Verfahrensgang

AG Tuttlingen (Urteil vom 12.01.2010; Aktenzeichen 1 C 697/09)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Tuttlingen vom 12.01.2010 – 1 C 697/09 – abgeändert:

  1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 1.500 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz der EZB seit 04.11.2009 zu bezahlen.
  2. Die Beklagten werden weiter gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger einen weiteren Betrag in Höhe von 15,75 EUR zu bezahlen.
  3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger 50 % des weiteren zukünftigen materiellen Schadens aus dem Verkehrsunfallereignis vom 05.09.200 zu bezahlen.
  4. Die Beklagten werden weiter gesamtschuldnerisch verurteilt, vorgerichtliche Kosten in Höhe von 316,18 EUR zu bezahlen.
  5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten der Berufung tragen der Kläger 57 %, die Beklagten 43 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

6.

Berufungsstreitwert:

3.490,00 EUR

Streitwert erster Instanz:

4.000,00 EUR

 

Tatbestand

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Berufung ist zum Teil begründet.

a) Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 1.500,00 EUR zu.

Das Berufungsgericht geht mit dem Amtsgericht davon aus, dass der Beklagte Ziff. 1 für den vorliegenden Verkehrsunfall allein aus Betriebsgefahr haftet.

Der Kläger hat den Nachweis, dass der Beklagte Ziff. 1 den Unfall schuldhaft verursacht hat, nicht erbracht. Der Beklagte Ziff. 1 befuhr eine 3 m breite Fahrbahn. Er musste bei seiner Fahrweise berücksichtigen, dass er bereits durch das Befahren dieser Fahrbahn die Gegenfahrbahn zum Teil in Anspruch nahm. Aus § 2 StVO folgt, dass ein Fahrzeugführer bei Begegnungsverkehr nicht mehr als die Hälfte der Fahrbahn in Anspruch nehmen kann (Landgericht Itzehoe 7 O 252/04, zitiert nach Juris). Bei der Begegnung mit einem Radfahrer muss er berücksichtigen, dass dieser ca. 1 m Fahrbahnbreite und einen Sicherheitsabstand von 1 m benötigt (OLG Hamm NZV 1997, 479).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann es nun nicht als nachgewiesen angesehen werden, dass für den Kläger eine zu geringe Durchfahrbreite bestanden hat und der Beklagte Ziff. 1 deshalb mit seinem Fahrzeug hätte anhalten müssen.

Der Sachverständige Kögel konnte weder zur konkreten Geschwindigkeit der Fahrzeuge noch dazu Angaben machen, mit welchem Seitenabstand der Beklagte Ziff. 1 zur rechten Fahrbahnseite gefahren ist. Nach seinen Feststellungen ist es möglich, dass der Beklagte Ziff. 1 seinen Angaben entsprechend die befestigte Fahrbahn verlassen und für den Kläger deswegen eine freie Durchfahrt von 1,5 m bestanden hat. Damit kann es weder als nachgewiesen angesehen werden, dass der Beklagte Ziff. 1 nicht äußerst rechts gefahren ist, es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Beklagte Ziff. 1 aufgrund des entgegenkommenden Fahrzeugs hätte anhalten müssen.

Es bleibt deshalb nur die Haftung aus Betriebsgefahr.

Den Kläger trifft ein Mitverschulden an diesem Unfall. Mit dem Sachverständigen K. ist davon auszugehen, dass die Durchfahrtbreite für den Kläger vom Abstand des PKWs nach rechts abhängig war Diese konnte auch so gering gewesen sein, dass ein Ausweichen nach rechts mehr oder weniger unabdingbar gewesen wäre, um berührungsfrei am Pkw vorbeizukommen. Der Umfang der Durchfahrbreite war allerdings für den Kläger, wie sich aus den vom Sachverständigen ermittelten Sichtverhältnissen ergibt, von weitem erkennbar. Für den Kläger hätte deshalb, wie der Sachverständige zu Recht festgestellt hat, die Möglichkeit bestanden, durch eine reduzierte Geschwindigkeit auf das entgegenkommende Fahrzeug zu reagieren. Es wäre dann, wie der Sachverständige ausgeführt hat, nicht zu diesem Sturz gekommen.

Zu einer solchen vorausschauenden Reaktion war der Kläger auch aus seinem eigenen Interesse heraus verpflichtet. Es stellt deswegen eine Pflichtverletzung dar, wenn ein Kläger auf ein aus seiner Sicht die Fahrbahn überwiegend einnehmendes Fahrzeug nicht durch Geschwindigkeitsminderung reagiert.

Unter Berücksichtigung des Verschuldens des Klägers einerseits und der Betriebsgefahr eines mit ca, 25 km/h fahrenden PKWs hält das Berufungsgericht eine Mithaftung von 50 % für angemessen.

Dem Kläger steht angesichts der erlittenen Verletzungen ein Schmerzensgeld von 2.000 EUR zu. Der Kläger hat bei dem Unfall eine subcapitale Humerusfraktur links erlitten und großflächige Schürfungen und Ablederungen im Bereich der linken Schläfe und Stirn, linker Unterarm, rechter Handrücken und linker Unterschenkel davongetragen. Er war deswegen 5 Tage stationär im Klinikum Landkreis T. und ist dort auch operiert worden. Er musste übe...

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