Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Stellvertretung bei Mietvertragskündigung und Mieterhöhungsverlangen
Orientierungssatz
1. Bei Kündigungen des Mietvertrages oder bei Mieterhöhungsverlangen ist eine verdeckte Stellvertretung unzulässig (vergleiche LG Hamburg, 1977-08-12, 11 S 127/77, WuM 1977, 260; AG Hamburg, 1985-11-14, 37b C 607/85, WuM 1986, 139 und AG Stuttgart, 1972-12-12, 18 C 20933/72, ZMR 1973, 158).
2. Der Vermieter darf sein Recht zur Kündigung oder Mieterhöhung nicht an einen Dritten abtreten.
Gründe
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Das Begehren des Klägers auf Zustimmung zur Mieterhöhung ist aus formellen Gründen zurückzuweisen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte durch dreiseitigen Vertrag auf Mieterseite allein in das Mietverhältnis v. 29.6.1979 eingetreten ist; denn auf jeden Fall wurde das Mieterhöhungsverlangen v. 28.4.1986 von Herrn S. gestellt, welcher im Zeitpunkt des Zugangs nicht Vermieter der Beklagten war. Herr S. ist nämlich unstreitig erst am 9.6.1986 in das Grundbuch eingetragen worden (§ 571 BGB).
Dafür, daß Herr S. in Vertretung für den Kläger das Mieterhöhungsverlangen hätte abgeben wollen, sind keine Anhaltspunkte vorgetragen worden.
Soweit sich die Klagepartei auf verdeckte Stellvertretung beruft, hält die Kammer in ständiger Rechtsprechung eine solche bei mietvertraglichen Gestaltungserklärungen wie Kündigungen und Mieterhöhungsbegehren nicht für zulässig.
In der Literatur wird mehrfach vertreten, daß § 185 BGB auf die Kündigung schlechthin nicht anwendbar sei (Roquette Mietrecht § 571 Rz. 41; Sternel IV 7). Andererseits hat das LG Stuttgart entschieden, daß die Kündigungserklärung eines Nichtberechtigten mit vorheriger Einwilligung des Berechtigten wirksam sei (LG Stuttgart MDR 1970, 682, ebenso: AG Ratingen MDR 1971, 667; Palandt § 185 Anm. 1b aa; ebenso für das Recht auf Zustimmung zur Mieterhöhung: Reichert in der Anm. zu AG Hamburg WM 1986, 139).
Demgegenüber vertritt die Kammer in Übereinstimmung mit dem LG Hamburg (WM 1977, 260; ebenso AG Hamburg WM 1986, 139 und AG Stuttgart ZMR 1973, 158) die Auffassung, daß im Interesse des Mieterschutzes ausreichende Klarheit über die Person des jeweiligen Vermieters verlangt werden muß. Diese wäre aber im Falle der verdeckten Stellvertretung in Frage gestellt, denn der Mieter wäre in diesem Falle gezwungen, sich auf Mieterhöhungserklärungen von nicht (bzw. noch nicht) am Vertrag beteiligten Dritten einzulassen. Das Berufungsgericht entnimmt dem Rechtsgedanken des § 571 BGB die Auffassung, daß der Mieter bis zum Zeitpunkt der Grundbucheintragung nicht mit Zweifeln und Unsicherheiten über die Person seines Vertragspartners belastet werden soll.
Selbst wenn man in der Klageschrift v. 9.7.1986 ein wirksames Mieterhöhungsverlangen der Eheleute S. sehen würde, scheitert das Klagebegehren an dem am 30.9.86 vorgenommenen Parteiwechsel. Dadurch sind die damaligen Kläger aus dem Verfahren ausgeschieden. Der jetzige Kläger hat niemals ein eigenes Mieterhöhungsverlangen gestellt und ist nicht mehr Eigentümer der Wohnung.
Soweit sich die Kläger darauf berufen, daß sie gemäß Ziffer IV des notariellen Kaufvertrags v. 20.12.85 berechtigt und verpflichtet sind, eine Mieterhöhung gegenüber dem Mieter durchzuführen, geht dieser Einwand fehl; denn das Recht, ein Mieterhöhungsbegehren gemäß § 2 MHRG zu stellen, kann ebenso wie beispielsweise das Kündigungsrecht nicht abgetreten werden.
Zwar hat der BGH im Zusammenhang mit der Übertragung eines vertraglichen Rücktrittsrechtes aus einem Kaufvertrag die Auffassung vertreten, daß die Abtretbarkeit des gesetzlichen oder eines vertraglichen Rücktrittsrechts angesichts der Vertragsfreiheit nicht schon grundsätzlich verneint werden könne (BGH NJW 1973, 1793, 1794 m.w.N.). Die von der Kammer in Übereinstimmung mit der von der Literatur wohl überwiegend vertretenen Gegenmeinung stellt dagegen auf die Besonderheiten des Wohnraummietverhältnisses ab, in welchem Rechte und Pflichten der einzelnen Vertragsparteien eng miteinander verknüpft sind, so daß die Rechte des Vermieters auch nur zusammen mit dessen Pflichten auf den Erwerber übergehen können (Palandt § 413 Anm. 3b; Schmidt-Futterer/Blank B 52, C 81; Emmerich-Sonnenschein § 571 Rz. 57). Denn es ist mit der komplexen Natur eines Wohnraummietverhältnisses nicht vereinbar, wenn die Rechtsstellung auf Vermieterseite dergestalt aufgesplittert werden könnte, daß durch die Abtretung von Gestaltungsrechten sich der Mieter plötzlich mehreren Ansprechpartnern gegenübergestellt sieht, die alle das Recht hätten, im eigenen Namen aus eigenem Recht und aus eigenem Interesse heraus die von der Mietpartei zu erbringende Leistung inhaltlich zu gestalten. Es liegt vielmehr im Interesse der Rechtssicherheit und damit auch im Interesse des Mieterschutzes, daß allein die Vermieterpartei dem Mieter als einheitlicher Vertragspartner entgegentritt und nicht einzelne Gestaltungsrechte bereits durch Abtretung vom Willen Dritter abhängig gemacht werden.
Fundstellen