Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummietverhältnis: Wirksamkeit eines Mieterhöhungsverlangens mit dem die Zustimmung zur Erhöhung des in der vereinbarten Bruttokaltmiete enthaltenen Nettomietzinsanteil begehrt wird
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Der Vermieter kann mit dem Mieterhöhungsverlangen gemäß MHG § 2 Abs 2 (juris: MietHöReglG) nur die Zustimmung zur Erhöhung des vereinbarten Mietzinses fordern. Ein Mieterhöhungsverlangen, mit dem die Zustimmung zur Erhöhung des in der vereinbarten Bruttokaltmiete enthaltenen Nettomietzinsanteils begehrt wird, ist unwirksam, weil dieser "Nettomietzins" eine aus der vertraglich vereinbarten Bruttokaltmiete abgeleitete, rechnerisch ermittelte Größe ist, die in der Vertragswirklichkeit des streitbefangenen Mietverhältnisses keine reale Entsprechung hat.
Gründe
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Zu Recht hat das AG München das Mieterhöhungsverlangen v. 25.5.1993 für unwirksam angesehen und deshalb die Klage als unzulässig abgewiesen, weil der Zugang dieses Mieterhöhungsverlangens die Zustimmungsfrist (= Überlegungsfrist) des § 2 Abs. 3 Satz 1 MHG nicht in Lauf gesetzt hat.
1. Das Mieterhöhungsverlangen v. 25.5.1993 ist unwirksam, weil es nicht die Zustimmung zur Erhöhung des vereinbarten Mietzinses fordert, sondern einer der vertraglichen Mietstruktur nicht entsprechenden Nettokaltmiete. Auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung, denen das Berufungsgericht folgt, kann deshalb gemäß § 543 Abs. 1 ZPO Bezug genommen werden.
2. Die Berufungsrügen sind unbegründet.
a) Wenn das Rechtsmittel meint, der Kläger verlange (mit dem Erhöhungsverlangen v. 25.5.1993) "von den Beklagten keine Zustimmung zur Änderung der Mietstruktur, sondern lediglich eine Zustimmung zur Erhöhung des in der (vereinbarten) Bruttokaltmiete enthaltenen Nettomietzinsanteils", so wird verkannt, daß es sich gerade bei diesem "Nettomietzinsanteil" um eine aus der vertraglich vereinbarten Bruttokaltmiete abgeleitete, von der Klagepartei mit Hilfe des Mietspiegels für München 1991 rechnerisch ermittelte ideale Größe handelt, die in der Vertragswirklichkeit des streitbefangenen Wohnraummietverhältnisses keine reale Entsprechung hat. Eine derartige nur gedacht existierende Teilgröße des vertraglich vereinbarten Bruttokaltmietzinses kann nicht Grundlage einer Zustimmungsklage nach § 2 Abs. 3 Satz 1 sein.
b) Das Erhöhungsverlangen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 MHG stellt nämlich einen formalisierenden Antrag (§ 145 BGB) auf Abschluß eines Änderungsvertrages gemäß § 305 BGB dar (BVerfGE 53, 352, 356 (= WM 1980, 123); BayObLG RES § 2 MHG Nr. 62 (= WM 1988, 117) m.w.N.). Eine Mietzinserhöhung, die der Vermieter im Verfahren gemäß § 2 MHG beansprucht, wird wirksam, wenn und soweit der Mieter dem Erhöhungsverlangen zustimmt oder seine Zustimmung durch Urteil ersetzt wird (§ 2 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 MHG; BayObLG RES § 2 MHG Nr. 64 (= WM 1989, 484)). Die Zustimmung des Mieters ist ihrem Wesen nach die Annahme (§ 151 BGB) jenes Antrags. Würde die Mieterzustimmung zu einem die vertragliche Mietstruktur ändernden Mieterhöhungsverlangen durch Urteil gemäß § 894 ZPO ersetzt, so würde dies einen über den Rahmen des § 2 MHG hinausgehenden ändernden Eingriff in die Struktur des Mietvertragsverhältnisses bedeuten. An die Stelle der vertraglich geschuldeten Bruttokaltmiete träte dann im vorliegenden Fall durch richterlichen Urteilsspruch eine Nettokaltmiete. Die aus diesem Mietzins ausgegliederten Nebenkosten bedürften einer zusätzlichen vertragsgestaltenden Regelung.
c) Nach § 2 MHG kann der Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen vom Mieter nur die Zustimmung zur Erhöhung des vereinbarten Mietzinses verlangen. Diese Bestimmung bietet dem Vermieter hingegen nicht das Recht, die Mietzinsvereinbarung als Bestandteil des Mietvertrages ihrem sonstigen Inhalt nach zu verändern (LG Berlin ZMR 1988, 61). Ein auf die Änderung der Mietstruktur gerichtetes Mieterhöhungsverlangen ist deshalb unwirksam (LG Wiesbaden WM 1991, 698; LG Köln WM 1992, 255).
Fundstellen