Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungsmiete: Vorkaufsrecht des Mieters nach Verkauf der umgewandelten Eigentumswohnung
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Das Vorkaufsrecht des Wohnungsmieters greift beim ersten Verkauf der umgewandelten Eigentumswohnung nach Inkrafttreten des BGB § 570b unabhängig davon, ob die umgewandelte Eigentumswohnung vorher schon einmal verkauft wurde.
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 23. Januar 1997 verkündete Urteil des Amtsgerichts Wildeshausen geändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 6.785.-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15. Juli 1995 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreit werden der Beklagten auferlegt.
Tatbestand
Die Kläger kauften im Dezember 1993 von Frau ... deren Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus in D. Den Vertrag hat die beklagte Maklerin vermittelt. Die Kläger zahlten ihr hierfür eine Provision. Mit der Klage verlangen sie die Rückzahlung, weil der Kaufvertrag nicht durchgeführt worden ist, nachdem sich die Mieter der Wohnung, die dem Rechtsstreit als Streithelfer der Kläger beigetreten sind, auf ein Vorkaufsrecht nach § 570 b BGB berufen hatten. Zwischen den Parteien ist umstritten, ob das Vorkaufsrecht bestanden hat.
Eigentümerin des Hauses war ursprünglich die D Baugesellschaft. Mit ihr hatten die Streithelfer am 9. Februar 1989 den Mietvertrag abgeschlossen. Sie waren Anfang März 1989 in die Wohnung gezogen. Aufgrund einer Teilungserklärung vom 31. Januar 1989, die im Mai 1989 im Grundbuch eingetragen wurde, begründete die Baugesellschaft das Wohnungseigentum. Anschließend verkaufte und übereignete sie im Dezember 1989 die Wohnung an Frau ....
Die Kläger sind der Ansicht, die Streithelfer seien zum Vorkauf berechtigt gewesen, weil der von der Beklagten vermittelte Vertrag der erste Verkauf der umgewandelten Eigentumswohnung war, seit die Bestimmung des § 570 b BGB gilt. Die Beklagte ist der Auffassung, ein Vorkaufsrecht der Mieter entstehe nur beim ersten Verkauf nach der Umwandlung und sei daher hier bereits verbraucht gewesen.
Das Amtsgericht hat sich der Ansicht der Beklagten angeschlossen und die Klage abgewiesen. Die Kläger vertreten mit der Berufung ihren Standpunkt weiter.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist begründet. Die Beklagte muß die Provision zurückzahlen, weil sie um den Betrag ungerechtfertigt bereichert ist (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Ein Makler verdient nach § 652 Abs. 1 BGB eine Provision, wenn der Vertrag, den er nachweisen oder vermitteln soll, infolge seiner Bemühungen zustandegekommen ist. Die Kläger wollten die Eigentumswohnung kaufen. Der Kaufvertrag ist zwar mit der Eigentümerin durch Vermittlung der Beklagten zustandegekommen. Seine Erfüllung hing jedoch vom Willen der Eigentümerin ab, nachdem die Streithelfer ihr Vorkaufsrecht nach § 570 b BGB ausgeübt hatten. Dadurch war ein weiterer Kaufvertrag mit den Streithelfern zustandegekommen (§ 505 BGB). Die Kläger hatten also keinen sicheren Erfüllungsanspruch erreicht. Ihr Kaufvertrag entsprach daher nicht dem, was sie von der Tätigkeit der Beklagten erwarteten. Er war für sie wertlos. Für einen solchen Vertrag schuldeten sie keine Provision.
Die Streithelfer der Kläger hatten sich zu Recht auf ein Vorkaufsrecht berufen. Es steht nach § 570 b BGB Mietern von Wohnräumen zu, an denen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet worden ist oder begründet werden sollte, und die dann an einen Dritten verkauft werden. Diese Voraussetzungen haben hier vorgelegen.
Die Streithelfer hatten die Wohnung gemietet und übernommen, bevor sie in Wohnungseigentum umgewandelt worden war. Das ist erst mit der Anlage des Wohnungsgrundbuchs im Mai 1989 geschehen (§ 8 Abs. 2 Satz 2 WEG).
Vor der Übernahme der Mietwohnung war allerdings bereits die Teilungserklärung beurkundet. Die Wohnung sollte also umgewandelt werden. Ob schon eine derartige Absicht das Vorkaufsrecht ausschließen kann, ist umstritten. Das Amtsgericht Frankfurt (abgedruckt in NJW 1995, 1034 f) hat dies verneint und den Standpunkt vertreten, die zweite Alternative schränke die Rechte des Mieters nicht ein, sondern stelle nur klar, daß ein Vorkaufsrecht auch in Fällen entstehe, in denen die Mietwohnung als noch umzuwandelnde Eigentumswohnung verkauft werde (ebenso: Blank WM 1993, 573, 577 f; Köhler/Kossmann, Handbuch der Wohnraummiete, 4. Aufl., § 122 Rdnr. 12; Schilling/Meyer ZMR 1994, 497, 503 f).
Ob dem zu folgen ist, kann dahinstehen. Eine beabsichtigte Umwandlung könnte das Vorkaufsrecht allenfalls dann ausschließen, wenn die Absicht dem Mieter beim Abschluß des Mietvertrages bzw. vor der Überlassung der Wohnung bekannt war (so ausdrücklich: Langhein DNotZ 1993, 650, 657 und Rpfleger 1995, 351, 352 sowie Voelskow in Münchener Kommentar, 3. Aufl., § 570 b Rdnr. 3). Das ergibt sich aus dem Schutzzweck des § 570 b BGB. Der Mieter läuft bei der Umwandlung einer Miet- in eine Eigentumswohnung Gefahr, daß diese anschließend an Dritte zum eigenen Bedarf verkauft wird. ...