Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Kündigung einer Genossenschaftswohnung wegen unzureichender Nutzung
Orientierungssatz
Die Tatsache, daß der Mieter (Genosse) einer Genossenschaftswohnung diese nur gelegentlich nutzt, rechtfertigt eine Kündigung des Mietverhältnisses nach BGB § 564b auch dann nicht, wenn für andere Genossen Wohnraumbedarf besteht (vergleiche OLG Karlsruhe, 1983-12-23, 9 REMiet 4/83, NJW 1984, 2584).
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Amtsgerichts München vom 28. Oktober 1988 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
(Von der Fassung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Zur Vermeidung von Wiederholungen kann gem. § 543 Abs. 1 ZPO im wesentlichen auf das angefochtene Urteil Bezug genommen werden.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist noch folgendes auszuführen:
I.
Zu Recht wurde vom Amtsgericht festgestellt, daß das Mietverhältnis nur nach Maßgabe der Kündigungsschutzvorschrift des § 564 b BGB gekündigt werden konnte. Ziffer 11 der dem Mietverhältnis zu Grunde liegenden allgemeinen Vertragsbestimmungen verweist ausdrücklich in der Fußnote auf die Bestimmungen des Mieterschutzgesetzes. Da der Mietvertrag selbst im Jahre 1974 zustande gekommen ist, also zu einem Zeitpunkt, zu dem § 564 b BGB bereits Geltung besessen hat, kann mit diesem Hinweis nur gemeint sein, daß für eine Kündigung die Tatbestandsvoraussetzungen des § 564 b BGB gegeben sein müßten. Ziffer 11 enthält überdies das Erfordernis "wichtiger Gründe" für eine Kündigung und wiederholt insofern nur die entscheidende Voraussetzung für eine Kündigung nach § 564 b BGB.
Von der Klägerin wurden keine Gründe dargetan, die eine Kündigung nach § 564 b BGB rechtfertigen würden.
a) Zu § 564 b Abs. 2 Nr 1 BGB:
Ein Mietvertrag ergibt für den Mieter nur ein Recht zum Besitz, nicht jedoch eine Verpflichtung, die Wohnung tatsächlich zu nutzen. Der Nutzungsvertrag zwischen den Parteien enthält ebenfalls nur ein Nutzungsrecht und keine Nutzungspflicht.
2) Die Kündigung ist auch nicht auf Grund sog. "sonstiger Gründe" im Sinne des § 564 b BGB gerechtfertigt. Allein der Bedarf für andere Genossenschaftsmitglieder und eine nur sporadische Nutzung der Wohnung durch den Beklagten reichen hierfür nicht aus. Durch Rechtsentscheid des OLG Karlsruhe (WM 84, 43) ist entschieden, daß die Unterbelegung einer Genossenschaftswohnung mit einem Genossen selbst bei Bedarf für andere Genossen keine Kündigung rechtfertigt, weil hier das allgemeine Freimachungsinteresse gegenüber dem Gesichtspunkt der Vertragstreue zu dem bisherigen Mieter und dessen Interesse am Bestandsschutz zurücktreten muß. An diese Rechtsentscheid ist die Kammer gebunden. Er ist auch auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar, da auch eine nur gelegentliche Nutzung der Wohnung eine "Unterbelegung" ist. Der dem Rechtsentscheid zu Grunde liegende Sachverhalt enthielt im übrigen sogar einen besonders eklatanten Fall von Unterbelegung, nämlich der Bewohnung eines 123 qm großen Einfamilienhauses durch eine Einzelperson. Die Kammer sieht ... keine Veranlassung, von dem zitierten Rechtsentscheid abzuweichen und einen erneuten Rechtsentscheid zu erholen, da hier nur eine vergleichsweise geringfügige Unterbelegung vorliegt und auch keine Familienwohnung blockiert wird.
II.
Kostenentscheidung: § 97 ZPO.
Fundstellen