Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Frage, ob das WEG in seiner neuen Fassung anzuwenden ist, kommt es bei vorangeschaltetem Mahnverfahren auf den Zeitpunkt des Eingangs der Akten beim Streitgericht an.
2. Der in erster Instanz bevollmächtigte Verwalter ist im Aktivprozess auch zur Einlegung der Berufung ohne weiteren Eigentümerbeschluss bevollmächtigt.
Verfahrensgang
AG München (Urteil vom 11.02.2009; Aktenzeichen 481 C 36/08) |
Tenor
I. Das Urteil des Amtsgerichts München vom 11.2.2009 wird aufgehoben.
II. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu Händen der Verwalterin, der S. GmbH, 872,51 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %punkten über dem Basiszinssatz seit 14.10.2006 zu bezahlen.
III. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 872,51 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO ist eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit der Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen entbehrlich, da gegen das vorliegende Urteil unzweifelhaft kein Rechtsmittel zulässig ist (Thomas/Putzo, ZPO, § 540 Rn. 5 m. w. N.).
Die Revision wurde nicht zugelassen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 62 Abs 2 WEG n. F. ausgeschlossen, da es sich um eine Wohnungseigentumssache gemäß § 43 Nr.4 WEG handelt.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klage ist begründet. Der Anspruch aus der Jahresabrechnung 2004 besteht. Soweit die Klägerin in zweiter Instanz wieder den ursprünglichen Klagebetrag von 872,51 EUR geltend gemacht hat, ist diese Antragserweiterung zumindest sachdienlich.
1. Das Verfahren richtet sich gemäß § 62 Abs.1 WEG nach neuem Recht. Die Berufung ist daher auch richtiges Rechtsmittel. Zwar wurde das Mahnverfahren beim Mahngericht bereits am 1.12.2006 eingeleitet und der Mahnbescheid dem Beklagten am 3.1.2007 zugestellt, also vor Inkrafttreten des neuen WEG, doch kommt es für die Frage, welches Recht anwendbar ist, trotz der in §§ 696 Abs.3, 700 Abs.2 ZPO rückwirkend fingierten Rechtshängigkeit auf den Eingang beim Streitgericht an. Dieser erfolgte erst im Dezember 2007. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 10. Aufl., § 62 Rn.1 vertreten zwar die Auffassung, dass entscheidend der Eingang beim Mahngericht sei; dem widersprechen jedoch u.a. Niedenführ in NJW 2008, 1768 und Schmidt in ZMR 2008, 181. Auch das OLG Hamm hält den Eingang beim Streitgericht für maßgeblich (OLG Hamm, Beschluss vom 5.5.2009, Az. 15 Wx 22/09). Dem ist zu folgen. Maßgebend hierfür ist neben dem Wortlaut („bei Gericht anhängigen Verfahren in Wohnungseigentums(…)sachen”) insbesondere der Sinn der Überleitungsvorschrift. Sie soll Probleme und Erschwernisse verhindern, die zu besorgen wären, wenn man ein bereits anhängiges Verfahren geänderten verfahrensrechtlichen Regeln unterwirft (vgl. BTDrs. 16/887 vom 9.3.2006 S.43). Nach § 46 a WEG a.F. galt der Antrag auf Mahnbescheid mit dem Eingang der Akten bei dem Wohnungseigentumsgericht als Antrag im FGG-Verfahren und es endete das zivilprozessuale Mahnverfahren. Ab dem 1. 7. 2007 kann ein Antrag nicht mehr im FGG-Verfahren anhängig gemacht werden, so dass auch für die Fiktion kein Raum mehr ist. Das vorausgegangene Mahnverfahren ist ein ZPO-Verfahren, das als ZPO-Verfahren fortgeführt werden kann, wenn es beim Streitgericht nach Beginn des 1.7.2007 eingeht (Niedenführ aaO). Eine Kollision der Verfahrensordnungen ist daher nicht zu besorgen (OLG Hamm a.a.O. mwN).
2. Es fehlt nicht an der Vollmacht der Klägervertreter zur Berufungseinlegung. Die Verwalterin konnte die Klägervertreter wirksam bevollmächtigen, denn sie ist gemäß § 27 Abs.3 Nr.2 WEG zur Berufungseinlegung berechtigt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 27 Abs.2 Nr.3 WEG. Der Beklagte beruft sich darauf, dass es für die Einlegung eines Rechtsmittels in einem Aktivprozess ebenfalls eines Eigentümerbeschlusses bedürfe. Nach ständiger Rechtsprechung erfasst aber die Ermächtigung des Verwalters zur Prozessführung auch die Einlegung von Rechtsmitteln (Bärmann/Pick/Merle, WEG. 10. Aufl., § 27 Rn. 148; BayObLG ZMR 1979, 56). Die Eigentümer können zwar beschließen, dass ein Berufungsverfahren nicht durchgeführt wird, so dass eine bereits eingelegte Berufung zurückzunehmen ist. Auch ein solcher Beschluss führt aber nicht zum (rückwirkenden) Wegfall der Vollmacht. Ein solcher Beschluss liegt hier auch nicht vor. Zwar haben die Eigentümer in der Eigentümerversammlung vom 11.3.2009 über die Durchführung des Berufungsverfahrens beraten, hierüber jedoch keinen Beschluss gefasst. Ein Beschluss, dass ein Berufungsverfahren nicht durchzuführen ist, liegt daher nicht vor. Auch wenn einzelne Eigentümer dies so aufgefasst haben sollten, liegt in der Nichtbeschlussfassung doch keine Entscheidung über die Durchführung des Berufungsverfahrens, also auch keine, dass es nicht durchgeführt wird.
Unterschriften
Spielbauer V...