Verfahrensgang
AG Königs Wusterhausen (Entscheidung vom 07.07.2011; Aktenzeichen 21 Ls 20/10) |
Staatsanwaltschaft Potsdam (Aktenzeichen 427 Js 16272/10) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 07. Juli 2011 aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass die am 07. November 2011 erfolgte Probenentnahme für die DNA-Analyse rechtswidrig war. Die entnommenen Proben sind zu vernichten.
Die Kosten des Verfahrens sowie die dem Verurteilten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Königs Wusterhausen verurteilte den Beschwerdeführer am 16. März 2011 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten. Die Vollstreckung dieser Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.
Aufgrund dieser Verurteilung beantragte die Staatsanwaltschaft Potsdam am 14. Oktober 2010 die Anordnung einer DNA-Identitätsfeststellung, da Grund zu der Annahme bestehe, der Verurteilte werde in der Zukunft erneut eine Straftat von erheblicher Bedeutung begehen. Da der Verurteilte sich nicht freiwillig zur Entnahme einer Speichelprobe bereit erklärte, ordnete das Amtsgericht Königs Wusterhausen durch Beschluss vom 07. Juli 2011, nach Anhörung des Verurteilten, die Entnahme zweier Speichelproben sowie für den Fall der Weigerung, die Entnahme einer Blutprobe an. Wegen der Begründung des Beschlusses im Einzelnen wird auf Blatt 33 f. DNA-Sonderheft verwiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die mit anwaltlichen Schreiben vom 13. Oktober 2011 eingelegte sofortige Beschwerde des Verurteilten, mit der zugleich die Aussetzung der Vollziehung der Entscheidung beantragt wurde (Blatt 36 DNA-Sonderheft). Begründet wurde die Beschwerde mit Schreiben vom 04. November 2011 dahingehend, dass es sich nicht um ein Verfahren mit besonderer Bedeutung handele.
Am 07. November 2011 wurde dem Beschwerdeführer in der Polizeidirektion Süd (Dezernat Ermittlungsunterstützung) eine Probe für die DNA-Analyse entnommen (Blatt 47 DNA-Sonderheft), eine Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung erfolgte nicht.
Die Beschwerde wurde über die Staatsanwaltschaft Potsdam dem Landgericht Potsdam zur Entscheidung zugeleitet, wo die Akten am 05. Dezember 2011 eingingen.
II.
1.
Gegen den die Entnahme einer DNA-Probe anordnenden Beschluss des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 07. Juli 2011 ist grundsätzlich die Beschwerde nach § 304 Abs. 1 StPO statthaft, weshalb das mit Schreiben vom 13. Oktober 2011 eingelegte Rechtsmittel nach § 300 StPO als solche ausgelegt wird.
Die Beschwerde ist zulässig, auch wenn am 07. November 2011 - trotz Beschwerdeeinlegung und Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 307 Abs. 2 StPO - dem Verurteilten eine Probe für die DNA-Analyse entnommen wurde. Insofern hat sich durch den Vollzug zwar die Anordnung erledigt. Allerdings sieht die Kammer nach wie vor ein Interesse des Beschwerdeführers an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme, da die Entnahme der Probe dem Zweck der Datenspeicherung dient (vgl. Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, 54. Auflage, vor § 296 Rn. 18 f.).
2.
Die Anordnung der Entnahme der Proben für eine DNA-Analyse war rechtswidrig. Die Voraussetzungen nach § 81g StPO liegen nicht vor. Dabei kann es vorliegend dahingestellt bleiben, ob eine Verurteilung wegen unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringen Mengen nach §§ 1, 3, 29, 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG eine Straftat von erheblicher Bedeutung im Sinne von § 81g Abs. 1 StPO ist, was in der Rechtssprechung kontrovers diskutiert wird. Denn nach dieser Vorschrift muss wegen der Art oder Ausführung der Tat, der Persönlichkeit des Täters oder sonstiger Erkenntnisse Grund zu der Annahme bestehen, dass auch künftig Strafverfahren gegen den Verurteilten wegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung zu führen sein werden.
Insbesondere diese Einschätzung vermag die Kammer aus folgenden Gründen nicht zu teilen:
Mit Urteil vom 16. März 2011 hat das Amtsgericht eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verhängt und diese nach § 56 Abs. 2 StGB, also aufgrund besonderer Umstände, die in der Tat bzw. der Persönlichkeit des Verurteilten liegen, zur Bewährung ausgesetzt. Dabei hat das Amtsgericht nicht lediglich auf das Geständnis des Verurteilten abgestellt, sondern auch die Vorstrafen sowie den Zeitpunkt der zurückliegenden Taten gewürdigt. Insgesamt hat es festgestellt, dass der letzten Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz durch das Landgericht Cottbus am 21. Juni 2004 eine Tat vom September 1999, als 12 Jahre vorher, zugrunde lag. Dies hat das Amtsgericht dahingehend gewürdigt, dass der Verurteilte willens und in der Lage ist, entsprechende Schlussfolgerungen aus seinem Verhalten zu ziehen und danach zu handeln.
Vor dem Hintergrund dieser positiven Prognose vermag die Kammer nicht ohne weiteres nachzuvollziehen, mit welcher Begründung das Amtsgericht nunmehr zu de...