Verfahrensgang

AG Oldenburg (Oldenburg) (Entscheidung vom 24.07.2012; Aktenzeichen 66 M 284/12)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg vom 24.07.2012 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird auf bis 1.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Beteiligte zu 1.) - Ehefrau des Beschwerdeführers - war Eigentümerin des Wohnhauses ... Im Wege der Zwangsversteigerung wurde dem Beschwerdegegner durch Beschluss vom 31.08.2010 der Zuschlag erteilt. Gegen den Beschwerdeführer und den Beteiligten zu 2.) hat der Beschwerdegegner am 27.05.2011 Klage auf Räumung des Wohnhauses nebst Nebengebäuden erhoben. Antragsgemäß erfolgte die Verurteilung durch das Landgericht Oldenburg mit Urteil vom 14.02.2012 (Az. 8 O 1464/11). Die Einzelrichterin räumte den Beklagten des Verfahrens ferner eine Räumungsfrist bis zum 11.05.2012 ein. Die dagegen erhobene sofortige Beschwerde wies das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 02.04.2012 zurück. Ein Antrag auf Verlängerung der Räumungsfrist wurde mit Beschluss vom 05.06.2012 zurückgewiesen. Mit Schriftsatz vom 06.06.2012 haben der Beschwerdeführer und die Beteiligten zu 1.) und 2.) einen Vollstreckungsschutzantrag gestellt und diesen insbesondere begründet mit der fehlenden Möglichkeit der Anmietung von angemessenem Wohnraum. Der Beschwerdeführer könne sich nur mit einem Rollstuhl bewegen; eine rollstuhlgerechte Wohnung müsse über hinreichend breite Türen verfügen. Geeigneter Wohnraum müsse aus vier Räumen bestehen, weil neben dem 19-jährigen Beteiligten zu 2.) auch eine 15-jährige Tochter des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau in der Familie lebe. Die intensiven Bemühungen um eine Ersatzwohnung, deren Miete nicht über den vom Landkreis zugesagten Betrag von 750 EUR zzgl. Heizkosten liege, seien nicht erfolgreich gewesen. Das Sozialamt der Gemeinde ... habe drei Wohnungen vorgeschlagen, wovon eine bereits anderweitig vermietet wurde und die übrigen zwei nur über drei Zimmer verfügt hätten. Das Obdachlosenheim der Gemeinde ... verfüge nur über Einzelzimmer, sei nicht rollstuhlgeeignet und von Schimmelpilz befallen. Zwischenzeitlich hat der Gerichtsvollzieher einen Räumungstermin auf den 02.08.2012 festgesetzt.

Mit Beschluss vom 24.07.2012 hat das Amtsgericht den Vollstreckungsschutzantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Rechtspfleger u.a. ausgeführt, die Ausnahmevorschrift in § 765a ZPO sei eng auszulegen. Räumungsaufschub sei nur zu gewähren, wenn die Räumungsvollstreckung wegen ganz besonderer Umstände unter Abwägung der Interessen des Schuldners und des Gläubigers eine Härte darstellen würde, die mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren sei. Auch unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt bei der Suche nach einer für die Rollstuhlnutzung geeigneten Wohnung für vier Personen hätten die Interessen des Gläubigers an der Räumung nicht zurückzutreten. Zu Lasten der Schuldnerseite sei zu berücksichtigen, dass diese den von der Gemeinde angebotenen - situationsbedingt angemessenen- Ersatzwohnraum abgelehnt hätten. Es stelle keine sittenwidrige Härte dar, wenn in einer rollstuhlgerechten Ersatzwohnung nicht jedes Familienmitglied über ein eigenes Zimmer verfüge. Die Schuldnerseite habe auch die Suche nach Ersatzwohnraum über viele Monate berücksichtigen müssen. Eine langfristige Einschränkung seiner Eigentumsrechte könne vom Gläubiger nicht verlangt werden. Zudem sei es dem entscheidenden Rechtspfleger bei der Internetrecherche binnen weniger Minuten möglich gewesen, Rollstühle zu finden, die für einen Einsatz in enger geschnittenen Wohnungen geeignet seien. Der Zustand der von der Gemeinde unterhaltenen Notunterkunft sei nicht dem Gläubiger entgegenzuhalten. Es liege nicht in seiner Verantwortung, Tätigkeiten der staatlichen Daseinsführsorge zu übernehmen.

Gegen diese Entscheidung hat der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde erhoben und diese damit begründet, die von der Gemeinde angebotenen Wohnungen seien nicht rollstuhlgerecht ausgestattet gewesen. Er könne sich einen schmaleren Rollstuhl nicht leisten. Die Obdachlosenwohnung sei wegen Schimmelbildung nicht bewohnbar. Außerdem herrsche dort ein hoher Lautstärkepegel, wodurch ein ungestörtes Wohnen nicht möglich sei. Er sehe den Abschluss der Ausbildung seines Sohnes dadurch gefährdet.

Hinsichtlich des weiteren Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Akte und insbesondere die umfassende Zusammenfassung im angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Die Voraussetzungen, unter denen ein Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO gewährt werden kann, liegen im Fall des Schuldners nicht vor.

§ 765a Abs. 1 Satz 1 ZPO verlangt für die Abwendung von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung, dass diese unter voller Würdigung der Schutzbedürfnisse des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeuten, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Die Be...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge