtsstreit nicht hinreichend dargetan, daß die verlangte Miete entsprechend der in den allgemeinen Vertragsbestimmungen enthaltenen Kostenmietklausel zur Deckung der laufenden Aufwendungen nowendig ist.

Hierzu im einzelnen:

1. Auch wenn davon auszugehen ist, daß die Klägerin bei einen Vertragsverhältnis über eine frei finanzierte Wohnung – wie hier gegeben – Mieterhöhungen nach den Vorschriften des Gesetzes zur Regelung der Miete (MHG) vornehmen kann, schließt dies nicht aus, daß entsprechende vertragliche Vereinbarungen gleichwohl ein solches Mieterhöhungsrecht im Sinne des § 1 Satz 3 MHG begrenzen können (Beschluß des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 17.3.1998, RE-Miet 1/98, WM 1998, 274 ff.).

Daß die dem Wohnraummietverhältnis zwischen den Parteien zugrundeliegenden „Kostenmietklausel” in Ziffer 2 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen eine solche Beschränkung des Mieterhöhungsrechts der Klägerin beinhaltet, entspricht – soweit ersichtlich – ganz herrschender Meinung (vgl. hierzu Schmidt-Futterer/Planck, Rn. C 39 c, Sternel Rn. III 536, Beuermann Miete und Mieterhöhung bei preisfreiem Wohnraum 2. Aufl. § 1 MHG Rn. 27 und Bub/Dreier/Schulz Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 2. Aufl. Rn. III 278). Dieser Auffassung ist – wie sich aus Ziffer II. 2 der Gründe des Beschlusses vom 17.03.1998 ergibt, auch das Bayerische Oberste Landgericht (WM 1998, 275 re. Sp.).

2. Die Wirksamkeit der in § 2 der allgemeinen Vertragsbestimmungen vereinbarten „Kostenmietklausel” wird durch den Wegfall der Wohnungsgemeinnützigkeit nicht berührt.

a) Auch wörtliche Wiederholungen zwingenden Rechts in einem Mietvertrag verlieren mit einer Gesetzesänderung ihre Wirksamkeit nicht (Kammergericht Beschluß vom 22.01.1998, WM 1998, 149 ff). Die vertraglichen Vereinbarungen, die mit vormals zwingen dem Gesetzesrecht übereinstimmen, werden nur dann unwirksam, wenn die einschlägige zwingende Norm durch eine andere zwingende Norm ersetzt wird. Das Gesetz zur Überführung der Wohnungsgemeinnützigkeit in den allgemeinen Wohnungsmarkt (Artikel 21 des Steuerreformgesetzes 1990 vom 25. Juli 1988, BGBl. I, S. 1093 ff (1136f.)) enthält keine solche zwingende Norm, die der Weitergeltung einer „Kostenmietklausel” entgegenstehen könnte. Die Kammer folgt insoweit der Auffassung des Kammergerichts über die Fortgeltung vertraglicher Vereinbarungen, die mit zwingendem Gesetzesrecht übereinstimmten.

Für eine Weitergeltung dieser vertraglichen „Kostenmietklausel” – nach dem Wegfall der Gemeinnützigkeit – spricht im übrigen auch, daß die streitgegenständlichen Vertragsbestimmungen im allgemeinen und in § 2 im besonderen nur den in der Satzung der Genossenschaft vorgegebenen Zweck konkretisieren, den Genossen mit Wohnraum zu seinen Belangen Rechnung tragenden günstigen Bedingungen zu Versorgen (§ 2 Nr. 1, § 13 Nr. 2 a, 15 Nr. 1 der Satzung). Auch die Satzung ist ihrer Rechtsnatur nach ein Vertrag (Wank/Weitmüller/Metz/Schaffland Genossenschaftsgesetz § 5 Anm. 2). Eine Änderung des Genossenschaftszwecks hinsichtlich der Grundsätze für die Bemessung der Nutzungsgebühr ist nur unter Beachtung der Voraussetzungen des § 16 Genossenschaftsgesetz möglich.

Aus alldem folgt, daß der Wegfall der Wohnungsgemeinnützigkeitsvorschriften die Gültigkeit der Kostenmietklausel nicht berührt.

b) Wegen des Wegfalls der Wohnungsgemeinnützigkeit zum 31.12.1989 ist auch nicht grundsätzlich die „Geschäftsgrundlage” für § 2 der allgemeinen Vertragsbestimmungen entfallen. Auch … wenn das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) und § 7 der Verordnung zur Durchführung der WGG (DVWGG) ihre Geltung verloren haben, bedeutet dies nicht, daß es der Klägerin nunmehr nicht möglich wäre; entsprechend der bisherigen Praxis zu verfahren und nach wie vor nach den Grundsätzen des WGG i.V.m. § 7 DVWGG die Kostenmiete zu ermitteln.

Do der Wegfall der Geschäftsgrundlage für eine Vertragsbestimmung nur bei schwerer Äquivalenzstörung angenommen werden kann, ist im Regelfall das Festhalten an einer vertraglichen Beschränkung auf die Kostenmiete für die Genossenschaft sogar dann nicht Schlechthin untragbar, wenn die nach dem Berechnungsrecht ermittelte Kostenmiete die Bewirtschaftlingskosten nicht voll abdeckt (Lang/Weitmüller/Metz/Schaffland Genossenschaftsgesetz, § 1 Rn 117 c und d m.w.N.). Hierbei darf auch nicht außer Acht gelassen werden, daß grundsätzlich den individuellen Rechten des Mitgliedes der Vorrang vor einem „kollektiven Gesamtförderungsinteresse” der Genossenschaft zu geben ist (Lang/Weitmüller/Metz/Schaffland, § 1 Rn 117 h).

Der Wegfall der...

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