Nachgehend
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 170.000,– EUR aufgrund des Verkehrsvorfalles vom 07.05.2007 in … P. nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 100.000,– EUR seit dem 20.09.2007 bis 07.01.2008, aus einem Betrag in Höhe von 92.000,– EUR seit dem 08.01.2008 bis 26.02.2008, aus einem Betrag in Höhe von 70.000,– EUR seit dem 27.02.2008 bis zum 09.11.2009 und aus einem Betrag in Höhe von 140.000,– EUR seit dem 10.11.2009 zu bezahlen, wobei die vorgerichtlich auf die Schmerzensgeldansprüche bezahlten 30.000,– EUR sowie die vorgerichtlich auf die Zinsansprüche bezahlten 344,95 EUR in Abzug zu bringen sind.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.563,66 EUR zu zahlen.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle materiellen und immateriellen Schäden – letztere, soweit sie nach der letzten mündlichen Verhandlung entstehen – aus dem Verkehrsunfall vom 07.05.2007 in … P. nach dem Haftpflichtgesetz in vollem Umfang zu bezahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.
IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
V. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 14 %, die Beklagte 86 %.
VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Am 07.05.2007 ereignete sich gegen 6.52 Uhr auf dem … Bahnhof in … P. ein Bahnunfall, bei dem die Klägerin von einer in den Bahnsteig einlaufenden … Bahn überrollt wurde. Die Klägerin war möglicherweise aufgrund einer Kreislaufschwäche oder eines Ohnmachtsanfalles kurz vor Einlaufen der … Bahn in den Bahnkörper gefallen, wobei letztlich die genaue Ursache nicht abschließend aufgeklärt werden konnte. Zuständiger Betreiber des unfallbeteiligten Triebfahrzeugs ist die Beklagte, eine hundertprozentige Tochter der D. AG.
Die Klägerin hat sich bei dem Unfall folgende Verletzungen zugezogen:
- Eine traumatische Unterschenkelamputation beidseits mit proximalem Unterschenkelstumpf linksseitig gedeckt mit Spalthaut, distalem Unterschenkelstumpf rechtsseitig gedeckt mit freier Lappenplastik.
- Schädelhirntrauma mit Kontusionsblutungen rechts frontobasal, kleine Kontusionsblutung rechts parietal.
- Thoraxtrauma rechtsseitig mit Clavikulaschaftfraktur rechtsseitig, Lungenkontusionen rechtsseitig, Pneumothorax rechtsseitig.
- Oberarmschaftbruch links
- Prellung an der Stirn und seitlich des Kopfes mit Platzwunden.
Noch am Unfalltag musste der Klägerin in der Unfallklinik in M. der linke und der rechte Unterschenkel amputiert werden. Sie befand sich dann bis 20.05.2007 in intensiv-medizinischer Betreuung. Bezüglich der Einzelheiten der Behandlung wird auf die Klage vom 29.10.2009 verwiesen. Insgesamt befand sich die Klägerin bis zum 10.09.2007 in stationärer Behandlung.
Die Klägerin, die im Unfallzeitpunkt die 12. Klasse des Gymnasiums besuchte, hat dann zeitnah im Anschluss an die Entlassung aus der stationären Behandlung wieder die Schule besucht, nachdem mit Unterschenkelkunstbeinen, Silikonhaftschaft- und Fußsystemen unter Benutzung zweier Unterarmgehstöcken die Gehfähigkeit erreicht werden konnte. Die Klägerin musste dann zunächst die Klausuren für die 12. Klasse nachschreiben. Obwohl ihr das Lernen, insbesondere auch aufgrund der Kopfverletzungen, schwer fiel und nach wie vor sehr schwer fallt und sie nur über kurze Zeit hinweg die erforderliche Konzentration aufbringen kann, wollte sie die Schule im Rahmen des bestehenden Klassenverbundes abschließen. Trotz des erforderlichen erheblichen Lernmehraufwandes gelang es ihr jedoch nicht, die Abiturprüfungen im Sommer des Jahres 2008 zu bestehen. Die Klägerin wechselte dann zum Schuljahresbeginn 2009 die Schule und bestand die Abiturprüfung 2009 auch aufgrund überobligationsmäßiger Anstrengungen knapp. Die weitere berufliche Entwicklung ist noch nicht abzusehen. Die Klägerin hatte vor dem Unfall die Absicht, nach Abschluss der Schulausbildung ein Jurastudium aufzunehmen. Die weiteren Überlegungen im Hinblick auf eine zukünftige Berufsausbildung nach dem nunmehr bestandenen Abitur sind noch nicht abgeschlossen.
Die Klägerin litt und leidet insbesondere unter starken Phantomschmerzen. Aus diesem Grund muss sie bis zum heutigen Tage sehr starke Medikamente einnehmen. Um die Schmerzen einzudämmen, ist es erforderlich, direkt in die Stümpfe Procain einzuspritzen. Sie muss an jedem dritten Tag ein schmerzlinderndes Morphin-Plaster aufbringen. Neben der bestehenden körperlichen Behinderung ist es für die Klägerin...