Verfahrensgang
AG Potsdam (Entscheidung vom 23.12.2010; Aktenzeichen 85 Ls 10/08) |
Tenor
Auf die Beschwerde vom 04. Januar 2011 wird der Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 23. Dezember 2010 aufgehoben und in Abänderung der am 21. Juli 2009 erfolgten Kostenfestsetzung ein weiterer Betrag in Höhe von 215,39 € zur Erstattung festgesetzt.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Am 28. November 2007 hat das Amtsgericht Potsdam einen Haftbefehl gegen M. P. H. erlassen (Az.: 77 Gs 971/07).
Zum Haftprüfungstermin am 07. Dezember 2007 erschien als Verteidiger Rechtsanwalt Dr. H. als Vertreter für Rechtsanwalt K.; eine Vollmacht für die Mandatierung, datierend auf den 03. Dezember 2007, wurde mit Fax von diesem Tag eingereicht.
Mit Beschluss vom 16. Juli 2008 wurde Rechtsanwalt K. zum Pflichtverteidiger nach § 140 Abs. 2 StPO bestellt.
In der Hauptverhandlung am 27. Januar 2009 verurteilte das Amtsgericht Potsdam Herrn H. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 58 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten sowie zur Tragung der Kosten.
Im Hinblick auf seine Beiordnung beantragte Rechtsanwalt K. am 27. Januar 2009 die Festsetzung seiner Vergütung auf 1.355,95 €. In diesem Betrag sind enthalten die Kosten, die für den Haftprüfungstermin am 07. Dezember 2007, der durch Rechtsanwalt Dr. H. wahrgenommen wurde, entstanden sind. Wegen der Einzelheiten wird auf den Antrag, Blatt 390 d.A. verwiesen.
Am 21. Juli 2007 setzte die Rechtspflegerin am Amtsgericht Potsdam die Vergütung auf 1.140,56 € fest. Abweichend vom Antrag wurden die Kosten für den Haftprüfungstermin in Höhe von 137,00 € (Gebühr 4103 VV), das anteilige Abwesenheitsgeld (95,00 € - 20,00 €), die anteiligen Reisekosten (137,40 € statt 161,40 €) sowie die zusätzliche Gebühr nach 7100 VV in Höhe von 24,00 € nicht angewiesen. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf Blatt 390 f., 439 ff. d.A. Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung legte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 03. August 2009 Erinnerung ein, die er damit begründet, dass Rechtsanwalt Dr. H. analog § 5 RVG den Termin wahrgenommen habe und insoweit auch diese Kosten auszugleichen wären. Im Weiteren wird auf die Erinnerungsbegründung, Blatt 442 f. d.A. Bezug genommen.
Der Bezirksrevisor am Amtsgericht Potsdam hat mit Schreiben vom 29. November 2010 Stellung genommen und ausgeführt, dass die Erinnerung zwar zulässig, jedoch unbegründet sei.
Mit Beschluss vom 23. Dezember 2010 hat die zuständige Richterin des Amtsgerichts Potsdam der Erinnerung nicht abgeholfen und dabei ausgeführt, dass der Vergütungsanspruch auf die Person des Beigeordneten beschränkt sei. Es wird insoweit auf Blatt 472 d.A. verwiesen.
Gegen diesen Beschluss hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 04. Januar 2011 Beschwerde eingelegt und in der Begründung auf die gängige Vorgehensweise der 1. großen Strafkammer sowie der Bezirksrevisoren am Landgericht hingewiesen (Blatt 473 d.A.).
Der Bezirksrevisor am Amtsgericht Potsdam hatte Gelegenheit zur Stellungnahme zur Beschwerde. In seinem Schreiben vom 14. April 2011 nimmt er im wesentlichen Bezug auf seine bisherigen Ausführungen.
II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
1. Gegen die nach § 55 RVG festgesetzte Vergütung des Pflichtverteidigers ist nach § 56 RVG die Erinnerung des Verteidigers zulässig; gegen den daraufhin ergangenen gerichtlichen Nichtabhilfebeschluss ist die sofortige Beschwerde binnen der Zwei-Wochenfrist (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG entsprechend) gegeben.
Die Frist ist eingehalten. Auch wenn keine förmliche Zustellung erfolgte, ist der Nichtabhilfebeschluss - wie sich dem Vermerk der Geschäftsstelle entnehmen lässt - am 27. Dezember 2010 an den Erinnerungsführer abgesandt worden, so dass er frühestens am 28. Dezember 2010 zugehen konnte. Da die Beschwerde hiergegen am 04. Januar 2011 bei Gericht eingegangen ist, ist sie fristgerecht, binnen der Zwei-Wochenfrist, eingelegt worden.
Der Beschwerdewert von über 200,00 € (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG entsprechend) ist erreicht (1.355,95 € - 1.140,56 €).
2. Nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 8 RVG entsprechend hat vorliegend der Einzelrichter zu entscheiden, nachdem die Nichtabhilfeentscheidung durch die Einzelrichterin erfolgte. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache wurde das Verfahren jedoch mit Beschluss vom 11. Mai 2011 auf die Kammer übertragen.
3. Auf die Beschwerde hin war die am 21. Juli 2009 festgesetzte Pflichtverteidigervergütung abzuändern. Dem Verteidiger steht ein Anspruch auf Festsetzung der Kosten für den Haftprüfungstermin am 07. Dezember 2007 zu.
a) Zwar war der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt noch nicht als Pflichtverteidiger bestellt und zeigte seine Bevollmächtigung auch erst zu einem späteren Zeitpunkt an. Dies steht allerdings dem Festsetzungsanspruch nicht entgegen, da nach § 48 Abs. 5 RVG die zu vergütenden Tätigkeiten des Verteidigers ausnahmsweise auch solche vor der förmlichen Bestellung umfassen, insbesondere wenn er zu diese...