Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummiete: Anforderungen an alternative Eigenbedarfskündigung
Leitsatz (amtlich)
Der Vermieter muß nicht schon im Kündigungsschreiben angeben, für welchen seiner beiden Söhne Eigenbedarf geltend gemacht wird, wenn die den Eigenbedarf begründenden Tatsachen für beide Söhne mitgeteilt werden.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Oranienburg vom 06.10.1999 - Az.: 21 C 101/98 - abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die in der ... in ... gelegene Wohnung, bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Diele, Bad, Terrasse, Veranda, 2 Kellerräumen, Gartenhaus und Gartenteil zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31.08.2000 gewährt.
Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, und hat auch in der Sache Erfolg.
Entgegen der vom Amtsgericht vertretenen Auffassung ist der Räumungsantrag der Klägerin hinsichtlich der von den Beklagten gemieteten Wohnung in der ... in ... gemäß § 556 BGB begründet, da das Mietverhältnis der Parteien beendet ist und die Beklagten nicht gemäß § 556 a BGB die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen können.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die fristlosen Kündigungen der Klägerin vom 28.01.1998 und 13.02.1999 berechtigt, d.h. die Fortsetzung des Mietverhältnisses wegen der Störung des Hausfriedens durch die Beklagten unzumutbar war, da zumindest die Kündigung wegen Eigenbedarfs vom 29.01.1999 gemäß § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB zu Recht erfolgt ist.
Die Klägerin hat in diesem Schreiben in zulässiger Art und Weise die Kündigung des Mietverhältnisses zum 31.01.2000 wegen Eigenbedarfs für ihre beiden erwachsenen Söhne und deren Lebensgefährtinnen erklärt. Die Ausführungen im Kündigungsschreiben entsprechen den Anforderungen, die von der Rechtsprechung an die Darlegung des Eigenbedarfs gestellt werden (vgl. BVerfG NJW 1998, 2662). Es ist insbesondere der Verwandtschaftsgrad, Alter und soziale Situation sowie die derzeitige Wohnsituation der beiden Söhne ausführlich dargestellt worden. Beide wohnen z.Zt. nicht in eigenen Wohnungen, sondern in einem Zimmer bei ihren Eltern bzw. zur Untermiete und wollen mit ihren Lebensgefährtinnen einen gemeinsamen Hausstand gründen, nachdem sie ihre Berufsausbildung beendet und eine Anstellung als Bauingenieur bzw. kaufmännischer Angestellter gefunden haben. Soweit die Klägerin über weiteren Grundbesitz bzw. im Haus ... über eine weitere - grundsätzlich geeignete - Wohnung verfügt, ist in der Kündigung ebenfalls nachvollziehbar ausgeführt worden, daß die anderen Mieter in der ... wegen ihres Alters und Gesundheitszustandes nicht gekündigt werden sollen und das im Miteigentum der Klägerin stehende Zweifamilienhaus in Bayern schon von der Entfernung her als Alternative ausscheidet. Soweit die Klägerin darüber hinaus im Rahmen einer Erbengemeinschaft Miteigentümerin eines Mehrfamilienhauses in der ... in ... ist, hat sie unwidersprochen vorgetragen, daß sämtliche darin befindlichen Wohnungen nach Größe und Zuschnitt nicht den Bedürfnissen (3 œ Zimmer) ihrer Söhne entsprechen, weil sie entweder zu klein oder zu groß sind und die Erbengemeinschaft darüber hinaus vereinbart hat, zur Vermeidung von Interessenkollisionen nicht an Angehörige ihrer Mitglieder zu vermieten. Im übrigen hat der Vermieter unter mehreren geeigneten Wohnungen nach der Rechtsprechung grundsätzlich die freie Auswahl (hM, vgl. Palandt-Putzo, 58. Auflage § 564 b Rn. 42 m. w. N). Anhaltspunkte dafür, daß der Klägerin darüber hinaus weitere geeignete und freie Wohnungen zur Verfügung stehen, haben die Beklagten nicht vorgetragen und sind auch aus den Akten nicht ersichtlich.
Damit liegt ein Bedürfnis im Sinne von § 564 Abs. 2 Nr. 2 BGB für einen Angehörigen vor, nämlich die ernsthafte, auf vernünftigen, nachvollziehbaren Gründen beruhende Absicht der Klägerin als Eigentümerin, die von den Beklagten genutzte Wohnung einem ihrer Söhne zur Verfügung zu stellen.
Die Kündigung ist auch nicht etwa deshalb unwirksam, weil die Klägerin sich darin nicht festgelegt hat, welchem ihrer beiden Söhne sie die Wohnung zur Verfügung stellen will. Zwar ist eine sogenannte "Vorratskündigung" unzulässig. Darunter ist jedoch eine Kündigung zu verstehen, die im Hinblick auf einen erst für einen späteren Zeitpunkt erwarteten - zum Zeitpunkt der Kündigung aber noch nicht bestehenden - Bedarf oder gleichzeitig für mehrere Wohnungen mit derselben Begründung ausgesprochen wird. Zwar haben sowohl das Amtsgericht Frankfurt/Main (WuM 1991, 39) als auch das Landgericht München I (WuM 1991, 490/491) entschieden, daß sich der Vermieter bei Ausspruch der Kündigung festlegen muß, für welche Person Eigenbedarf geltend gemacht wird und eine "alternative" Kündigung für mehrere P...