Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdacht der falschen Verdächtigung
Verfahrensgang
AG Saarlouis (Beschluss vom 07.08.2006; Aktenzeichen 16 Gs 571/06) |
Tatbestand
I.
Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die Durchsuchung der Amtsräume des Finanzamtes Saarlouis sowie die Beschlagnahme der Steuerakte betreffend den Anzeiger angeordnet. Dieser hatte unter dem 10.09.2004 Strafanzeige gegen unbekannt wegen falscher Verdächtigung erstattet, nachdem ihm seitens des Finanzamtes Saarlouis mitgeteilt worden war, dass gegen ihn eine an die Steuerfahndungsstelle Saarbrücken adressierte schriftliche Anzeige vorliege und deshalb eine Steuerprüfung durchzuführen sei. Dabei seien ihm ersichtlich nicht zutreffende, in einem früheren Disziplinarverfahren gegen den Anzeiger – einen Polizeibeamten in Diensten des Landes Rheinland-Pfalz – ebenfalls thematisierte und nach Angaben des Anzeigers dort widerlegte Vorwürfe in Bezug auf bestimmte Immobiliengeschäfte gemacht worden. Der Anzeiger vermutete deshalb einen Zusammenhang mit dem – erfolglos – gegen ihn betriebenen Disziplinarverfahren.
Zu einer förmlichen Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Anzeiger ist es – soweit ersichtlich – jedenfalls bisher nicht gekommen.
Der Anzeiger hat das Finanzamt vom Steuergeheimnis befreit, allerdings “abschließend beschränkt auf das Beschuldigungsschreiben von einer unbekannten Person im Jahre 2004 (…) und die diesbezügliche Einstellungsverfügung des Ermittlungsverfahrens” gegen den Anzeiger (Bl. 36 d.A.).
Einem im Laufe des Ermittlungsverfahrens seitens der Staatsanwaltschaft an den Beschwerdeführer mit dem Ziel der Benennung des Anzeigenerstatters im Steuerverfahren gerichteten Auskunftsersuchen gem. § 161 StPO kam der Beschwerdeführer unter Berufung auf das Steuergeheimnis, welches auch die Auskunftsperson schütze, nicht nach. Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin den angefochtenen Beschluss.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht die auf § 103 StPO gestützte Durchsuchungsanordnung erlassen.
1. Dem Beschwerdeführer ist zwar darin beizupflichten, dass die Begründung des Durchsuchungsbeschlusses vergleichsweise knapp geraten ist. Ob sie den Anforderungen, die von Verfassungs wegen an Durchsuchungsanordnungen regelmäßig zu stellen sind (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 105 Rdnr. 5 mit zahlreichen Nachweisen) noch genügt und ob sich der Beschwerdeführer, der in seiner Eigenschaft als Teil der Steuerexekutive nicht Grundrechtsträger ist, hierauf berufen kann, kann jedoch dahinstehen, da die Kammer ungeachtet eventueller Begründungsmängel der amtsgerichtlichen Entscheidung jedenfalls eine Entscheidung in der Sache selbst zu treffen hat, solange – wie vorliegend – die Durchsicht der Papiere gem. § 110 StPO noch nicht beendet ist und damit die Durchsuchung noch andauert (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., vor § 296 Rdnr. 18a; § 309 II StPO).
2. Die Voraussetzungen des § 103 StPO lagen zum Zeitpunkt der amtsgerichtlichen Entscheidung ersichtlich vor: Es bestand – und besteht noch – der Verdacht der falschen Verdächtigung gem. § 164 StGB gegen den unbekannten Informanten aufgrund der unter I. dargestellten Abläufe. Auch ging das Amtsgericht zutreffend davon aus, dass sich das zur Aufklärung der Tat erforderliche Beweismittel, nämlich der im Tenor genannte Inhalt der Steuerakte des Anzeigers, in den Räumen des Finanzamtes befand. Dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hat das Amtsgericht durch Einräumung einer Abwendungsbefugnis durch freiwillige Herausgabe der Akte Rechnung getragen.
3. Der Beschwerdeführer begründet sein Rechtsmittel im Wesentlichen mit der in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung vorherrschenden Ansicht, das Steuergeheimnis im Sinne des § 30 I, II AO schütze nicht nur die “Verhältnisse” des Steuerpflichtigen oder sonstiger Personen, die steuerrechtlichen Auskunfts- und Mitteilungspflichten unterliegen, sondern auch diejenigen, die ohne Bestehen einer solchen Verpflichtung von sich aus Mitteilungen über mutmaßliche steuerliche Versäumnisse anderer gegenüber der Finanzverwaltung machen (sog. “Denunzianten”; vgl. Pahlke/Koenig, AO, § 30 Rdnr. 221). Begründet wird diese Auffassung im Wesentlichen damit, das Steuergeheimnis diene unter anderem auch der Sicherung einer gleichmäßigen Besteuerung. Um diese Zielsetzung zu erreichen, seien die Finanzbehörden häufig auf Hinweise von Privatpersonen über steuerlich relevante Sachverhalte anderer Personen angewiesen. “Falls die Informationspersonen Gefahr liefen, dass ihre Namen, die Tatsache der Information durch sie und der Inhalt ihrer Mitteilung grundsätzlich weitergegeben würden, ließe die Bereitschaft zur Informationserteilung höchstwahrscheinlich erheblich nach.” (BFHE 174, 197, Rdnr. 20, zit. n. juris).
Dieser Argumentation kann die Kammer sich nicht anschließen. Sie findet auch in der gesetzgeberischen Begründung für die Einführung der Vorschriften über das...