Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Ungültige Vollmacht in formelhaften Erwerbsverträgen zur unbefristeten und unwiderruflichen Änderung von Teilungserklärungen
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Klägerin wird verboten, die Urkunde des Notariats …, D vom 26.1.1988 (URNr. 185/88) beim Grundbuchamt im Namen der Beklagten zum Vollzug einzureichen.
III. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV. Das Urteil ist für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.500.– DM vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Mit notariellem Vertrag vom 5.6.1986 (Urkunde des Notariats … Nr.) verkaufte die Klägerin an die Beklagten zu gleichen Teilen zwei Eigentumswohnungen auf dem Grundstück M-Str. in M. Die Klägerin hatte den Komplex mit dem vorhandenen Gebäudestand gekauft, in Eigentumswohnungen aufgeteilt und verkauft. Sämtliche 79 Kaufverträge mit den Ersterwerbern enthalten in Abschnitt XIX folgenden Vorbehalt:
„1. Der Verkäufer behält sich das Recht vor, die Teilungserklärung samt Gemeinschaftsordnung durch Nachträge zu ändern, wenn dadurch das verkaufte Sondereigentum als solches nicht berührt und die Benützung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht wesentlich eingeschränkt wird.
Darüber hinaus behält der Verkäufer sich das Recht vor, Sondernutzungsrechte auszuweisen und dies durch Nachtrag zur Teilungserklärung zu erklären, z. B. für Stellplätze, Kellerabteile, Speicherabteile o.ä., sowie diese Sondernutzungsrechte auf eigene Rechnung wirtschaftlich zu verwerten.”
Außerdem enthalten die Verträge folgende Vollmacht:
„3. Der Käufer erteilt dem Verkäufer
Vollmacht
zu seiner Vertretung bei allen Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen, die im Umfang des in Nr. 1 bezeichneten Vorbehaltes erforderlich oder zweckmäßig sind, wozu gegenüber dem Grundbuchamt jeweils als Nachweis die Angabe des Bevollmächtigten genügt…”
Die Klägerin will Teile der nicht bebauten Grundstücksfläche zur Nutzung als oberirdische Kfz-Stellplätze verwenden und diese verkaufen. Unter Verwendung der Vollmacht wurde daher die Teilungserklärung durch notarielle Urkunde vom 26.1.1988 (Urkunde des Notariats … Nr.) geändert. Außerdem beantragte die Klägerin beim Amtsgericht München, Grundbuchamt, … die Änderung des Grundbuches. Hierzu verweigerten bislang die Kreditgeber der Beklagten, die Bausparkasse und die W Bank AG, die dinglichen Rechte an dem Miteigentumsanteilen der Beklagten innehaben, ihre Zustimmung.
Mit der Klage verlangt die Klägerin von den Beklagten die Beschaffung dieser Zustimmung.
Sie ist der Auffassung bei den fraglichen Vertragsbestimmungen handele es sich um Individualvereinbarungen, die bei Vertragsschluß im einzelnen besprochen worden seien. Die Beklagten seien im Detail auf die rechtlichen und tatsächlichen Konsequenzen hingewiesen worden und damit einverstanden gewesen. Der Erklärungsbedarf hinsichtlich des Beklagten zu 1) sei wesentlichen geringer als üblich, da dieser auf dem Immobiliensektor tätig ist. Die fraglichen Flächen würden bereits seit 1985 als Abstellplätze genutzt, was den Beklagten bei Ankauf der Wohnungen bekannt gewesen sei. Im übrigen werde die Nutzung der Wohnungen durch die Abstellplätze nicht wesentlich beeinträchtigt.
Die Klägerin beantragt:
Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, die Zustimmung der Bausparkasse Gemeinschaft der Freunde W Gemeinnützige GmbH Und W Bank AG, beide W Haus in L der Klägerin zu beschaffen und zur Vorlage beim Amtsgericht München zur Begründung von Sondernutzungsrechten (oberirdische Kfz-Stellplätze) auf Flurnummern der Gemarkung M vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts München von M Band Blatt (S-Str, H-Str und M-Str) nach Maßgabe der Urkunde des Notariats …, D, M-Str vom 26.1.1988 (URNr. ), Ziff. und laut dem Aufmaßplan, wie er diesem Klageantrag als Anteil beigefügt ist (Stellplätze rot schraffiert).
Die Beklagten beantragen:
Die Klage wird abgewiesen.
Sie sind der Auffassung, die fraglichen Vertragsbestimmungen seien wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam, da die Änderungsmöglichkeiten der Klägerin zeitlich unbeschränkt sind. Die Pflicht der Ersterwerber, ihre Rechtsnachfolger vertraglich zu binden, widerspreche dem Grundgedanken des WEG, daß nur die Eigentümer selbst ihre Angelegenheiten regeln sollten. Im übrigen verstoßen die streitgegenständlichen Vertragsbestimmungen nach Auffassung der Beklagten gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Die Schaffung der Stellplätze beeinträchtige den Verkehrswert der Wohnungen. Da die Stellplätze mit nur 1 m Abstand den Schlaf-, Wohn- und Kinderzimmern zugewandt seien, bestünden Belastungen durch Lärm und Abgase. Der Stellplatz Nr. behindere auch den Gehweg.
Im Wege der Widerklage beantragen die Beklagten:
Die Klägerin wird verurteilt, es zu unterlassen, die Urkunde des Notariats …, D vom 26.1.1988 – UrNr.beim Grundbuchamt im Namen der Beklagten zum Vollzug einzureichen.
Die Klägerin beantragt hierzu:
Die Widerklage wird abgewiesen.
Wegen des Sachvortrages der Parteien im einzelnen wird auf die gewechselten Schrifts...